Vor einer Woche hat meine Backfreundin Monika Moehwald-Doelz in einer Facebook-Gruppe Bilder von italienischen Brötchen nebst Rezept gezeigt, die mich spontan dazu animiert haben, das Rezept nachzubacken. Und zwar, weil es ein fachlich spannendes Rezept ist. Irgendwie ist diese Fermentations-Spielart bislang an mir vorübergegangen, obwohl bekannte Blogger wie Petra sich schon vor vielen Jahren damit auseinandergesetzt haben.
Fast 91 Prozent der gesamten Mehlmenge stecken hier nämlich in einem Biga-Vorteig mit 1 Prozent Hefezusatz, der auch noch bis zu 18 Stunden bei Raumtemperatur reift. Am Backtag werden lediglich die restlichen 9 Prozent Mehl, etwas Wasser, sowie Salz und Malz zugegeben, eingeknetet, die Teiglinge geformt und knapp 2 Stunden Stückgare vor dem Backen eingehalten. Wow.
Im Original beträgt die Teigausbeute der Biga trotz eines recht kleberstarken Mehls nur 145, was den Teig für fast alle gängigen Knetmaschinen praktisch unbearbeitbar macht, wenn nicht Getriebeschäden riskiert werden wollen. Ich habe daher schon beim ersten Versuch die Biga mit einer TA von 150 angesetzt, doch auch so einen enorm festen Teig bekommen. Im zweiten Versuch hat die Biga dann eine TA von 155 erhalten, was deutlich besser ging.
Das Rezept hat schon im ersten Versuch funktioniert, wenn ich auch mit diversen Problemen zu kämpfen hatte. Da in der langen Reifezeit sehr viele Zuckerstoffe im Teig abgebaut werden, bräunten die Teiglinge im Ofen nur sehr schwer. Ich musste daher länger backen. Die Kruste wurde in der Folge recht fest und war schon knapp einen halben Tag später wie Gummi, kaum kaubar. Das Loch in der Krume war mir auch zu groß.
Dieses Wochenende gab es deshalb einen zweiten Backversuch, der nun viel besser geworden ist. Ich habe das Rezept ein klein wenig ‚germanisiert‘, alle italophilen Zeitgenossen mögen mir bitte verzeihen. Der Teig hat nun eine Gesamt-TA von 166, damit Kruste und Krume nicht so schnell trocken werden und saftiger schmecken. Dann habe ich die Malzmenge deutlich erhöht und etwas aktives Malz zugegeben. Dies aus zwei Gründen. Zum einen braucht der Teig etwas mehr Zuckerstoffe, damit er schneller bräunt. Zum anderen will ich etwas mehr Abbau im Teig, auch dann wird die Krume saftiger. Der Plan ist wunderbar aufgegangen.
In Kombination mit einer sehr langen Stückgare bringt dieses Rezept mit die leichtesten, luftigsten und lockersten Brötchen hervor, die ich je gebacken habe. Eine echte Bereicherung in meinem Rezeptfundus.
Zum Thema Krumenloch: in Italien ist ein großes Krumenloch wohl gewünscht, da Rosette soffiate auch manchmal gefüllt werden. In einem Frühstücksbrötchen stört es doch ein wenig. Wenn ihr das Loch nicht haben wollt, dann solltet ihr den Teigling normal schleifen, so wie ich es bei Versuch zwei gemacht habe. Wollt ihr das Loch haben, dann bitte so falten, wie im italienischen Blog gezeigt.
Wenn das Rezept mit deutschen 550er Mehl nachgebacken wird, empfehle ich folgende Änderungen. Wassermenge im Hauptteig so reduzieren, dass eine gesamte TA von 160 entsteht. Das aktive Malz weglassen und nur inaktives Malz nehmen.
Rosette Soffiate
Zutaten
Biga
- 1000 g Weizenmehl Tipo 0 kleberstark W350
- 550 g Wasser
- 10 g Frischhefe
Hauptteig
- 1560 g Biga gestückelt
- 200 g Wasser
- 130 g Weizenmehl Tipo 0 kleberstark W 300 oder Weizenm. 550
- 3 g Backmalz enzymaktiv
- 20 g Backmalz inaktiv
- 22 g Salz
Anleitungen
- Für die Biga die Zutaten im Kneter oder von Hand zu einem Teig verkneten. Dieser braucht nicht voll entwickelt sein. Auf der Arbeitsfläche zu einer Kugel formen.
- Die Biga in einer Teigwanne 16 bis 18 Stunden bei 18 bis 20 °C reifen lassen.
- Für den Hauptteig das Wasser in die Knetschüssel geben. Die Biga stückweise dazu geben.
- Mehl, Salz und Malz hinzugeben und den Teig 5 Minuten zusammenkneten.
- Knetgeschwindigkeit erhöhen und weitere 5 Minuten auskneten zu einem glatten Teig.
- Den Teig sofort auf die Arbeitsfläche geben und in 19 Stücke von ca. 100 g teilen.
- Die Teiglinge entweder rund schleifen oder wie auf im oben verlinkten Blog zu einer Kugel falten. Letzeren Weg wählen, wenn innen nach dem Backen ein Loch gewünscht wird.
