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Semolakruste

Schon ist es wieder Mitte Mai. In den letzten Wochen gab es hier familiär einen Feten-Marathon. Einen 50., einen 18. und einen 20. Geburtstag gab es auszurichten. Nur unterbrochen vom zweiten Backkurswochenende mit der Brotfee in Lippetal Ende April. Ich habe also viel gebacken, mich aber auf erprobte und beliebte Rezepte, vor allem unser beliebtes Fladenbrot, ein Hit auf jeder Party, beschränkt und nur selten zwischendurch mal die Kreativmaschine wieder angeworfen.

Zum 20. unserer Großen war ich die Tage noch Einkaufen und da sprang mir im örtlichen Supermarkt des Nachbarortes ein Mehl ins Auge, das ich vorher dort noch nie gesehen hatte. Ein Hartweizenmehl aus deutschem Anbau, gemahlen von der Frießinger Mühle, deren Pizzamehl es ja schon viele Jahre bei der Metro zu kaufen gibt. Ich vermute mal, dass die lokale Verfügbarkeit solcher Mehle auch ein wenig dem Hobbybäckerboom geschuldet ist, der den Bedarf für spezielle Mehle erhöht hat. Gedacht ist es für Pizza und Pasta – aber ich machte natürlich ein Brot daraus.

Ganz gemäß italienischer Tradition habe ich aus meinem flüssigen Weizenanstellgut erst einen festen Weizensauer hergestellt, diesen dann hinreichend durchreifen lassen und schließlich den Brotteig ausschließlich davon fermentieren lassen. Das dauert etwas länger, belohnt aber mit aussergewöhnlich leckeren Brotaromen. Wer sich nicht traut, kann dem Teig etwas Hefe zur Sicherheit zugeben. Aber nach meiner Erfahrung ist das eigentlich unnötig.

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Semolakruste

Ein Hartweizenbrot mit reiner Sauerteigreifung
Reifezeit Hauptteig3 Stunden 30 Minuten
Produkt: Brot
Triebmittel: Weizensauerteig
Keyword: Hartweizenmehl
Portionen: 2 Brot-/e

Zutaten

Sauerteig

  • 75 g Wasser (45 °C)
  • 10 g Sauerteig-Anstellgut
  • 160 g Hartweizenmehl

Autolyseteig

  • 580 g Wasser (45 °C)
  • 840 g Hartweizenmehl

Hauptteig

  • 1420 g Autolyseteig
  • 245 g reifer Sauerteig
  • 24 g Salz
  • 30 g Wasser kalt später zufügen
  • 20 g Olivenöl später zufügen

Anleitungen

  • Wasser und Anstellgut gut verrühren, dann das Mehl zugeben und von Hand etwa 2 Minuten zu einer Kugel kneten. 12 bis 16 Stunden reifen lassen.
  • Für den Autolyseteig Wasser und Mehl in der Knetmaschine 1-2 Minuten vermischen und dann 30 Minuten ruhen lassen.
  • Sauerteig und Salz zum Autolyseteig geben und den Teig bei langsamer Knetgeschwindingkeit etwa 8 bis 12 Minuten auskneten. Dann zusätzlich 20-30 g Wasser einkneten. Wenn der Teig wieder glatt ist 20 g Olivenöl einkneten.
  • Den Teig in eine eingeölte Teigschüssel legen und bei möglichst 25 bis 26 °C insgesamt 3 bis 4 Stunden reifen lassen. Nach 60 Minuten einmal dehnen und falten.
  • Den Teig auf der bemehlten Arbeitsfläche in 2 Teiglinge von etwa 850 g teilen und rund vorformen. 20 bis 30 Minuten ruhen lassen.
  • Die Teiglinge straff länglich aufarbeiten und mit dem Schluss oben in das bemehlte Gärkörbchen legen.
  • Entweder 90 Minuten bei Raumtemperatur, oder 12 bis 16 Stunden im Kühlschrank bei 5 bis 6 °C reifen lassen.
  • Ofen auf 250 °C Ober-/Unterhitze vorheizen.
  • Die Teiglinge auf den Einschießer kippen und einschneiden. In den Ofen befördern und kräftig schwaden.
  • Backtemperatur auf 210 °C herunterregeln und die Brote 50 bis 55 Minuten dunkel ausbacken. Nach dem Backen mit Wasser besprühen.

Grill-Brot

Auch der schönste Urlaub endet irgendwann. Der Tradition folgend gibt es nach dem Urlaub hier als erstes ein „Heimkehrer-Brot“. Gemacht aus dem seit 2 Wochen hungernden und sehnsüchtig auf mich und die nächste Fütterung wartenden Lievito Madre, sowie den Mehlen, die gerade greifbar waren.

In diesem Fall waren das ein 1 kg Sack Dinkelvollkornmehl aus dem Hause Kornfalt, das ich zum Test zugeschickt bekommen hatte sowie noch ein bald zu verbrauchender Sack kleberstarkes Tipo 0 violett von Bongu.de. Kombiniert mit viel Schüttwasser, optimaler Kleberentwicklung und sehr langer Stockgare entstand ein ausgesprochen locker-leichtes, mildes und saftiges Brot mit krachender Kruste.

Es wurden bei der Teigmenge vier voluminöse Brotlaibe, die ich in zwei Durchgängen gebacken habe.

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Krachend knuspriges Grillbrot

Die ersten zwei Laibe reiften bei Raumtemperatur. Die zweite Ladung wanderte gleich nach dem Formen für 2 1/2 Stunden in den Kühlschrank. Nach dem Backen der ersten Ladung und dem Wiederaufheizen des Ofens konnte sie dann auch abgebacken werden. Das zeigt schön, daß man sich auch mit nur einem Ofen vor großen Teigmengen nicht scheuen muß.

