Baguetterezepte gibt es hier im Blog ja nun schon sehr viele. Dennoch füge ich der Sammlung ein Weiteres hinzu, das aus einer reinen Fermentationsspielerei entstanden ist und auf Anhieb ein klasse Ergebnis erbrachte.
Wenn man sich mit dem Brotbacken eingehender beschäftigt, dann ist das Spiel mit der Teigfermentation einer der spannendsten Punkte. Wie und auf welche Weise kann ich bestimmte optische oder geschmackliche Ergebnisse erreichen und was hat das mit der Art der Teigfermentation zu tun?
Der Biga, also der feste Hefevorteig, ist so eine faszinierende Unterart der Teigfermentation. In Italien werden teils riesige Anteile der Gesamtmehlmenge mindestens einen halben Tag in Form eines Bigas vorfermentiert, bevor daraus die endgültigen Teige geknetet werden. Bei Insta führen das insbesondere die Pizza Napoletana – Spezialisten vor und beim Ansehen der Videos wundere ich mich immer, was für ein unfasslich perfekt aussehender Teig von denen am Ende aus dem Kneter gehoben wird.
Rosette Soffiate ist ein Beispiel, an dem ich mich vor vier Jahren schon mal versucht habe. Auch habe ich das Prinzip für mein Mediterranes Bauernbrot im neuen Buch angewandt und später auch als Abwandlung in den Blog gebracht. Und aktuell beschäftige ich mich im Rahmen des Sylter Weißbrot-Hypes wieder damit. Es ist einfach spannend, dass die Reifeprozesse im Biga so abzulaufen scheinen, dass dieser nicht so rasch überreif wird. Dennoch entwickelt er ein tolles süßlich-mildes Fermentationsaroma, das im fertigen Brot auch noch gut erkennbar bleibt. Und er hilft weiche Teige so zu stabilisieren, dass sie ihren Stand nicht bei der weiteren Reifung wieder rasch verlieren.
Der Teig wird mit lediglich 0,3 Prozent Hefezugabe über insgesamt 17 bis 18 Stunden (Biga plus Hauptteig) fermentiert und das funktioniert, weil sich im Biga über dessen Reifezeit hin die Hefezellen vermehren. Der Hauptteig reift später nahezu genau so schnell, als hätte man ihm 1 Prozent Hefe zugefügt. Der Teig ist lediglich ein wenig „pappiger“ beim Formen als bei geringerer Vorfermentation, was sich aber durch gezielte Handgriffe und den Einsatz von etwas Streumehl im richtigen Moment gut beherrschen lässt.
Der Biga wird mich zukünftig noch weiter beschäftigen. Während ich dieses Rezept schreibe, backt im Ofen der dritte Backversuch eines reinen Vollkornbrots nach dem Prinzip des Sylters von vor zwei Wochen. Ich bin gespannt!
Biga-Baguette
Zutaten
Biga
- 325 g Weizenmehl T65 oder 550
- 165 g Wasser kalt
- 1,5 g Frischhefe
Hauptteig
- 160 g Wasser kalt
- 491 g reifer Biga in Stücke gezupft
- 175 g Weizenmehl T65 oder 550
- 11 g Salz
Anleitungen
- Die Hefe in dem Wasser für den Biga auflösen. Mehl zugeben und zu einer festen Masse verkneten. Der Teig braucht hierbei nur 1-2 Minuten gemischt werden. 12 bis 15 Stunden abgedeckt reifen lassen.
- Das Wasser für den Hauptteig in die Schüssel geben und den reifen Biga stückweise hinzugeben. Das restliche Mehl und das Salz zufügen.
- Mit der Knetmaschine den Teig langsam und gründlich kneten, bis er sich von der Schüssel löst.
- Ggf. 20g Wasser zusätzlich einkneten, wenn der Teig noch zu fest erscheint.
- Den Teig in einer Teigschüssel 2 1/2 bis 3 Stunden reifen lassen. Er sollte sein Volumen etwa verdoppelt haben.
- Auf der bemehlten Arbeitsfläche in 4 rechteckige Teiglinge von ca. 210-220 g teilen. Die Teiglinge von der kurze Seite zu Zylindern aufrollen.
- Die zylindrischen Teiglinge mit dem Schluss unten für 30 Minuten abgedeckt reifen lassen.
- Die Teiglinge nacheinander zu Baguettes formen und mit dem Schluß oben in einem Leinentuch für 50 bis 60 Minuten reifen lassen.
- Den Ofen rechtzeitig auf 240 °C Heißluft / Umluft vorheizen.
- Die reifen Teiglinge auf den Einschießer wenden, einschneiden und in den Ofen befördern. Gut schwaden!
- Die Backzeit bei konstant 240 °C beträgt 17-19 Minuten.