Ruchbrot

Nun hat es mich doch erwischt. Trotz einer der heftigsten Influenza-Wellen, die ich in meiner Hausarzt-Karriere je erlebt habe, prallten seit Monaten alle Rüsselseuchen und anderes Erregerzeugs an mir ab. Brav bin ich wöchentlich saunieren gegangen, habe jeden Tag eine große Obstportion vertilgt, Vitamin D genommen, unentwegt bei der Arbeit die Hände gewaschen und desinfiziert und gehofft, daß das reicht.

Seit der Nacht zu Samstag war es mit der guten Hoffnung vorbei. Diese Zeilen tippe ich in eine Wolldecke gehüllt, leicht fiebrig und mit einem bösen Husten… Schimpfe werde ich morgen bekommen, wenn meine Liebste dies hier sieht. Hatte sie mich doch ins Bett geschickt.

Gebacken habe ich trotzdem, denn der Froster war, was Brot angeht, leergegessen. Vergangene Woche kam überraschend ein Paket von der Firma Kornfalt hier an. Es enthielt Ruchmehl, Dinkelvollkornmehl, Kürbiskerne und Brotgewürz zum Testen, nebst einem netten handschriftlichen Schreiben der beiden Inhaber, die sich dem Versand von hochwertigen Naturprodukten verschrieben haben. Ich kann die Internetseite von Kornfalt leider nicht verlinken, da ich beim Aufrufen eine Fehlermeldung „502 Bad Gateway“ bekomme.

Ruch3Das Ruchmehl interessierte mich natürlich als erstes. Es steht kein Hersteller auf der Packung, so daß unklar ist, wer es mahlt. Ruchmehl wird in Deutschland meist anders hergestellt als in der Schweiz – was sowohl geschmackliche Folgen, als auch Folgen für die Wasserbindungsfähigkeit hat. Das Kornfalt-Ruchmehl ist recht dunkel und enthält deutlich sichtbar gröbere Kleie.

Mein Lieblings-Ruchmehl von Bon’gu ist hingegen „feiner“ und ein wenig heller. Ich habe einen Test-Teig gemacht und mich beim Kneten schrittweise die TA-Leiter hochgearbeitet. Bei fast 180 war Schluß, viel mehr hätte ich mit dem Spiralhaken nicht einkneten können. Der Teig hatte nach dem Kneten eine tolle Struktur und einen feinen Duft. Insgesamt entsteht der Trieb hier bloß aus einem Poolish mit 0,5 g Hefe und einem Stück Lievito Madre aus dem Kühli. Dafür ist der Teig bombastisch aufgegangen.

Das Ergebnis stellt sehr zufrieden. Das Kornfalt-Ruchmehl bindet ordentlich Wasser und baut ein gute Teigstruktur auf. Geschmacklich ist das Brot schön süßlich, kaum herb, wie man es oft bei deutschen Ruchmehlen beobachtet. An das Bon’gu Ruchmehl kommt es nicht ganz heran, aber es ist gut. Wäre spannend zu wissen, welche Mühle dieses Mehl herstellt…

Ruch1

Wenn ihr anderes Ruchmehl nehmt, dann tastet Euch ebenso wie ich an die Teigausbeute heran. Der Teig sollte sich beim Einkneten immer wieder rasch von der Schüssel lösen. Tut er das nicht mehr, dann stoppt die Wasserzugabe.

Menge für 2 Brote (in Klammern für 1 Brot)

Poolish
200 (100) g Ruchmehl
200 (100) g Wasser (handwarm)
0,5 (0,3) g Frischhefe
Gut verrühren und 12 Stunden bei Raumtemperatur abgedeckt reifen lassen.

Hauptteig
400 (200) g Poolish
450 (225) g Wasser (22-23 °C)
800 (400) g Ruchmehl
150 (75) g Lievito Madre direkt aus dem Kühlschrank
22 (11) g Salz

150 (75) g Wasser (kalt) später zufügen
20 (10) g Olivenöl zum Schluß einkneten

Alle Zutaten in den Kneter geben. Erst drei Minuten langsam auf Stufe 0-1, dann 6 Minuten schnell auf Stufe 1-2 kneten.

Das restliche Wasser schluckweise einkneten. Wenn alles im Teig gebunden ist, das Olivenöl einkneten. Teigtemperatur danach optimalerweise zwischen 26-28°C. Den Teig für 3 Stunden abgedeckt in einer Teigwanne zur Gare stellen. Nach einer Stunde einmal dehnen und falten. Er sollte sich verdreifacht haben.

Auf die bemehlte Arbeitsfläche kippen und in zwei Teile teilen. Beide Teiglinge vorsichtig aber straff lang wirken. Für 60 Minuten im Gärkörbchen zur Stückgare stellen.