Grill-Brot heißt es, weil wir eines davon sofort warm angeschnitten und zum Sonntags-Barbecue genossen haben. Unser Gast war begeistert…

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Locker luftige und saftige Krume – ein „Träumchen“

Achtung, der Teig fordert etwas Erfahrung im Umgang mit hohen Teigausbeuten! Wer es nachbacken will, sollte möglichst ein gutes Dinkelvollkornmehl und das kleberstarke Tipo 0 nehmen. Ansonsten sollte die Wassermenge im Rezept deutlich reduziert werden, ggf. langsam herantasten während der abschließenden Wasserzugabe.

Mengen für 1 Brot aus dem 1 kg Gärkörbchen

250 g Dinkelvollkornmehl
250 g Weizenmehl Tipo 0 violett
350 g Wasser (35°C)
120 g Lievito Madre aus dem Kühlschrank

Die Zutaten für 2 Minuten verkneten, bis keine Mehlnester mehr zu sehen sind. 45 Minuten ruhen lassen.

2 g Frischhefe
11 g Salz
11 g Butter

Zum Teig geben und diesen für 7-9 Minuten langsam bei Stufe 0-1 kneten.

75 g Wasser (35°C)

Schluck für Schluck bei Stufe 1-2 in den Teig noch hineinkneten. Der Teig sollte sich danach sehr gut von der Schüssel lösen und eine völlig glatte Oberfläche haben.

Den Teig in einer Teigwanne für 4-5 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen. Zwei mal während dieser Zeit dehnen und falten. Er sollte sich mindestens verdreifacht haben, bevor er geformt wird.

Auf die bemehlte Arbeitsfläche kippen und möglichst keine Luft aus dem Teig herausdrücken. Den Teig an zwei Rändern fassen und zur Mitte übereinanderklappen, etwas zusammenzwicken. Dies noch einmal wiederholen an den anderen Rändern, so daß sich eine Art Täschchen bildet. Den Teig auf den Schluß drehen und noch etwas rund schieben. Dann mit Schluß unten in das bemehlte Körbchen legen.

45-55 Minuten reifen lassen. Den Ofen gut auf 250 °C vorheizen. Auf den Einschießer kippen (Schluß oben) und sofort in den heißen Ofen geben. Gut schwaden und die Temperatur auf 215 °C abfallen lassen. Für 50-60 Minuten abbacken.

Ruchbrot

Nun hat es mich doch erwischt. Trotz einer der heftigsten Influenza-Wellen, die ich in meiner Hausarzt-Karriere je erlebt habe, prallten seit Monaten alle Rüsselseuchen und anderes Erregerzeugs an mir ab. Brav bin ich wöchentlich saunieren gegangen, habe jeden Tag eine große Obstportion vertilgt, Vitamin D genommen, unentwegt bei der Arbeit die Hände gewaschen und desinfiziert und gehofft, daß das reicht.

Seit der Nacht zu Samstag war es mit der guten Hoffnung vorbei. Diese Zeilen tippe ich in eine Wolldecke gehüllt, leicht fiebrig und mit einem bösen Husten… Schimpfe werde ich morgen bekommen, wenn meine Liebste dies hier sieht. Hatte sie mich doch ins Bett geschickt.

Gebacken habe ich trotzdem, denn der Froster war, was Brot angeht, leergegessen. Vergangene Woche kam überraschend ein Paket von der Firma Kornfalt hier an. Es enthielt Ruchmehl, Dinkelvollkornmehl, Kürbiskerne und Brotgewürz zum Testen, nebst einem netten handschriftlichen Schreiben der beiden Inhaber, die sich dem Versand von hochwertigen Naturprodukten verschrieben haben. Ich kann die Internetseite von Kornfalt leider nicht verlinken, da ich beim Aufrufen eine Fehlermeldung „502 Bad Gateway“ bekomme.

Ruch3Das Ruchmehl interessierte mich natürlich als erstes. Es steht kein Hersteller auf der Packung, so daß unklar ist, wer es mahlt. Ruchmehl wird in Deutschland meist anders hergestellt als in der Schweiz – was sowohl geschmackliche Folgen, als auch Folgen für die Wasserbindungsfähigkeit hat. Das Kornfalt-Ruchmehl ist recht dunkel und enthält deutlich sichtbar gröbere Kleie.

Mein Lieblings-Ruchmehl von Bon’gu ist hingegen „feiner“ und ein wenig heller. Ich habe einen Test-Teig gemacht und mich beim Kneten schrittweise die TA-Leiter hochgearbeitet. Bei fast 180 war Schluß, viel mehr hätte ich mit dem Spiralhaken nicht einkneten können. Der Teig hatte nach dem Kneten eine tolle Struktur und einen feinen Duft. Insgesamt entsteht der Trieb hier bloß aus einem Poolish mit 0,5 g Hefe und einem Stück Lievito Madre aus dem Kühli. Dafür ist der Teig bombastisch aufgegangen.

Das Ergebnis stellt sehr zufrieden. Das Kornfalt-Ruchmehl bindet ordentlich Wasser und baut ein gute Teigstruktur auf. Geschmacklich ist das Brot schön süßlich, kaum herb, wie man es oft bei deutschen Ruchmehlen beobachtet. An das Bon’gu Ruchmehl kommt es nicht ganz heran, aber es ist gut. Wäre spannend zu wissen, welche Mühle dieses Mehl herstellt…

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Wenn ihr anderes Ruchmehl nehmt, dann tastet Euch ebenso wie ich an die Teigausbeute heran. Der Teig sollte sich beim Einkneten immer wieder rasch von der Schüssel lösen. Tut er das nicht mehr, dann stoppt die Wasserzugabe.

