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Sonntagscroissants

Während des Backkurses in Holland kam ich mit dem schwedischen Bäcker Manfred Enoksson auch auf Plunderteig zu sprechen. Als ich ihm sagte, daß beim Ausrollen des Teiges von Hand dieser oft störrisch ist, antwortete er, daß er deswegen seine Teige immer am Vorabend mache und sie mindestens 12 Stunden im Kühlschrank gehen lasse.

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Erst danach arbeite er die Butterplatte ein.

Natürlich! Die lange kalte Gare läßt den Teig zum einen sehr gut entspannen, zum anderen wird das beim Kneten entstanden Glutengerüst durch die Fermentation zusätzlich geschwächt.

Im Ergebnis sollte der Teig so viel elastischer sein, als kurz nach dem Kneten. An diesem Wochenende bot sich mir endlich genug Zeit, dieses Vorgehen auf die Probe zu stellen.

Selbstgemachter Plunderteig ist noch immer eine kleine Herausforderung für mich. Ich möchte noch mal kurz die wichtigste Voraussetzung nennen, die das Eintourieren von Butter in den Teig erleichtert: die Einhaltung der Temperatur!

Butter hat einen niedrigen Schmelzpunkt. Damit die Butter plastisch ist, also weder zu weich noch zu fest zum Tourieren, sollte der Teig zwischen 8-16°C beim Ausrollen haben und sich nicht durch eine zu warme Arbeitsfläche oder einen zu warmen Raum beim Rollen rasch erwärmen. Wer mag, kann auch etwas Mehl in die Butter einkneten, das hilft für die Plastizität. Mir ist das jedoch etwas zu viel Geschmier im Kneter und auf der Arbeitsfläche.

Im Winter kann die Raumtemperatur durch Öffnen eines Fensters und Abdrehen der Heizung 2-3 Stunden vor dem Tourieren gut gesenkt werden. Zusätzlich kann die (Stein-)Arbeitsfläche vor dem Tourieren durch Auflegen von Kühlakkus abgekühlt werden. Der Unterschied bei diesem Vorgehen zu einer warmen Arbeitsfläche ist frappierend. Wenn der Teig trotzdem zu weich wird, die Butter anfängt „glitschig“ zwischen den Schichten zu werden, dann sollte der Teig zwischengekühlt werden. Sich etwas zu beeilen beim Tourieren ist also auch nicht ohne Sinn.

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Das vorliegende Rezept dauert lang, hat aber den großen Vorteil, daß die Croissants am Sonntagmorgen bloß noch zuende aufgehen müssen und dann abgebacken werden. Von der Zeitplanung her sollte der Vorteig am Freitagabend hergestellt werden, der Hauptteig am Samstagmorgen. Samstags abends erfolgt dann der Hauptarbeitsschritt: das Tourieren und das Formen der Croissants. Diese reifen dann nochmals 12 Stunden im Kühlschrank gut abgedeckt, um am Sonntagmorgen nach ein- bis zweistündigem Aufgehen nur noch abgebacken zu werden. Wer zu wenig Platz im Kühlschrank hat, kann die Stückgare auch sofort am Samstagabend warm machen und die Croissants backen.

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Vorteig (Freitagabend):
125 g Weizenmehl T65
125 g Wasser
0,1 g Frischhefe
Gut verrühren und 12 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen.

Hauptteig (Samstagmorgen):
Vorteig
375 g Weizenmehl T65
155 g Milch
1 Vollei (50 g)
30 g Weizenanstellgut aus dem Kühlschrank
45 g Zucker
8 g Salz
12 g Frischhefe
30 g Butter

Den Hauptteig zu einem schön elastischen, glatten Teig auskneten (ca. 10-12 Minuten), in eine Schüssel geben und 12 Stunden im Kühlschrank ruhen lassen.

Samstagabend:
Die Butterplatte aus 250 g Butter zwischen zwei Frischhaltefolien ausrollen und nochmals kurz kalt stellen.

Wer den folgenden Arbeitsschritt noch nie gemacht hat, sollte ihn sich bei Dietmar einmal ansehen. Schöner könnte ich es nicht darstellen.

Den Teig auf der bemehlten Arbeitsfläche etwa doppelt so groß ausrollen, wie die Butterplatte. Die Butterplatte auflegen und den Teig zuklappen. Die Ränder gut andrücken und etwas gerade abstechen. Die erste einfache Tour geben.

Den Teig nochmals ausrollen und eine doppelte Tour geben. Wenn der Teig schön elastisch ist und Raumluft und Arbeitsfläche schön kalt, dann kann sofort eine dritte einfache Tour gegeben werden.

