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Weizen-Würzbrot

Im Moment kommt das Bloggen definitiv zu kurz. Wir arbeiten derzeit fast jede freie Minute in unserem Garten. Bringen zuende, was wir schon seit mehr als 10 Jahren vorhaben. Bauen Hochbeete aus Steinpalisaden und setzen Rasenkantensteine. Ich muß meine fast vergessenen Gartenbaukenntnisse, die ich meinem Vater verdanke, wieder ausgraben. Aber schön wird es.

Der gestrige Regentag gab mir dann Gelegenheit, ein Rezept nochmals anzusetzen, an dem ich schon länger tüftle. Ein richtig kräftig kerniges Weizenbrot mit viel frisch gemahlenem Schrot, Vollkornmehl und gerösteten Sonnenblumenkernen. Trotzdem soll es locker und leicht werden, und das ist nun wirklich gut gelungen. Um dem Vollkornteig genug Zeit zu geben, zu quellen und Reizstoffe abzubauen, reift er über 16 Stunden, den größten Teil davon im Kühlschrank. So wird das Brot besonders saftig. Genau das Richtige, um sich für die Gartenarbeit zu stärken.

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Im Kurs in Weinheim habe ich mir auch vorgenommen, wieder mehr mit Gewürzen im Brot zu arbeiten. Johannes Becker hat ja Recht wenn er sagt, daß wir uns die naturheilkundlichen Wirkungen der Gewürze in Brotteigen zu Nutze machen können. Einerseits wird Brot durch sie noch bekömmlicher und andererseits können die Brote aromatisch noch mal zulegen. Vor allem, wenn die Gewürzzugabe nicht übertrieben wird, sondern das Aroma nur untermalt.

Rezept Gewürzmischung 1 schro5
2 EL Kümmelsamen
2 EL Fenchelsamen
2 TL Koriandersaat
2 TL Pfefferkörner (schwarz)
2 TL Schabzigerklee
In die Gewürzmühle geben und zu einem feinen Pulver mahlen. In einem geschlossenen Behälter aufbewahren. Zu Brotteigen nur in kleinen Mengen zugeben. Zum Beispiel 2-3 g der Mischung pro kg Teig.

 

Als erstes Brotgewürz habe ich eine Mischung aus Kümmel, Fenchel, ein wenig Koriander, schwarzer Pfeffer und Schabzigerklee gemischt. Frisch gemahlen riecht diese Mischung schon betörend. Wenn dann der Duft des backenden Brotes durch die Wohnung zieht, dann muß man schon sehr miesepetrig sein, wenn es einen nicht sofort in Richtung Ofen zieht. Wer sich absolut gegen Brotgewürze sträubt, lässt sie einfach weg. Eine technische Wirkung haben sie im Teig nämlich nicht.

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Die Sonnenblumenkerne kommen absichtlich geröstet aber ungequollen in den Teig. Zum einen haben sie ja noch genug Zeit, etwas Wasser aus dem Teig zu ziehen. Zum anderen sind sie später im Brot bissiger, was ich sehr lecker finde.

Also, hier das fertige Rezept. Der Teig dürfte sich problemlos auch freigeschoben backen lassen. Lasst es Euch schmecken.

Mengen für 1 Brot aus der 1 kg Kastenform (in Klammern für 1,5 kg Kastenform)

Autolyseteig:
184 (276) g Weizenschrot grob
184 (276) g Weizenvollkornmehl
74 (111) g Lievieto Madre aus dem Kühlschrank (oder fester Weizensauerteig)
74 (111) g Weizenmehl 1050
331 (497) g Wasser
Die Zutaten 2-3 Minuten verkneten und dann 90 Minuten ruhen lassen zur Quellung.

Hauptteig:
Autolyseteig
9,5 (14) g Salz
9,5 (14) g Honig
2 (3) g Frischhefe
(2 (3) g Gewürzmischung s.o.)

2 Minuten langsam, dann 5-6 Minuten schnell kneten, bis sich der Teig von der Schüssel löst. Kneter weiter schnell laufen lassen.

46 (69) g Wasser

schluckweise einkneten lassen. Wenn es komplett aufgenommen ist und der Teig sich wieder von der Schüssel löst, die Knetgeschwindigkeit auf langsam zurück stellen.

92 (138) g geröstetete Sonnenblumenkerne

in den Teig einkneten.

Den Teig in der Knetschüssel oder einer Teigwanne für 3-4 Stunden reifen lassen. Ein mal (nach 90-120 Minuten) dehnen und falten.

Dann den Teig auf die gut bemehlte Arbeitsfläche geben. Vorsichtig rund vorformen, dann lang stoßen. Der Teig ist bedingt durch den hohen Anteil an Schrot und Vollkornmehl nicht so elastisch wie ein Teig aus Auszugsmehlen. Nicht überstrapazieren! In die gefettete Kastenform legen. Alternativ kann der Teigling auch mit Schluß oben in ein bemehltes Gärkörbchen gelegt werden.