Menge für 2 Brote (in Klammern für 1 Brot)

Poolish
200 (100) g Ruchmehl
200 (100) g Wasser (handwarm)
0,5 (0,3) g Frischhefe
Gut verrühren und 12 Stunden bei Raumtemperatur abgedeckt reifen lassen.

Hauptteig
400 (200) g Poolish
450 (225) g Wasser (22-23 °C)
800 (400) g Ruchmehl
150 (75) g Lievito Madre direkt aus dem Kühlschrank
22 (11) g Salz

150 (75) g Wasser (kalt) später zufügen
20 (10) g Olivenöl zum Schluß einkneten

Alle Zutaten in den Kneter geben. Erst drei Minuten langsam auf Stufe 0-1, dann 6 Minuten schnell auf Stufe 1-2 kneten.

Das restliche Wasser schluckweise einkneten. Wenn alles im Teig gebunden ist, das Olivenöl einkneten. Teigtemperatur danach optimalerweise zwischen 26-28°C. Den Teig für 3 Stunden abgedeckt in einer Teigwanne zur Gare stellen. Nach einer Stunde einmal dehnen und falten. Er sollte sich verdreifacht haben.

Auf die bemehlte Arbeitsfläche kippen und in zwei Teile teilen. Beide Teiglinge vorsichtig aber straff lang wirken. Für 60 Minuten im Gärkörbchen zur Stückgare stellen.

Den Ofen gut auf 250 °C Ober-/Unterhitze vorheizen. Auf den Einschießer kippen, einschneiden und sofort auf den heißen Backstein einschießen. Gut Schwaden. Abfallend auf 215 °C das Brot schön dunkel ausbacken. Nach dem Backen mit Wasser besprühen.

Café au lait – Semmeln

Gestern haben wir uns erstmals nach Winterberg aufgemacht, um dort Ski zu fahren. Winterberg ist der wohl schneesicherste Ort in Nordrhein-Westfalen und liegt zum einen 700 Meter höher als Haltern und ist fast genau 170 km entfernt. Da die meisten davon Autobahnkilometer sind, ist ein Tagesausflug noch mit machbarem Zeitaufwand verbunden.

Als also die Kinder den Hang heruntersausten und mich die neu gekauften Ski-Schuhe trotz langer Anprobephase im Skiladen regelrecht folterten,  während die kalte Kahler-Asten-Eisluft durch die Glieder fuhr… da dachte ich an einen heißen Milchkaffee. Und daran, daß ich schon lange mal mit Kaffee als Schüttflüssigkeit in Teigen arbeiten wollte.

Maestro Josep Pasqual hat ein Rezept mit Kaffee als Schüttflüssigkeit vor zwei Jahren beim Kurs in den Niederlanden vorgestellt. Entgegen meiner unbedarften Vorstellung, daß so ein Brot ja nach „kaltem Kaffee“ schmecken muß, war es ganz lecker.

Das gibt mir auch Gelegenheit, die seit etwa einem Jahr existierende Mini-Kaffeerösterei Cuhlmann in meiner Heimatstadt zu erwähnen. Dort gibt es ausgezeichneten Kaffee zu kaufen. Ausnahmslos tolle Qualität und sehr frisch. In diesem Rezept ist die Sorte „Morgenstern“ verbacken, eine Mischung mittelamerikanischer Kaffee-Bohnen (Guatemala und Honduras). Ich liebe es, wenn guter Kaffee auch eine schokoladige Geschmacksnote aufweist – hier perfekt gelungen.

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Also habe ich gestern abend ein schnelles Brötchenrezept mit kalter Übernacht-Stückgare zusammengestellt, das heute morgen noch vor der Abfahrt zum zweiten Ski-Tag gebacken werden konnte. Die Fotos musste ich dann noch ohne Tageslicht machen. Hundertprozentig zufrieden bin ich selbst damit noch nicht – mir ist der Sauerteiggeschmack ein wenig zu prägnant und die Krume hätte noch etwas mehr gelockert sein können.

Andere sehen das anders: die Familie war begeistert. Ein feines Milchkaffeearoma schwingt beim Essen mit, das in keiner Weise an kalten Kaffee erinnert. Also veröffentlichen.

Ich werde die aber nochmal backen. Mit einem kleinen Poolish und etwas mehr Flüssigkeit. Dafür weniger Sauerteig. Das unten stehende Rezept ist schon etwas angepasst – es enthält bereits mehr Milch als bei mir, damit die Krume etwas saftiger wird. Keine Sorge, der Teig verträgt es.

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Rezept für 24 Brötchen (in Klammern für 12 Brötchen)

Hauptteig:
170 (65 85) g Espresso / Kaffee frisch gepresst oder gebrüht (heiß)
540 (270) g Milch (kühlschrankkalt)
100 (50) g Roggenvollkornmehl
900 (450) g Weizenmehl 550
300 (150) g Lievito Madre oder fester Weizensauerteig TA 150 aus dem Kühlschrank
10 (5) g Frischhefe
20 (10) g Salz
10 (5) g Zucker
20 (10) g Butter

Alle Zutaten in den Kneter geben und 2 Minuten langsam verkneten. Der Teig ist recht fest. 7-8 Minuten bei nächsthöherer Geschwindigkeit kneten, bis ein fester elastischer glatter Teig entstanden ist. Wenn der Teig zu fest ist, noch 20-30 g mehr Milch einkneten

In eine Teigwanne geben und 90 Minuten reifen lassen.

Die Arbeitsfläche bemehlen und den Teig darauf auskippen. Rückseite auch bemehlen.

Den Teig in 24 (12) Stücke von etwa 90 g teilen. Dabei darauf achten, daß die Stücke möglichst quadratisch oder rechteckig werden.