Den Teig nun für 60 Minuten abgedeckt in den Kühlschrank zum Entspannen stellen.
Den Teig auf der bemehlten Arbeitsfläche länglich ausrollen bis auf etwa 5-7 mm Dicke. Mit einem langen Messer oder einer scharfen Teigkarte spitzwinklinge Dreiecke ausstechen, an der Basis der Dreiecke in der Mitte einen senkrechten, etwa 1-2 cm langen Einschnitt machen. Diesen etwas auseinanderziehen und die Teiglinge von der Basis her straff aufrollen.

Die Croissant-Teiglinge auf ein Backblech mit Backpapier legen, dieses gut abdecken (Kunststofftüte) und für 12 Stunden in den Kühlschrank legen.

Sonntagmorgen:
Die Teiglinge mit Blech aus dem Kühlschrank herausholen und in der warmen Küche noch 1-2 Stunden aufgehen lassen. Derweil den Ofen auf 210 °C vorheizen. Vor dem Backen die Croissants mit einer Eistreiche abstreichen und ohne Schwaden für 18-20 Minuten konstant bei 210 °C abbacken.

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Hamburger Franzbrötchen

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Leckere Franzbrötchen – eine Hamburger Spezialität – habe ich schon häufiger gebacken, erst nach Ketex‘ Rezept, später mit abgewandelter eigener Rezeptur. Bislang kam ich nie dazu, sie zu fotografieren, geschweige denn zu verbloggen. Lutz stellte vor kurzem erneut ein Franzbrötchen-Rezept vor, das es im wahrsten Sinne des Wortes „in sich hat“.
Neben der üblichen Zimtzucker-Schicht sieht dieses Rezept das Eintourieren einer Butterplatte vor wie bei Plunderteig. So bilden sich mehr Teigschichten und die Brötchen werden nicht so trocken. Gestern kam ich endlich dazu, es selbst einmal so auszuprobieren. Den Water roux habe ich weggelassen und dafür die TA des Hauptteiges etwas erhöht. Sie gingen, obwohl sie vor dem Backen einen guten Stand hatten, dann etwas in die Breite, was dem Geschmack aber keinen Abbruch tut. Bestreichen oder schneiden braucht man diese kleinen Köstlichkeiten sowieso nicht, sie schmecken herrlich nach karamellisiertem Zimtzucker, schön buttrig und sind kurz nach dem Backen richtig knusprig.

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Ergibt 14 Franzbrötchen

English speaking readers please look below for the translation

Vorteig TA 200:
125 g Weizenmehl 550
125 g Wasser
1 kleines reiskorngroßes Stück Frischhefe
Gut vermengen und 12 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen.

Sauerteig:
50 g Weizenmehl 550
30 g Wasser
5 g Weizen-Anstellgut
Gut vermengen und bei Raumtemperatur 12 Stunden reifen lassen. Man kann die 85 g Sauerteig auch vom fest geführten Anstellgut nehmen.

Hauptteig:
Vorteig
Sauerteig
160 g Weizenmehl 550
170 g Dinkelmehl 630
160 g Milch (kalt)
10 g Frischhefe
8 g Zucker
10 g Salz
30 g Butter

250 g Butter für die Butterplatte

Zimtzucker zum Bestreuen

Den Teig mit dem Kneter erst auf langsamer Stufe, dann auf zweiter Stufe zu einem glatten und elastischen Teig auskneten. Die Butterplatte zwischen zwei Frischhaltefolien rechteckig bis zu einer Dicke von 0,5-0,7 cm ausrollen. Beides 30 Minuten kalt stellen.
Den Teig dann auf der Arbeitsplatte doppelt so groß ausrollen, wie die Butterplatte und diese auf eine Hälfte des Teiges legen. Die andere Hälfte bündig darüber klappen und die Ränder andrücken. Dann wie einen Geschäftsbrief von der kurzen Seite aus zu 1/3 einfalten und die andere Seite darüber klappen (1. Tour, 3 Butterschichten).
Wenn der Teig schön elastisch ist, kann sofort erneut rechteckig ausgerollt werden und nochmals wie ein Geschäftsbrief gefaltet werden (2. Tour, 9 Butterschichten). Dann den Teig für 60 Minuten kalt stellen, sonst wird die Butter zu weich und die Schichten reißen.
Nach dem Abkühlen den Teig rechteckig auf 40 x 70 cm ausrollen, dabei vorsichtig sein und darauf achten, daß die Arbeitsfläche gut bemehlt ist.
Die Teigplatte etwas mit Wasser bestreichen oder besprühen und großzügig mit Zimtzucker bestreuen. Von der langen Seite her mit Hilfe zweier Teigkarten vorsichtig straff zu einem Zylinder aufrollen. Darauf achten, daß der Schluß danach unten zu liegen kommt. Mit einem scharfen Messer werden nun Teiglinge von 5 cm Länge vom Zylinder abgeschnitten. Diese legt man – Schluß unten – auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech. Mit einem dünnen Stiel wird der Teigling nun parallel zu den Schnitten in der Mitte tief bis fast auf das Blech eingedrückt. Die Schnittflächen biegen sich hierdurch nach innen und die Teigschichten werden sichtbar.
Die Teiglinge läßt man dann 90 Minuten bei Raumtemperatur abgedeckt gehen, um sie dann in den auf 220° vorgeheizten Ofen einzuschieben. Mit Dampf anbacken für 5-6 Minuten, diesen dann ablassen und weitere 15-17 Minuten bei 200° zuende backen. Die Brötchen sollten schön braun sein und der Zucker karamellisiert.