Gut abdecken und für 12 Stunden im Kühlschrank bei 5°C reifen lassen.

Am Backtag den Ofen auf 240°C gut vorheizen. Die Kastenform aus dem Kühlschrank direkt ohne Einschneiden einschießen, gut schwaden.

50-60 Minuten vollbraun ausbacken. Gut auskühlen lassen.

Vinschger Fladenbrote

Während unseres Urlaubs in Südtirol genossen wir täglich die regionale Brotspezialität: das Vinschger. Eine Art Fladenbrot mit hohem Roggenmehlanteil und reichlich Brotgewürzen, vor allem des typischen „Brotklees“. Mich hat die für ein Roggenmischbrot sehr grobe Porung, die große Saftigkeit und natürlich der herbwürzige Geschmack bei gleichzeitig geringer Krumensäure begeistert.

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Blick auf die Dolomiten im Abendrot

Seit meiner Rückkehr bastele ich nun an einem guten Rezept. Eine geeignete Quelle ist – wie so häufig – Franz Josef Steffen in „Brotland Deutschland Band 2“. Das dortige Rezept, das auch schon Lutz und Ketex als Anregung nahmen, ist allerdings ein Roggenmischbrot 80/20. Nachdem zwei Versuche mit unterschiedlichen Mehlen jedoch nicht die gewünschte Krumenstruktur erbrachten, habe ich die Mehlverhältnisse auf 70 % Roggen und 30 % Weizen verändert. Ungewöhnlich ist das nicht, auch viele andere Rezepte aus Südtirol nehmen eher mehr Weizen als F.J. Steffen.

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Am Rittner-Bähnchen

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Der „Schlern“

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Und die berühmten „Erdpyramiden“

Die geringe Krumensäure ergibt sich aus einer sehr niedrigen Versäuerung des Roggenmehls von nur 20 % – auch das ein Novum für mich und sehr interessant, da ich bekanntermaßen kein Freund von sauren Broten bin. Zudem habe ich eine deutliche Mengenreduktion der Brotgewürze vorgenommen, damit sie den Brotgeschmack nicht zu sehr überdecken. Das Ergebnis ist für mich nun sehr stimmig – meine Vinschger – köstlich!
Ein Wort zu den von mir verwendeten Mehlen: ich habe mich für regionale Mehle oder fast-regionale Mehle entschieden wegen der Authentizität. Das ist aber nicht obligat – Alternativ-Vorschläge stehen im Rezept. Bei Verwendung der deutschen Mehle ist eine Reduktion der Wassermenge um 50 ml empfohlen.

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Köstlich: eine Jause mit Vinschger, authentischem Speck und einem „Willi“

Sauerteig:
140 g Roggenmehl 1150
140 g Wasser (45°C)
14 g Roggenanstellgut
Gut miteinander verrühren und 12 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen.

Hauptteig (TA 190):
Sauerteig
560 g Alpenroggenmehl (oder RM 1150)
300 g Weizenmehl Tipo 0 (oder WM 550)
610 g Wasser (+ 150 g gegen Ende des Knetens)
18 g Salz
20 g Biofrischhefe
2,5 g Kümmel grob gemahlen
2,5 g Fenchel grob gemahlen
2 TL Brotklee

Alle Zutaten bis auf 150 g Wasser in den Kneter geben. Mit langsamer Knetgeschwindigkeit 14 Minuten lang mischen/kneten. Der Teig sollte Entwicklung zeigen, also am Haken hochklettern, oder sich etwas von der Schüssel lösen. Dann beginnen, unter fortgesetztem Kneten die restliche Wassermenge schluckweise einzuarbeiten. Dieses Prinzip kennen wir von sehr weichen Weizenteigen („Bassinage“), und es hilft hier in gleicher Weise, den Weizenkleber vor der Zugabe der gesamten Wassermenge schon so weit wie möglich zu entwickeln. Bei einem Versuch ohne diese Methode ist mir der Teig zu weich geworden und ließ sich später kaum noch formen.
Sobald der Teig wieder schön glatt und leicht glänzend ist, das Kneten beenden und ihn 20-30 Minuten ruhen lassen.
Die Arbeitsfläche gründlich bemehlen und den Teig aus der Schüssel direkt darauf geben. Die Teigrückseite auch gut bemehlen. Nach Augenmaß 8 Teiglinge mit etwa gleicher Größe abstechen und mit gut bemehlten Händen rund formen. Mit dem Schluß nach unten auf zwei Backbleche setzen (jeweils 4) und ggf. etwas nachbemehlen. Den Ofen aufheizen auf 250°C Heißluft oder Umluft.
Die Teiglinge nun mit einem leichten Leinentuch abdecken und insgesamt 50-60 Minuten reifen lassen. Die letzten 20 Minuten das Leinentuch wegnehmen. Die Teiglinge sind bereit zum Backen, wenn sich breite Risse gebildet haben.