Rund formen oder rund schleifen. Mit dem Brötchendrücker ein Muster eindrücken (dabei Schluß unten). Eine Kaffeebohne als Dekoration eindrücken (auch andere Dekorationen sind möglich) und mit dem Schluß oben in ein auf einem Blech liegenden Bäckerleinen geben. Dieses in eine große Kunststofftüte ziehen und im Kühlschrank bei 5°C für 12 Stunden reifen lassen. Wer keinen Platz im Kühlschrank hat, kann die Teiglinge nun auch für 60 Minuten aufgehen lassen und sie dann direkt backen.

Am Backtag den Ofen gut auf 240 °C vorheizen. Die Brötchen direkt aus dem Kühlschrank auf den Einschießer oder das Blech legen, Schluß unten. Bei konstant 240 °C mit viel Dampf für 18-20 Minuten abbacken.

Ligurisches Nussbrot

Wie es scheint, hat das 65er Brot nicht nur mir selbst gut gefallen. Sein Ruf drang irgendwie auch zu Manfred Schellin vor, der inzwischen sicher als einer der deutschen Experten in der reinen Sauerteigbäckerei gelten darf. Vor allem, wenn es um das Backen mit milden Weizensauerteigen italienischer Art geht.

Eines der neueren Produkte, die er auf seiner Seite Bon’gu.de anbietet, ist die Trockensicherung eines italienischen Lievito Madre, genannt „EVA“. Ein aus Ligurien stammender Lievitista hat diesen LM für die Meraner Mühle gezüchtet. Als in interessierten Kreisen der Hype um EVA im Spätsommer und Herbst 2017 auf dem Höhepunkt war, war ich noch sehr mit meinem eigenen LM und mit einem anderen Brotback-Projekt beschäftigt. Zudem ist meine Freizeit im Moment etwas begrenzt.

Nun wurde es Zeit, EVA mal zu testen. Hierzu hat mir Schelli, angeregt durch das 65er, eine kleine Probe inklusive eines neuen italienischen Tipo 0 Mehles zukommen lassen, wofür ich herzlich danke. Das Tipo 0 orange ist ein helles Weizenmehl mit „normalem“ Klebergehalt, in etwa vergleichbar mit einem hochwertigen deutschen 550er Mehl. Und es ist der Grundstoff, aus dem EVA seine Nahrung zieht.

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Ligurisches Nussbrot. Gelockert wie ein Hefebrot, mildaromatisch und mit Suchtfaktor

Ursprünglich wollte ich heute einen Vergleich veröffentlichen zwischen EVA und meinem eigenen Lievito Madre, den ich seit zweieinhalb Jahren hege und pflege. Leider hat es sich herausgestellt, daß die Rezeptparameter nicht angeglichen werden können. Mit EVA lässt sich ein Teig spielend bis 50 % versäuern – mit meinem eigenen LM geht das nicht. Ich kann nur vermuten, daß das an einer sehr geringen enzymatischen Tätigkeit des EVA-LM liegt.

Es wird bei dem Teig mit meinem LM ein essbares Brot herauskommen, jedoch kein vergleichbares Ergebnis. Mal sehen, was ein zweiter Ansatz bringen wird, den ich geringer versäuert habe. Er reift gerade noch und wird sicher noch etwas brauchen. Wenn es klappt, reiche ich das Vergleichsrezept noch in diesen Artikel nach.

Das Rezept selbst selbst soll vom ligurischen Lievista stammen und zu einem ehrlichen und wohlschmeckenden ligurischen Hausbrot führen. Ich habe lediglich etwas mehr Wasser zum Lievito Madre gegeben, weil er mir im Originial Rezept viel zu fest war. Und ich habe mir erlaubt, dem ligurischen Brot gemahlene Piemonteser Haselnüsse zuzufügen. Das werden mir die Ligurier sicher verzeihen, liegt doch das Piemont gleich in der Nachbarschaft.

Das Ergebnis ist … schon eine Klasse für sich. EVA treibt verlässlich. Hier verschwimmen die Grenzen zwischen der Sauerteigbäckerei und der Bäckerei mit Hefe. Der Teig geht hervorragend auf, braucht nur unwesentlich länger als mit Frischhefe und ist so schön mild, daß es begeistert. Meinen Geschmack trifft dieses Brot fast auf den Punkt. Lediglich ein klein wenig mehr Würze / Säure, dann wäre es perfekt. Vermutlich müsste bloß der LM-Ansatz noch 2-3 Stunden länger reifen.

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Lohnt es sich nun, regelmäßig EVA-Trockensicherung zu kaufen? Die Frage würde ich mit ja beantworten, wenn der Fokus auf sicher reproduzierbaren Ergebnissen und dem mildest-möglichen Geschmack liegt und man nicht jeden, oder jeden zweiten Tag, seinen LM pflegen will / kann. Wenn bei der LM-Bäckerei Flexibilität möglich ist, Individualität im Geschmack kein Problem, dann können die Kosten für EVA auch gespart werden.

Ich werde wohl in Zukunft beide Wege gehen. EVA wird sicher immer im Haus sein, vor allem, um weiter damit zu experimentieren. Meinen eigenen LM gebe ich dafür aber nicht auf.

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Menge für ein großes Brot für das 2 kg Gärkörbchen oder zwei Brote für das 1 kg Körbchen

Lievito Madre
50 g EVA-Trockenstarter
275 g Wasser (20°C)
Im Kneter schaumig schlagen, dann
500 g Weizenmehl Tipo 0 orange
zufügen und zu einer festen Kugel kneten. 12-16 Stunden bei 25°C reifen lassen.