Den Ofen gut auf 250 °C Ober-/Unterhitze vorheizen. Auf den Einschießer kippen, einschneiden und sofort auf den heißen Backstein einschießen. Gut Schwaden. Abfallend auf 215 °C das Brot schön dunkel ausbacken. Nach dem Backen mit Wasser besprühen.

26 Gedanken zu „Ruchbrot

  1. Petra Thürmann

    Lieber Brotdoc,
    Wir ( Zahnarztpraxis ) werden auch täglich seeehr nah angehustet, angeniest, etc. ….
    Seit Jahren haben wir super Erfahrungen mit täglichen Meersalz-Nasenspülungen gemacht ( sobald man nach Haus kommt ) und achten auf einen Vitamin D Spiegel im oberen Drittel des Normbereiches.
    Alles Liebe und gute Besserung !!!
    Petra T.

    Antworten
  2. Angelika

    Als erstes,von Herzen gute Besserung.Der Husten ist besonders eklig,vor allem in der Nacht.🤧😷.Danke fürs Rezept,trotz. … Ruchmehl zu verarbeiten ist einfach toll,besonders in Verbindung mit Hefewasser im Vorteig, Werde ich auf jeden Fall probieren.

    Antworten
      1. KornFalt

        Liebe Hanna, seit einigen Monaten verkaufen wir aus verschiedenen Gründen unsere Produkte nicht mehr bei Amazon. Wir haben aber auch noch einen eigenen Online-Shop (demnächst kommt ein neuer) oder über Ebay.

  3. Peter

    Nach dem Lutz den Schweizer Profibäcker ein Ruchbrot zum Frühstück angeboten hat https://www.ploetzblog.de/2016/07/23/muehlerama-brot/ backen die Schweizer und ich sehr gern mit diesem Mehl. Also willkommen im Club.
    Seit dem ich das alte Hausmittel Hagebutte sammele, möglichst nach dem 1. Frost und in einer Nudelschüssel auf der Heizung trockne, danach Stiel und Blütenreste handverlesen entferne, in einer Schlägermühle vermahle auch mit Kernen, daraus Tee T ca 50 °C herstelle, nicht vergesse ihn zu trinken, hatte ich seit mehreren Jahren keine Erkältung. Die Hagebutte hat u.a. den größten Vitamin C- Gehalt auf der nördlichen Halbkugel. Mit Vitamin D oder täglich 20 min Sonne, wenn sie scheint kann man Influenca anscheinend die gelbe Karte zeigen.
    Übrigens; schaut euch mal die Vitamin C- menge in der Zitrone an!!! Trotzdem ist die Zitronensäure mit einem Sauerstoffatom mehr als Ascorbinsäure auch ein wirkendes Antioxidanz, welches die miesen MO’s auch die gelbe Karte zeigt.
    Selbst gemachter Hagebuttentee wirkt bei mir. Da weiss ich auch was drin ist.
    Keine Chance den üblen MO’s egal wie und womit. Ähnlichkeiten zu gutem Brot sind nicht zufällig.
    Gute Wünsche an Björn und alle jetzigen Schnupftücherbenutzer!
    Die Sonne und der Frühling kommt bestimmt.

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  4. Sonja

    Hallo Björn,
    zunächst wünsche ich Dir gute Besserung! Vorgestern habe ich mich noch um 22 Uhr kurz in die Küche gestellt, um den Vorteig anzusetzen, obwohl ich bereits zuvor die Butterstuten für den nächsten Tag ins Auge gefasst hatte. Jedenfalls war die gestrige Beute für den Gefrierschrank nicht wenig: 3 Butterstuten und zwei Ruchbrote (mit Ruchmehl von Bongu). Alle Brote schmecken wieder sehr lecker!
    Noch eine andere Frage hätte ich an Dich: Knetest Du Deine Teige überwiegend mit der Kenwood oder der Häussler? Bei mir stehen die Ankarsrum und die Kitchenaid Artisan in der Küche. Allerdings nutze ich die Kitchenaid fast nur noch für meine Aufsätze, da sie selbst mit kleineren und schwereren Hefeteigen echt überfordert ist. Ich überlege daher, ob ich sie nicht gegen eine Kenwood CC Gourmet ersetzen sollte….Grübel…Bist Du immer noch zufrieden mit Deiner Cooking Chef?
    Liebe Grüße Sonja

    Antworten
    1. brotdoc Beitragsautor

      Ja, sehr. Inzwischen nutze ich sogar die Häussler Alpha kaum noch. Die Cooking Chef liefert für mich die bislang besten Knetergebnisse aller Maschinen, mit denen ich je kneten konnte.