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Die passende Gare ist erreicht

Gleichzeitig beide Bleche einschießen und nicht schwaden. Ziel ist ein weiteres rustikales Aufreißen der Teigoberfläche. Ggf. kann nach 2 Minuten etwas geschwadet werden, das kann die Optik noch verbessern. Die Backzeit beträgt bei auf 240° abfallender Temperatur 25-30 Minuten.

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Mich erreichte nach Veröffentlichung per email noch eine Anmerkung unseres Hoteliers in Südtirol, Herrn Maier vom Hotel am Hang, bezüglich der Südtiroler Brotsorten. Ich darf sie hier mit veröffentlichen:

Von dem von Ihnen genannten Vinschgauer gibt es ja mehrere Varianten, wobei die echten Vinschgauer eine etwas andere Teigkonsistenz haben als die die wir beim Frühstück anbieten. Das was wir zum Frühstück anbieten sind sogenannte Vorschlagbrote. Dort ist die Teigwürze etwas anders (mit Fenchelsamen, ohne Kümmel und ohne Brotklee) und auch bleiben diese Brote etwas flacher. Die gibt es in normaler Hefeversion oder mit Sauerteig. Wir verwenden meist die normale Hefeversion, da die Sauerteigversion vom Aussehen her etwas grau aussieht und für’s Auge nicht so schön, auch ist der säuerliche Geschmack nicht jedermanns Sache.
Der echte Vintschgauer ist meistens ein Paarbrot (also zwei kleine Laibe zu einem zusammengeflossen, hat die Form einer liegenden 8 ). Das Aufgehen ist hier etwas höher als beim Vorschlagbrot, wirkt also beim Verzehr nicht so schwer.
Die Vorschlagbrote (so genannt, weil sie vor dem Aufgehen geknetet und aufs Brett geschlagen werden) sind im ganzen Land eigentlich einmal im Monat oder in größeren Abständen gebacken worden und dann auf den Brotrahmen, Mäusesicher auf der Tenne am Firstbalken aufgehängt worden. Dadurch wird das Brot natürlich nach einer gewissen Zeit steinhart und muss zerkleinert werden um es z.B. in die Suppe oder in der Frühstücksmilch einbrocken zu können. Dies geschieht bei uns mit der Grammel, einem an ein Brett an der Spitze angeschraubtes Messer. Wird aber heute kaum mehr gemacht.

Gewürzbrot

Dieses Brot wird all diejenigen erfreuen, die kräftige und würzige Roggenbrote mögen. Vielleicht kann es auch all jenen als Ansporn dienen, die sich bisher nicht an solche Teige herangetraut haben. Bei Beachtung der Parameter (Sauerteigführung und Teigtemperatur) ergibt sich nämlich ein Teig, der erstaunlich unproblematisch zu formen ist, wenn Arbeitsfläche und Teigling so bemehlt sind, daß er eine trockene Oberfläche hat. Brote nach dieser Art könnte ich für meine bessere Hälfte eigentlich ausschließlich backen 😉 .

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Sauerteig
260 g Roggenmehl 1150
260 g Wasser
26 g Anstellgut
Gut vermengen und 12-16 Stunden reifen lassen.

Hauptteig
Sauerteig
65 g Weizenmehl 1050 (oder 812)
320 g Roggenmehl 1150
175 g Wasser (38°C)
14 g Salz
6 g Hefe
1 TL Zuckerrübensirup
5 g Brotgewürz (bei mir frisch gemahlen: 2 g Fenchel, 2 g Kümmel, 1 g Koriander)

In der Gewürzmühle die Gewürze fein mahlen.
Alle Zutaten in der Knetschüssel für 6-8 Minuten verrühren, bis der Teig eine mittelfeste Konsistenz hat und plastisch wirkt. Wichtig ist bei reinen und fast reinen Roggenbroten die Teigtemperatur, diese sollte 27-28° betragen, dann läßt sich der Teig sehr gut verarbeiten.
45 Minuten abgedeckt ruhen lassen.
Den Teig bemehlen und auf die bemehlte Arbeitsfläche geben. Grob rund formen und in ein rundes oder quadratisches Gärkörbchen geben, welches zuvor ausgemehlt und mit Fenchel und Kümmel ausgestreut wurde. Mit dem Schluß nach oben für 80 Minuten bei Raumtemperatur gehen lassen.
Auf den Einschießer kippen, kreuzweise tief einschneiden und in den Ofen bei 250°C, Ober-/Unterhitze, direkt auf einen Backstein geben.
Für 5-8 Minuten mit etwas Dampf backen, dann die Temperatur auf 210° reduzieren. Für weitere 45-55 Min. kräftig ausbacken.

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