Hauptteig
825 g Lievito Madre
420 g Wasser (30°C)
500 g Weizenmehl Tip 0 orange
22 g Salz
110 g frisch gemahlene Piemonteser Haselnüsse

Alle Zutaten im Kneter für 2 Minuten sauber verkneten. Auf schnelle Knetstufe stellen und den Teig fast ganz auskneten (er löst sich fast von der Schüssel). Dann die gehackten Haselnüsse auf Stufe 1 langsam unterkneten.

Sobald der Teig fertig ausgeknetet ist überprüft bitte die Teigtemperatur. Optimal sind 27°-28°C. Ist der Teig kälter, müßt ihr ihn an einem wärmeren Ort reifen lassen, ist er wärmer, muß er an einem kühleren Ort reifen.


Die Reifezeit beträgt durchschnittlich 2 Stunden bei 25-28 °C , während der Reifeizeit sollte ein mal gedehnt und gefaltet werden. Wenn der Teig sich mindestens verzweifacht hat und sehr schön von Gärblasen durchzogen ist, kann er weiter verarbeitet werden.
Hierzu wird er auf die gut bemehlte Arbeitsfläche gekippt. Rückseite des Teigs auch gut bemehlen.
Den Teigling an einer Seite fassen und den Falz zur Mitte führen, leicht andrücken. An der Gegenseite fassen und ebenfalls den Falz zur Mitte führen. Rundherum fortfahren bis ein rundlicher Teigling entstanden ist. Dabei so vorgehen, daß möglichst wenig entgast wird.
Der Schluß darf ruhig rustikal grob sichtbar sein und muß nicht zugedrückt werden. Auf den Schluß wenden und mit der Teigkarte in Form schieben. Alternativ mit nicht zu viel Druck rund wirken. Mit dem Schluß unten (oder oben, wenn eingeschnitten werden soll) für 60 bis 75 Minuten im bemehlten Körbchen reifen lassen.
Derweil den Ofen mit Stein oder Backstahl richtig gut vorheizen auf 250°C.
Den Teigling auf den Einschießer kippen (Schluß oben) und den Schluß etwas aufreißen lassen. Alternativ einschneiden. Dann sofort mit viel Dampf einschießen und auf Ober/Unterhitze abfallend auf 215°C für 55 Minuten abbacken. Nicht zu kräftig ausbacken.

Dunkle Weizenkruste

Zufällig sah ich bei meiner letzten Bestellung, daß die Drax Mühle nun auch Bio-Weizenmehl 1050 herstellt – bislang gab es im Bio-Bereich beim Weizen dort nur die Ausmahlgrade 550 und 812. Da ich bevorzugt mit Bio-Produkten arbeite war das natürlich sehr zu meiner Freude.

Gestern habe ich für das 65er, das momentan bereits reift, meinen Lievito Madre aufgefrischt. Dabei fielen 450 g alter Lievito Madre an, die ich spontan dafür verwendet habe, das neue Mehl zu testen.

Das entstandene Rezept ist wieder schön einfach. Alter LM, Mehl, Wasser, Hefe und etwas Malz schaffen hier ein mildes und schön lockeres Weizenkastenbrot für alle Tage. Wie immer der Disclaimer: das Malz ist nicht obligat, es kann durch Honig, Zucker oder Melasse ersetzt, oder gleich ganz weggelassen werden.

Es fällt sofort auf, daß das Bio 1050er Mehl etwas dunkler ist als das konventionelle 1050er Mehl. Trotzdem bildet es einen hervorragenden Teig aus der, wie man auf den Fotos sieht, mir beim Backen fast aus der Form gesprungen ist. Tolle Qualität.

 

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Hauptteig (Menge für ein Brot aus der 1 kg Kastenform)

534 g Weizenmehl 1050
374 g Wasser
150 g Lievito Madre (aus dem Kühlschrank)
13 g Salz
6 g Frischhefe
(13 g inaktives Malz)

Alle Zutaten in den Kneter geben und 3 Minuten langsam und 6-7 Minuten schnell zu einem glatten Teig kneten.
Diesen Teig 90 Minuten ruhen lassen, ggf. ein mal dehnen und falten.
Auf die Arbeitsfläche geben und zunächst rund wirken. Kurz entspannen lassen. Dann straff lang wirken und mit dem Schluß unten in die gefettete Form legen. Der Teig ist auch geeignet für freigeschobenes Backen, kann also auch im Gärkörbchen gehen wenn Ihr möchtet.
70-80 Minuten aufgehen lassen, dabei den Ofen gut vorheizen auf 240°C. Einschneiden und in den Ofen einschießen, sofort schwaden. Die Temperatur auf 210°C abfallen lassen und 50-60 Minuten ausbacken.

Gelbweizenkruste

Gelbweizen ist eine alte Weizensorte, deren Mehlkörper eine gelbliche Farbe aufweist. Grund ist ein höherer Gehalt an Carotinoiden als in normalem Weizen. Im Prinzip läßt sich Gelbweizen verarbeiten wie normaler Weizen – meiner Erfahrung nach ist der Kleber jedoch etwas dehnbarer und weniger steif.

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Bei diesem Rezept habe ich eine hohen Anteil selbst gemahlenen Gelbweizenvollkornmehls mit Lievito Madre und einem Poolish gemischt, den Trieb des Teiges nur aus den Vorteigen entstehen lassen und den Teiglingen dann noch eine lange kalte Stückgare gegönnt. Heraus kommt ein saftiges Fast-Vollkornbrot (der Auszugsmehlanteil liegt bei 14 % wegen des Lievito Madre) mit krachender Kruste und leckerer Krume, das alle Regeln einer gesunden Verarbeitung von Vollkornmehlen gerecht wird und daher sehr bekömmlich ist.

