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Plunderteig / Croissant

Hobbybrotbacken ist ein bekannterweise großes Spiel mit Improvisationen. Das gilt insbesondere bei Plunderteig. Um unsere Backergebnisse jenen aus dem Profibereich anzunähern, müssen wir zwangsweise die Mittel und Methoden der Profis in der heimischen Küche imitieren.

Feinblättrige knusprige Croissants mit delikatem Butteraroma – ein wahrer Hochgenuss

Ihr wisst ja, dass ich beim Brot zu den frankophilen Zeitgenossen zähle. Gibt es Baguette, Landbrot und Croissant, dann lasse ich alles andere stehen. Naturgemäß habe ich mich nach meinen Erfolgen mit Baguettes schon früh an den Angstgegner der Hobbyisten gemacht, den Plunderteig. Mit der Zeit habe ich es auch von Hand immer besser und besser hinbekommen. Habe Kurse besucht und Erkenntnisse gewonnen. Plunder ist deshalb schwer, weil sich die Möglichkeiten der Profis zuhause nur unter größerem Aufwand mit mit viel Geduld imitieren lassen. Zu viele Parameter müssen stimmig sein, als dass man Plunder-Rezepte zuhause als „gelingsicher“ bezeichnen könnte.

Da läuft das Wasser im Mund zusammen
Die Hammer-Croissants von 2014, die ich niemals vergessen werde

Eines ist mir nämlich in bleibender Erinnerung geblieben: Meine Backreise in die Bourgeois-Mühle im Herbst 2014. Dort stellten wir auch frischen französischen Plunder her, und zwar mit einem professionellen Teig-Ausrollgerät (Dough-Sheeter) in einem auf 16 °C klimatisierten Raum. Dieses Gerät erleichterte die Arbeit so ungemein und erledigte das Ausrollen so deutlich gleichmäßiger und präziser, dass ich seither den Traum gehegt habe, einmal ein solches Gerät zu besitzen. Manfred Schellin hat mir damals schon prophezeit, dass ich mir irgendwann mal einen Mini-Teigsheeter anschaffen würde.

Teig-Ausrollgeräte / Dough-Sheeters

Leider sind solche Geräte üblicherweise sehr kostspielig und nehmen einen riesigen Platz weg, was mich lange vom Kauf abgehalten hat. Dann sah ich in einer Facebookgruppe, dass sich jemand aus der Ukraine einen hobbytauglichen Teig-Sheeter bestellt hatte, der aufgrund des rein manuellen Betriebes auch noch geradezu günstig war. Kurzentschlossen habe ich zugegriffen. Der Versandhändler, Denys aus Dnipropetrovsk, hat den Versand hochprofessionell und im Eilverfahren organisiert.

Fünf Tage nach Bestellung hatte ich das Gerät hier. Zu den 400,- Euro Kosten kamen noch 55 Euro Zoll hinzu, die ich erstmals mit großer Freude online entrichten konnte. Ich erinnere mich noch mit gleichzeitigem Schaudern und Schmunzeln an meine Besuche im Hauptzollamt Gelsenkirchen an der Uferstraße 1 in den letzten Jahren, um Bestellungen aus den USA zu verzollen und abzuholen. Wer dieses Amt mal besucht hat, hat deutsche Bürokratie und Amtsschimmel in Reinform erlebt.

Der ukrainische Mini-Teigsheeter. Robust und absolut praxistauglich.

Inzwischen ist das Gerät dreimal in Gebrauch gewesen und ich bin echt glücklich. Es beschleunigt den Prozess des Teigausrollens so enorm und macht die Herstellung von Plunder so viel einfacher, dass der Aufwand nun hier bei uns kein Hindernis sein wird. Jetzt hält mich nur noch das schlechte Gewissen vor der Waage davon ab, zu regelmäßig Croissants zu machen.

Tourierbutter

Improvisation ist bei Plunderteig auch bei der Butter gefragt. Wenn wir normale Supermarktbutter nehmen gibt es oft das Problem, dass diese schon bei Temperaturen um die 16 bis 18 °C sehr weich wird und ihre Plastizität verliert. Diese Temperaturen sind in der heimischen Küche bei „Handarbeit“ schnell überschritten und neben ungleichmäßigem Auswalzen der Hauptgrund, warum Viele an der gewünschten Blätterung der Krume scheitern.

Profi-Tourierbutter aus dem Großhandel – reine Butter und kein (!) Ziehfett.