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ENGLISH RECIPE

Franzbrötchen – Sweet Cinnamon-Rolls

Years ago I found and tried Ketex‘ recipe for a traditional sweet Roll from Hamburg called „Franzbrötchen“. This was a quite nice recipe and the kids loved them. A short time ago Lutz presented another approach to this Hamburg Speciality. By combining the cinnamon-sugar-layer with a kind of viennoiserie-style dough he achieved a more juicy crumb, than with the original recipe.
After admiring his stunning pictures i had to give it a try, too.
In my opinion the result is very convincing. The rolls are simply overwhelmingly crispy, sweet, full of flavor. One should enjoy them while they are still slighly warm.

Poolish:
125 grams of bread flour
125 grams of water
1 tiny bit of fresh yeast (rice-grain)
Mix properly and let mature for 12 hours at room temperature.

Sourdough:
50 grams of bread flour
30 grams of water
5 grams of stiff starter
Mix properly and let mature for 12 hours at room temperature. You can also simply take 80 grams of the stiff starter as sourdough, if this ammount is available.

Main dough
Poolish
Sourdough
160 grams of bread flour
170 grams of white spelt flour
160 grams of milk
10 grams of fresh yeast
8 grams of sugar
30 grams of butter
10 grams of salt

250 grams of butter for the lamination

Cinnamon-sugar for the sugar-layer

Mix all ingredients properly, first at slow speed until all is incorporated, then on second speed until a nicely developed dough has formed (windowpane). Roll out the butter in between two plastic-sheets to a rectangle 0,5-0,7 cm thick.
Roll out the dough twice as big as the butter-layer. Put the butter-layer on one side of the dough and fold the other side over the butter, press the edges together firmly. Then take the short side of the rectangle and fold it like a letter inwards 1/3 of the length. Fold the other 1/3 over the two other thirds (First tour, 3 butter layers). If the dough is still extensible enough, you can already roll it out again to a rectangle and do the same fold as before (Second tour, 9 butter layers). If not, let it chill for 30 minutes in the fridge properly covered and do the second fold afterwards.
Chill the dough then for 60 minutes in the fridge.
Then roll out the dough to a flat rectangle 40 x 70 cm. Wet the surface a little bit and sprinkle it generously with cinnamon-sugar (mixture of fine-ground cinnamon with coarse sugar). Coil up the dough from the long side until a 70 cm long cylinder has formed. With a sharp knife divide it into 14 five centimeter-long pieces. Put every piece with seam down on a baking sheet. With a thin wooden stick press down exactly in the middle of the roll, parallel to the cuts. The cuts fold to the inside and open up a little bit by this method.
Let the rolls rise at room temperature for 90 minutes.
Put them in the preheated oven at 220°C and give some steam. Release the steam after 5 minutes and bake the cinnamon rolls for another 15-17 minutes until fully brown and the sugar has caramellized.
Enjoy them slightly warm, they are best at this time!