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Mengen für 3 Brote aus dem 1 kg Gärkörbchen (in Klammern für 1 Brot)

Poolish:
200 (66) g Gelbweizen-Vollkornmehl, frisch gemahlen und grob ausgesiebt
200 (66) g Wasser
2 (1) g Frischhefe
Die Zutaten, die etwa Raumtemperatur haben sollten, gut vermischen und 12 Stunden reifen lassen.

Hauptteig:
1000 (333) g Gelbweizen-Vollkornmehl, frisch gemahlen und grob ausgesiebt
270 (90) g Lievito Madre (TA 150) aus dem Kühlschrank
640 (214) g Wasser (35°C)
24 (8) g Salz

Alle Zutaten im Kneter 2 Minuten mischen und dann 30 Minuten quellen lassen. Weiterkneten, bis der Teig eine gute Teigentwicklung zeigt und sich von der Schüssel löst.

144 (48) g Wasser (Raumtemp.)
24 (8) g Olivenöl

Schluckweise bei Knetstufe 2 das Wasser einkneten. Wenn dieses komplett aufgenommen ist, das Olivenöl ebenfalls einkneten. Der Teig sollte glatt sein und sich von der Schüssel lösen.

In einer Teigwanne bei Raumtemperatur, besser 23-24 °C, für ca. 4 Stunden reifen lassen. Der Teig muß sich verdoppelt bis verdreifacht haben.

Auf die bemehlte Arbeitsfläche geben. Allenfalls leicht entgasen. In drei gleich große Teile teilen und diese durch einfalten der Zipfel zur Mitte grob rund formen. Wenn die Teigoberfläche dabei zu sehr einreißt auf den Schluß wenden und die „Schiebemethode“ mit der Teigkarte verwenden.

Die Teiglinge mit dem Schluß unten in das bemehlte Gärkörbchen legen. Ca. 20-30 Minuten bei Raumtemperatur anspringen lassen, dann für 12-18 Stunden in den 5°C kalten Kühlschrank stellen, gut abdecken.

Am Backtag den Ofen gründlich auf 250°C vorheizen. Die Brote auf den Einschießer kippen (Schluß oben) und sofort mit viel Dampf einschießen. Temperatur auf 215°C abfallen lassen (Ober-/Unterhitze)und 50-60 Minuten kräftig ausbacken.

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Krustenlaib / Neue Ernte

Kaum etwas ist in der Bäckerei- und Müllereibranche in jedem Jahr so interessant, wie die neue Ernte und ihre Backeigenschaften. Selbst heute noch, wo es nahezu problemlos möglich ist, beispielsweise Inlands- und Auslandsweizen besserer Qualität dem lokal geernteten Weizen zuzufügen, sollte es ein schlechtes Erntejahr geben.

Ein solches schlechtes Erntejahr hat es im Norden und Westen Deutschlands in 2017 gegeben. Die starken Temperaturschwankungen im Frühjahr, die häufig nur zwei bis drei Tage anhaltende Trockenheit während der Erntezeit, unterbrochen von heftigen Regengüssen, hat dazu geführt, daß nicht nur die Qualität der heranreifenden Getreide gelitten hat, sondern sich auch die Ernte bis weit in den August hinein gezogen hat. Das bringt weitere Probleme mit sich, weil im Getreide der Gehalt an Enzymen immer mehr zunimmt, je länger es reif auf dem Feld steht.

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Der Brotdoc beim Baker Event (Bild: Roland Mills United)

Vor etwas mehr als zwei Wochen hat die Roland Mühle / Mills United in Recklinghausen Bilanz gezogen zur Ernte 2017 im Rahmen einer großen Veranstaltung, zu der auch ich eingeladen wurde, um aus Hobbybäcker- und Medizinersicht in einer Diskussionsrunde zum Thema Weizenunverträglichkeit Stellung zu nehmen. Gemeinsam mit bekannten Persönlichkeiten wie Professor Reinhold Carle von der Universität Hohenheim, unter dessen Ägide 2016 die viel beachtete Studie zum Einfluß der Teigreife auf die Verträglichkeit entstand, Werner Hürlimann von der Fachschule Richemont in der Schweiz, Bäcker Josef Hinkel aus Düsseldorf und Dr. Lutz Popper von der „Mühlenchemie“ hatte ich eine Stunde Zeit, den anwesenden Bäckern und Backstubenleitern von den geschmacklichen und gesundheitlichen Vorteilen langer Teigreifezeiten zu berichten.

Danach ging es eine weitere Stunde um die Mehlqualität der neuen Ernte 2017 und den Konsequenzen für die Bäcker. Fazit: Man hat es trotz der Bedingungen irgendwie hinbekommen, gut backfähige Mehle zu produzieren, ggf. soll etwas weniger Schüttwasser verwendet werden und die Knetzeiten leicht verlängert.

Daß es auch innerhalb Deutschlands große Unterschiede in der Ernte gibt zeigt Monika Drax. Sie ist auch in diesem Jahr mit der Ernte voll zufrieden und sagt, daß es in ihrer Gegend gute Wetterbedingungen für die Reife des Getreides gab. Ein guter Grund für mich, auch weiterhin den Hauptteil meiner Mehle aus ihrer Provinz zu bestellen.

Nun zum Rezept.

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Krustenlaib nach Übernachtgare – ein bildschönes Brot

Ein reines Sauerteigbrot das mir zeigt, daß ich meinen Lievito Madre inzwischen für so etwas fit genug gepflegt habe. Ein Experimentalbrot das mir dazu diente, die Erfarung mit dem guten Stand von sehr wasserreichen Teigen aus 405er Mehl bei langen Garen auch auf die Sauerteigbäckerei auszudehnen. Bei dieser leidet der Stand normalerweise zusätzlich darunter, daß Sauerteig nicht nur an der Stärke, sondern auch genüßlich an den Glutensträngen knabbert und sie schwächt.