Auch darauf hatte ich „keinen Bock“ mehr. Die Profis nutzen Tourierbutter. Diese hat einen höheren Schmelzpunkt und ist daher länger plastisch ohne zu schmelzen. Ich wandte mich an verschiedene Hersteller von Tourierbutter um herauszufinden, wo ich diese auch als Normalsterblicher erwerben kann. Man verwies mich an einen Bäckerei-Großhändler und nach Kontakt mit diesem konnte ich ein Paket mit belgischer Tourierbutter von Corman erwerben.

Nötig ist zum Einkauf im Großhandel allerdings immer ein Gewerbeschein, über den ich durch meine Kooperation mit Heidi Schlautmann allerdings zum Glück verfüge. Ich habe mir aber sagen lassen, dass man die Platten auf Nachfrage aber auch bei Bäckereien abkaufen kann, die noch selbst Plunder herstellen.

Mein derzeitiges Standardrezept für Plunderteig möchte ich an dieser Stelle erneut mit Euch teilen. Es stellt eine Weiterentwicklung meiner bisherigen Rezepte dar. Gegenüber jenen habe ich in den letzten Monaten die Teigausbeute reduziert und auch den Butteranteil reduziert. Dadurch ist das Auswellen zwar etwas anspruchsvoller, aber die Krume wird schöner und die Teiglinge haben mehr Stand. Maschinell ist der Teig mit der niedrigeren Teigausbeute sowieso problemlos auszuwalzen. Habe Euch auch Mehlalternativen genannt, die mit dem Rezept genauso gut funktionieren.

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Plunder / Croissant

Mein Basisrezept für französischen Plunder
Reifezeit Teiglinge3 Stunden
Arbeitszeit gesamt1 Stunde 30 Minuten
Produkt: Süße Versuchungen
Triebmittel: Hefeteig
Keyword: Croissant, Plunderteig
Portionen: 9 Croissants

Zutaten

  • 65 g Wasser kalt
  • 85 g Milch kalt
  • 30 g Vollei
  • 30 g Sauerteig-Anstellgut gelagert
  • 150 g Emmermehl
  • 150 g Weizenmehl 550
  • 10 g Butter
  • 30 g Zucker
  • 6 g Frischhefe
  • 5 g Salz

Mehlalternative 1 (statt 150 g Emmermehl und 150 g Weizenmehl 550)

Mehlalternative 2 (statt 150 g Emmermehl und 150 g Weizenmehl 550)

Mehlalternative 3 (statt 150 g Emmermehl und 150 g Weizenmehl 550)