- Die Teiglinge mit Schluss oben im Bäckerleinen eine Stunde bei Raumtemperatur reifen lassen.
- Teigling in Mehl wälzen. Mit einem Apfelausstecher oder einem Brötchendrücker von der Oberseite her (Schluss unten) tief eindrücken.
- Erneut mit dem Schluss oben für 1 bis 1 1/2 Stunden im Leinentuch abgedeckt reifen lassen.
- Den Ofen auf 250 °C gut vorheizen.
- Die Teiglinge auf den Einschießer mit Backpapier wenden und mit Wasser besprühen. In den Ofen geben und gut schwaden. Mit konstant 250 °C für 16 bis 20 Minuten abbacken.
- Nach dem Backen nochmals mit Wasser besprühen.
Lieber Björn,
deine Brötchen sehen schon wieder ganz toll aus!!!!
Ich habe Mehl Tipo 0 orange und violett. Welcher würdest Du für dieses Rezept empfehlen?
Könnte man für die Stückgare die Teiglinge für 10-12 Stunden im Kühlschrank lagern?
Vielen Dank für Deine Hilfe!
Schöne Grüße
Patricia
Das violette Tipo 0 hat einen W-Wert von 380, ist also noch backstärker als mein W350er Mehl. Kann sein, dass Du für die Biga noch mehr Wasser brauchst. Das Tipo 0 orange ist dann das richtige Mehl für die zweite Zugabe am Folgetag.
Hallo Björn,
dieses Rezept interessiert mich sehr. Da ich kein enzyaktives Malz habe (verwende ich zu wenig und ich überschreite immer das Haltbarkeitsdatum), möchte ich gerne wissen, ob ich hierauf verzichten kann oder ob ich etwas anderes nehmen könnte.
Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen
Monika
Dann lass das aktive Malz einfach weg und erstetze es mit inaktivem Malz. Das aktive Malz soll lediglich die Krume etwas feuchter machen, es geht aber auch ohne.
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Leider lässt sich das Rezept zu Rosette Soffiate auch nicht mit Anleitung zum Archiv öffnen… Ich habe mich genau an die Anleitung gehalten, aber das Archiv sagt „Not found“
Merkwürdig. Bei mir funktioniert es. https://web.archive.org/web/20221006144309/https://brotdoc.com/2020/02/02/rosette-soffiate/
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Heute probiert und ich möchte/muss ein kurzes Feedback abgeben. Ich habe mit Tipo 0 violett und orange gebacken, so wie in dem Kommentar erwähnt. Der Biga ist abgegangen wie Schmitz Katze. nach 15h musste ich den Hauptteig machen. Nach einer Stunde Ruhe waren die Teiglinge eigentlich backfertig. ich habe dann nochmal geschliffen, da sie drohten, in die Übergare zu gehen/komplett auseinanderliefen und aus 1,5h Ruhe 30 Minuten gemacht. Jetzt sind sie im Ofen, der Ofentrieb ist zwar da, aber etwas sparsam. Meine Küche ist eigentlich nicht zu warm, aber vielleicht verlege ich die Gärzeiten das nächste mal in den Keller, da hat es aktuell 18 bis 19 Grad. Mir war das schon mal aufgefallen, dass deine Gärzeiten hoch gegriffen sind. Sonst helfe ich mir mit dem Kühlschrank, aber 19 Brötchen kriege ich da nicht rein. 🙂 Sie werden sicher großartig schmecken, selbst, wenn sie etwas fester sind.
Deine Gärzeiten hängen ja deutlich stärker von Deinen Gärbedingungen ab, als von meinen Rezeptangaben – also den Schuh ziehe ich mir nicht an :-). Ist ja immer so, dass man sich da nicht hundertprozentig auf das Rezept verlassen sollte. Danke fürs Feedback.
Hallo Björn,
kannst du mir sagen, worauf ich besonders achten muss, damit das für Rosette Software typische Loch entsteht. Ich hab’s schon 3 mal probiert (angelehnt an das Originalrezept) und jedes mal kein Loch.
Vielen Dank,
Markus
Das ging bei mir jedes Mal von alleine, wenn ich den Apfel-Ausstecher genommen habe. Damit bildet sich das eigentlich immer. Wenn ein Kaisersemmel-Stempel genommen wird, ist es nicht so sicher.
Vielen Dank für Deine Rückmeldung.
Leider hat’s bei mir mit Apfelausstecher auch nicht geklappt.
VG,
Markus
Merkwürdig. Hast Du Tipo 0 – Mehl verwendet oder normales 550er? Ich erinnere mich, dass damals viele Nachbäcker mit 550er in Schwierigkeiten kamen.
Das war/ist wohl das Problem:
Ich habe nur normales 550er verwendet und kein Tipo 0.
VG,
Markus
Könnte sein. Zumal ich im Rezept gegenüber dem Original ja auch noch die TA erhöht hatte. Vielleicht probierst Du es mal mit einer Gesamt TA von 150 oder wirklich 145 und 550er Mehl.
Vielen Dank für den Tip.
VG,
Markus
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