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Krume des Übernachtbrotes

Außerdem wollte ich mal sehen welche Unterschiede es macht, Teiglinge aus dem selben Teig nach warmer und nach langer kalter Stückgare zu backen. Daher habe ich genug Teig für drei Brote gemacht und zwei davon warm reifen lassen, das dritte hat eine 14 Stunden lange kalte Stückgare im Kühlschrank erhalten.

Die Ergebnisse: ich fühle mich bestätigt. Trotz einer für dieses Mehl hohen Teigausbeute von 169 haben die Teiglinge einen tollen Stand, lassen sich auch nach über vierstündiger Stockgare rein mit Sauerteig großartig formen und verlieren diesen Stand auch im Gärkörbchen nicht. Der Brotquerschnitt zeigt es, hier hätte gut und gerne noch etwas mehr Wasser in den Teig gepasst. Könnt ihr ja mal probieren. Mit dem Krumenbild bin ich mehr als zufrieden.

Der Teigling aus dem Kühlschrank hat für mich optisch und geschmacklich ein etwas besseres Ergebnis erzielt, als die warm geführten Teiglinge. Die Unterschiede sind aber nicht so groß, daß ich von der warmen Gare abraten würde. Die kalte Gare bietet praktische Vorteile: der Zeitpunkt des Backens läßt sich recht flexibel gestalten, denn sie kann auch auf 12 Stunden verkürzt oder auf bis zu 24 Stunden verlängert werden.

Geschmacklich erhaltet ihr hier ein aromatisches mildsäuerliches saftiges Weizenbrot mit wirklich krachender Kruste, die frohlocken läßt. Es wird Zeit, viele Vorurteile gegenüber dem 405er Mehl abzubauen.

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Krume des warm gereiften Teiglings

Mengen für 3 Brote (in Klammern für 1 Brot) aus dem 1 kg Gärkörbchen

Hauptteig:
888 (296) g Wasser 35-37°C
1000 (333) g Weizenmehl 405
200 (66) g Weizenvollkornmehl
510 (170) g Lievito Madre (1 x aufgefrischt, Raumtemperatur)
27 (9) g Salz
24 (8) g Olivenöl

Den Lievito Madre am Backtag nach üblicher Art auffrischen (2 Teile Mehl, 2 Teile alter Livito Madre, 1 Teil Wasser 50°C, gut verkneten, 2-3 Stunden reifen lassen, er muß sich mindestens verdoppelt haben).

Achtung: Vom Schüttwasser zunächst 120 (40) g zurückhalten, die später eingeknetet werden.

Wasser, Mehl, LM und Salz in den Kneter geben und auf kleinster Stufe verkneten bis sie zusammengekommen sind. Knetgeschwindigkeit erhöhen und den Teig gut auskneten. Zum Schluß das restliche Wasser schluckweise einarbeiten, danach das Olivenöl, so lange kneten bis sich der Teig komplett löst von der Schüssel. Die Teigtemperatur sollte 28-29°C betragen nach dem Kneten.

Den Teig in eine Teigwanne geben und 4 Stunden an einem warmen Ort (Ofen mit eingeschalteter Lampe oder Gärbox) reifen lassen, ggf. ein mal dehnen und falten. Der Teig ist fertig, wenn er sich etwa verdreifacht hat im Volumen und von Gärblasen durchzogen ist.

Auf die Arbeitsfläche geben und in drei gleiche Teile teilen. Diese nach Art von Dietmars Sacchetto aufarbeiten: beide Seiten des möglichst rechteckingen Teiglings gut mit Mehl bestäuben. Jeweils zwei Ecken mit beiden Händen fassen und zur Mitte führen, dort zusammenzwicken. Die Teiglinge nicht entgasen und die Mitte nicht bearbeiten, es sollen alle Gärgase darin bleiben. Fortfahren, bis ein rundlicher Teigling entstanden ist. Der Schluß muß grob sein, damit er beim Backen rustikal aufreißt. Mit dem Schluß nach unten ins Gärkörbchen legen.

Bei der warmen Gare reifen die Teiglinge nun ca. 50 Minuten bei Raumtemperatur. Bei der kalten Gare wird eine Badehaube über das Gärkörbchen gezogen und dieses sofort in den 6°C kalten Kühlschrank gestellt.

Gebacken wird mit Schluß oben schön heiß bei 250°C im gut vorgeheizten Ofen auf dem Stein, gut schwaden und die Temperatur auf 215-220° (Ober-/Unterhitze) abfallen lassen für 50-60 Minuten. Nach dem Backen mit Wasser besprühen.

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Die warm geführten Brote

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Auffrisch-Brot

Zu diesem Rezept ist nicht viel zu sagen. Mir diente es dazu, an diesem etwas unruhigen Wochenende trotzdem meinen Lievito Madre aufzufrischen und die dabei anfallenden Reste nicht wegwerfen zu müssen. Ausprobiert habe ich auch das neue flüssige aktive Backmalz von Bongu, weil bei einem vorhergehenden Backversuch vor einer Woche mir die Krume nicht saftig genug wurde. Probiert es mal aus, es funktioniert prima. Wer es nicht bestellen möchte, lässt es einfach weg oder nimmt pulverförmiges aktives Malz.

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Heraus kommt ein lockeres mildes Weizenmischbrot ohne Ecken und Kanten. Die Gare hätte noch ein wenig länger sein können, die Schnitte etwas präziser aber das könnt ihr sicher besser.