      Antworten
  5. Jeannette

    Moin Björn,
    habe heute dein Ruchbrot (doppelte Menge und aufgeteilt auf 3 Brote )nachgebacken. Sensationell toller Ofentrieb. Zudem habe ich noch etwas Brotgewürz hinzu, einfach oberlecker.
    danke für das schöne und funktionierende Rezept.
    Herzliche Grüße aus dem hohen Norden Jeannettsche

    Antworten
    1. brotdoc Beitragsautor

      Festen Weizensauerteig mit der Teigausbeute von 150. Wenn Du Roggen-Anstellgut hast, dann setze damit einfach einen festen Weizensauer an.

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  6. Christine

    Ich wünsche dir zu aller erst eine gute Besserung. Ich mache jeden Morgen einen kalten Gesichtsguss, seither bin ich höchstens leicht erkältet. Das Brot wird bald nach gebacken , Danke für das Rezept.

    Antworten
  7. KornFalt

    Vielen Dank für das tolle Rezept und den Bericht über unser Ruchmehl.
    Unsere Seite hatte leider ein Serverproblem zu diesem Zeitpunkt, deshalb gibt es auch bald einen neuen Shop mit einer größeren Auswahl.

    Liebe Grüße

    das KornFalt Team

    Antworten
  8. Pingback: Ruchmehl I Ruchmehl Rezept I Ruchbrot Rezept I KornFalt Blog

  9. Carola Alvarez

    Vielen Dank für die Inspiration und das Rezept! Als Backanfängerin lese ich mich seit Wochen kreuz und quer durch Deinen Block und habe schon mehrere Rezepte ausprobiert, unter anderem auch das tolle Paderborner Landbrot. Ich habe mir von meiner Schwester das Ruchmehl „Terrasuisse“ vom Migros mitbringen lassen und bin absolut begeistert! Ich hatte bislang noch keinen Vergleich mit anderem Ruchmehl, aber für mich persönlich ist das Brot wahnsinnig aromatisch und locker geworden, so dass ich noch im halbwarmen Zustand direkt 3 Scheiben gegessen habe :-). Herzliche Grüße aus dem Nordwesten, Carola Alvarez

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    1. brotdoc Beitragsautor

      Ich friere Brot und Brötchen in noch lauwarmem Zustand leicht vakuumiert ein. Zum Auftauen kommen sie kurz in die Mikrowelle, damit der Bereich zwischen – 7 bis + 7 °C schnell durchlaufen wird.

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  10. Andrea Wild

    Trotz der geringen Hefemenge ist der Teig bombastisch aufgegangen, die Stockgare musste ich auf 2h verkürzen und die Stückgare hatte bereits nach 40 Minuten schon etwas Übergare gehabt. Hab das Brot deshalb etwas höher angebacken und nicht eingeschnitten und konnte dadurch doch noch Luft darin halten. Das Rezept hat mich bis auf die Gehzeiten, mein LM geht einfach wahnsinnig ab, total überzeugte, Geschmack und Arbeitsaufwand sind super und meine beiden Lieblingszutaten Ruchmehl und LM sind auch miteinander vereint. Trotz Übergare hab ich ein schönes mittelpooriges Brot gebacken mit idealer Kruste und Geschmack. Vielen Dank

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  11. Robert

    Hallo Brotdoc,
    habe vielleicht 10 x gebacken (verruchtes Bierbrot, Ruchbrot 1 und 3, Dinkelbrot…) nach deinen Rezepten. Klasse!!!
    Heute habe ich das erste mal bewußt und ohne „Not“ etwas an einem Rezept (Ruchbrot) geändert, weil ich alte Getreidesorten ausprobieren, aber nicht auf den Ruchmehleffekt verzichten möchte: Ich habe die Hälfte des Ruchmehls durch Rotweizenmehl (Drax) ersetzt und im Hauptteig dazugegeben, dafür die 150 ml Wasser am Schluß weggelassen, die Stockgare 3,5 Std, dann direkt in 2 heiße Eisenformen und in den Ofen bei 250°, nach 15 Min Deckel weg und 200°, nach 1 Std. fertig. Mein bestes Ergebnis bisher. Locker, saftig, hocharomatisch, dicke Kruste, Wahnsinn! Neues Lieblingsbrot!
    Danke nochmal für Deine Rezepte und Deine richtig guten Erklärungen!
    Bin Anfänger, aber gerade so begeistert, daß das mal raus mußte.
    Gruß Robert
    PS: Habe übrigens jetzt eine Küchenmaschine, das sind schon Welten gegenüber von Hand kneten.

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