Croissants au levain

Vor etwas mehr als einem Jahr habe ich mein Standard-Rezept für selbstgemachte Butter-Croissants veröffentlicht. Schon dieses Rezept ergibt aromatische und schmackhafte Plundergebäcke. Die Kombination von Sauerteig mit süßem Hefeteig verspricht jedoch noch intensivere Aromen. Durch einiges Experimentieren mit der Teigzusammensetzung habe ich das oben genannte Rezept weiter entwickelt. Neben der Verwendung von 2 Vorteigen hat es sich für mich als sehr vorteilhaft erwiesen, Weizen und Dinkelmehl zu mischen. Reine Weizenteige werden beim Tourieren schnell störrisch und lassen sich schwer ausrollen, reine Dinkelteige sind wieder zu elastisch und „laminieren“ nicht so schön. Die lange kalte Führung des bereits tourierten Hauptteiges bringt noch zusätzliche Aromen in den Teig. Funktionieren tut letzteres nur, wenn man die Hefemenge so reduziert, daß der Teig im Kühlschrank nicht wie ein Ballon aufgeht (das zerstört die Teigschichten) oder durch Verwendung von Bio-Frischhefe, die im Kühlschrank nur sehr wenig treibt. Also: die richtige Mischung machts und heraus kommen die wohl hübschesten und leckersten Croissants, die wir je gegessen haben.

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Poolish-Vorteig TA200:
100 g Weizenmehl 550
100 g Wasser
1 g Frischhefe
Gut vermischen und 12 Stunden ruhen lassen.

Weizensauerteig TA 160:
50 g Weizenmehl 550
30 g Wasser (handwarm)
5 g Weizenanstellgut
Gut vermischen und auch 12 Stunden ruhen lassen

Hauptteig:
Sauerteig
Poolish
200 g Weizenmehl 550
200 g Dinkelmehl 630
180 g kalte Milch
28 12 g Bio-Frischhefe * (oder 8 g normale Frischhefe)
35 g Zucker
40 g Butter
12 g Salz

250 g Butter für die Butterplatte

* Hinweis: in der Originalversion habe ich keine frische Bio-Hefe verwendet, inzwischen fand ich heraus, das frische Bio-Hefe wesentlich triebfertiger ist. Deshalb die Reduktion der Hefemenge.

Den Hauptteig zu einem schön elastischen, glatten Teig auskneten (ca. 10-12 Minuten, Fenstertest) und ihn 60 Minuten im Kühlschrank ruhen lassen. Die Butterplatte aus 250 g Butter zwischen zwei Frischhaltefolien ausrollen und ebenfalls noch mal kalt stellen.
Nun den Teig auf der bemehlten Arbeitsfläche etwa doppelt so groß ausrollen, wie die Butterplatte. Bilder der folgenden Schritte habe ich hier veröffentlicht, bei diesem Rezept wird genau so vorgegangen.
Die Butterplatte auflegen und den Teig zuklappen. Die Ränder gut andrücken und etwas gerade abstechen. Die erste einfache Tour geben. Den Teig nochmals ausrollen und sofort die zweite einfache Tour geben, dies geht wegen der durch das Dinkelmehl erreichten höheren Elastizität des Teiges sehr gut.
Den Teig nun für 60 Minuten abgedeckt in den Kühlschrank zum Entspannen stellen. Sodann ausrollen und die dritte einfache Tour geben und den Teig nun für 10-12 Stunden in den 4-5° kalten Kühlschrank zum reifen geben. Den Teigling mit einer Kunststofftüte überziehen, damit er nicht austrocknet.
Am Backtag den Teig aus dem Kühlschrank nehmen und 20-30 Minuten anwärmen lassen. Tut man das nicht, dann reißt die Teigoberfläche beim Ausrollen! Den Teig auf der bemehlten Arbeitsfläche länglich ausrollen bis auf etwa 5-7 mm Dicke. Mit einem langen Messer oder einer scharfen Teigkarte spitzwinklinge Dreiecke ausstechen, an der Basis der Dreiecke in der Mitte einen senkrechten, etwa 1-2 cm langen Einschnitt machen. Diesen etwas auseinanderziehen und die Teiglinge von der Basis her straff aufrollen und wie bei Croissants üblich halbmondförmig biegen.

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Auf einem mit Backpapier ausgelegten Blech 2 Stunden garen lassen. Aus einem Eigelb und 8 Eßlöffeln Milch sowie einer Prise Zucker und Salz eine Eistreiche herstellen. Mit einem weichen Pinsel die Teiglinge satt einpinseln.

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In den auf 200° aufgeheizten Ofen geben und schwaden. Man lernt zwar, daß man bei Eistreichen nicht schwaden braucht, doch meine Erfahrung ist, daß Croissants noch besser aufgehen, wenn man es doch tut. Nun kann man sich dem Ofenkino hingeben, während Küche und angrenzende Räume sich mit dem süßlich-aromatischen Duft frisch gebackenen Feingebäcks füllen, daß allen das Wasser im Mund zusammenläuft.

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Schwaden nach 10 Minuten ablassen und bis zur vollen Bräune ausbacken. Darauf Acht geben, daß sie nicht zu dunkel werden.
Bon appétit!

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