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Menge für ein stattliches Brot für die 1,5 kg Gärkörbchen-Größe

Hauptteig:

410 g Wasser (leitungskalt)
200 g Lievito Madre TA 150 aus dem Kühlschrank
100 g Roggenmehl 1370
500 g Weizenmehl 1050
14 g Salz
6 g Frischhefe
6 g Barlimalt flüssig (aktives Malz)

Alle Zutaten in den Kneter geben und 4 Minuten langsam mischen, dann 6-8 Minuten schnell auskneten bis sich der Teig von der Schüssel löst.
60-80 Minuten abgedeckt ruhen lassen.
Auf der bemehlten Arbeitsfläche rund vorformen. 20 Minuten ruhen lassen.
Straff lang wirken und in ein bemehltes Gärkörbchen legen, Schluß oben.
60-70 Minuten ruhen lassen, dabei abdecken.
Auf den Einschießer kippen und nach Wunsch einschneiden. Mit viel Dampf in den auf 240° vorgeheizten Ofen einschießen. Temperatur auf 210° abfallen lassen. 60-70 Minuten kräftig ausbacken

Olivenöl-Sandwichbrot

Claudio Perrando hat mich dazu gebracht, einen weiteren Glaubenssatz in Frage zu stellen. Denjenigen nämlich, daß Weizenmehl Typ 405 sich im Grunde nur für Kuchenteige gut eignet. Es hat ja weniger Proteine und Kleber als Weizenmehl 550 und Mehle mit höherem Ausmahlgrad. Seit Jahren glaube ich das und habe (außer zu Studentenzeiten, als ich noch völlig unwissend war) damit nie Brot gebacken. Claudio backt damit aber Pan de Cristal (!) – das dürfte eigentlich gar nicht gehen wie ich bislang meinte. Heute bin ich dazu gekommen, mit diesem Mehl einmal zwei verschiedene Brotteige zu machen. 405-1

Zum einen einen Olivenöl-Sandwichbrot-Teig zum antesten und zum anderen – natürlich – einen Pan de Cristal-Teig. Zu ersterem ist zu sagen, daß bei einer Teigausbeute von 170 der Teig noch immer schön fest und stabil war. Das hat mich dazu ermutigt, beim Pan de Cristal erneut bis zu einer Teigausbeute von 201 zu gehen, mit Weizenmehl 405 wohlgemerkt! Mit Erfolg. Das Ergebnis verblogge ich wenn es gelingt als nächstes, der Teig reift nämlich noch.

Zugleich konnte ich heute erstmals mit einem neuen Schamotte-Backstein backen, der mir freundlicherweise von Schamotte-Shop.de zum Test zur Verfügung gestellt wurde. Neben gängigen Standardmaßen sind in diesem Shop auch individuelle Zuschnitte möglich – 405-4einen solchen habe ich mir anfertigen lassen. Eine praktische Sache, vor allem wenn man keinen Ofensetzer kennt oder in der Nähe hat. Verpackung und Versand waren gut gelöst, nach ca. einer Woche waren die Steine hier.

Sie sind 3 cm dick und insofern ein toller Wärmespeicher für den Haushaltsofen. Meine Platten sind sehr sauber geschnitten und passen haargenau in die Ofenschienen. Die Oberfläche ist deutlich rauer als bei meiner alten Granitplatte, so daß das Einschießen sich etwas ruppiger anfühlt. Das liegt aber am Material und tut der Funktion keinen Abbruch. Ich bin gespannt auf meine Ergebnisse mit anderen Brotteigen – wird doch Schamotte als eines der idealsten Materialen für das Steinbacken angesehen. Also, wer so etwas noch braucht – meine Empfehlung bekommt der oben verlinkte Shop.

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Sandwichbrote auf neuer Schamotteplatte. Darüber noch als „Oberhitze“ die Stahlplatte, die ich mir vor einigen Monaten zuschneiden lassen habe.

Nun zum Sandwichbrot. Wie so oft wollten die Kinder mal wieder ein Weißbrot. Da passte das Experimentieren mit dem 405er Mehl natürlich ganz gut. Um einmal etwas für mich Neues auszuprobieren, habe ich dann noch den üblichen Butteranteil gegen Olivenöl ersetzt. Das hat wunderbar funktioniert und verleiht dem Brot eine schön wattige Krume, die leicht nach Olivenöl duftet und schmeckt. So eignet sich dieses Brot sicher auch für deftige Beläge, zumal die Süße des Zuckers kaum durchkommt. Im Vergleich zu 550er Mehl oder gar T65er Mehl meine ich allerdings, daß die Krume auch etwas weniger Weizenaroma hat, also etwas neutraler im Hinblick auf den getreidespezifischen Geschmack schmeckt.

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Rezept

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Alle Zutaten in den Kneter geben außer dem Olivenöl. Den Teig ca. 6-7 Minuten erst langsam vermischen, dann auf 1-2 Knetstufe glatt kneten.

Dann beginnen, das Olivenöl langsam einzukneten, immer Schluck für Schluck. Wenn alles eingeknetet ist, sollte der Teig glatt sein und sich von der Schüssel lösen. Der Fenstertest sollte so aussehen wie rechts gezeigt.

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Fast durchsichtig: Brotteig aus 405er Weizenmehl

Den Teig für 60 Minuten in der Schüssel aufgehen lassen und dann auf die bemehlte Arbeitsfläche geben.

Entgasen und in Teigstücke von ca. 890 g teilen. Diese erst rund wirken, dann lang stoßen und in die gefetteten Kastenformen legen, Schluß unten. Für 80 Minuten aufgehen lassen, bis die Teige kuppelig über den Rand der Form hinaus ragen.Währenddessen den Ofen auf 240°C vorheizen.

Ggf. einschneiden (muß nicht), mit Wasser besprühen und dann sofort einschießen. Auf 210° abfallen lassen. Die Backzeit beträgt ca. 45-50 Minuten, nicht zu lange backen, damit die Krume schön saftig bleibt.

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