Butterplatte

  • 200 g Süßrahmbutter
  • etwas Mehl

Eistreiche

  • 1 Eigelb
  • 1 EL Wasser

Anleitungen

  • Den Hauptteig am Vorabend herstellen. Alle Zutaten in die Knetmaschine geben und bei langsamer Knetgeschwindigkeit etwa 8 bis 10 Minuten zu einem homogenen glatten Teig kneten.
  • Den Teig sofort abgedeckt in den Kühlschrank bei 5 °C stellen und 12 bis 20 Stunden reifen lassen.
  • Den Raum möglichst kühlen auf unter 18 °C wenn möglich. Dafür sorgen, dass die Arbeitsfläche ebenfalls kühl ist (unter 18 °C). Wenn Euch das gelingt, dann erleichtert ihr Euch die Arbeit ungemein.
  • Die rechteckige Butterplatte aus 200 g Süßrahmbutter (am besten Tourierbutter) herstellen. Die Dicke der Platte sollte etwa 1 cm betragen.
  • Den Teig aus dem Kühlschrank nehmen und auf etwa doppelte Größe der Butterplatte auswalzen. Die Butterplatte auf die Teigplatte legen und präzise in den Teig einschlagen. Hier bitte präzise arbeiten und überstehende Teigränder abstechen. Je genauer ihr in diesem Schritt arbeitet, desto leichter werden Euch die nächsten Schritte fallen. Die Teigreste könnt ihr entweder auf den Teig legen und mit auswalzen oder zu einer Kugel rollen und als "Reste-Brot" später mitbacken.
  • Das entstandene rechteckige Teig/Butterstück gleichmäßig länglich rechteckig auswalzen. Eine doppelte Tour legen. Hierzu beide kurze Seite zur Mitte hin falten. Dann die beiden Teighälften nochmal übereinanderlegen, so dass vier Teigschichten entstehen.
  • Wenn der Teig noch kühl ist und der Raum auch sofort zum zweiten Mal auswellen. Wer eine Teigausrollmaschine hat, kann diesen Schritt immer sofort machen. Den Teig wieder zu einem länglichen Rechteck von ca. 6-7 mm Dicke auswalzen. Dann eine einfache Tour legen. Hierzu den Teig wie einen Geschäftsbrief zusammenfalten.
  • Den Teig im Kühlschrank abgedeckt 15 bis 20 Minuten ruhen lassen.
  • Den Teig zu einem länglichen Teigstück von 3 bis 4 mm auswalzen. Wenn von Hand gearbeitet wird und der Teig störrisch ist, eine Zwischenruhe einlegen.
  • Aus dem Teig 9 spitzwinklige Dreiecke ausschneiden. Die langen Seiten sollten mindestens doppelt so lang sein, wie die Dreiecks-Basis.
  • Von der Basis her straff zu Croissants aufrollen. Die Spitze des Dreiecks kommt unter dem Teigling zu liegen.
  • Auf ein Backblech mit Backpapier legen und gut abdecken. Mindestens 3 Stunden bei 22-24 °C aufgehen lassen. Die Teiglinge müssen deutlich vergrößert sein (siehe Foto).
  • Aus 1 Eigelb und 1 EL Wasser eine Eistreiche herstellen. Mit einem weichen Pinsel die Eistreiche auf die Teiglingsoberfläche auftragen. Dabei die Schnittränder nicht einstreichen, sonst reißen sie später nicht so schön auf.
  • Bei 210 °C Heißluft/Umluft ohne Schwaden für 14-16 Minuten backen. Nach dem Backen für einen schönen Glanz mit Wassernebel besprühen.

Der Blogbeitrag enthält Links zu kommerziellen Anbietern und damit Werbung. Hierfür habe ich keine Zuwendungen erhalten.

Sonntagscroissants

Während des Backkurses in Holland kam ich mit dem schwedischen Bäcker Manfred Enoksson auch auf Plunderteig zu sprechen. Als ich ihm sagte, daß beim Ausrollen des Teiges von Hand dieser oft störrisch ist, antwortete er, daß er deswegen seine Teige immer am Vorabend mache und sie mindestens 12 Stunden im Kühlschrank gehen lasse.

Cro3

Erst danach arbeite er die Butterplatte ein.

Natürlich! Die lange kalte Gare läßt den Teig zum einen sehr gut entspannen, zum anderen wird das beim Kneten entstanden Glutengerüst durch die Fermentation zusätzlich geschwächt.

Im Ergebnis sollte der Teig so viel elastischer sein, als kurz nach dem Kneten. An diesem Wochenende bot sich mir endlich genug Zeit, dieses Vorgehen auf die Probe zu stellen.

Selbstgemachter Plunderteig ist noch immer eine kleine Herausforderung für mich. Ich möchte noch mal kurz die wichtigste Voraussetzung nennen, die das Eintourieren von Butter in den Teig erleichtert: die Einhaltung der Temperatur!

Butter hat einen niedrigen Schmelzpunkt. Damit die Butter plastisch ist, also weder zu weich noch zu fest zum Tourieren, sollte der Teig zwischen 8-16°C beim Ausrollen haben und sich nicht durch eine zu warme Arbeitsfläche oder einen zu warmen Raum beim Rollen rasch erwärmen. Wer mag, kann auch etwas Mehl in die Butter einkneten, das hilft für die Plastizität. Mir ist das jedoch etwas zu viel Geschmier im Kneter und auf der Arbeitsfläche.

Im Winter kann die Raumtemperatur durch Öffnen eines Fensters und Abdrehen der Heizung 2-3 Stunden vor dem Tourieren gut gesenkt werden. Zusätzlich kann die (Stein-)Arbeitsfläche vor dem Tourieren durch Auflegen von Kühlakkus abgekühlt werden. Der Unterschied bei diesem Vorgehen zu einer warmen Arbeitsfläche ist frappierend. Wenn der Teig trotzdem zu weich wird, die Butter anfängt „glitschig“ zwischen den Schichten zu werden, dann sollte der Teig zwischengekühlt werden. Sich etwas zu beeilen beim Tourieren ist also auch nicht ohne Sinn.

Cro1

Das vorliegende Rezept dauert lang, hat aber den großen Vorteil, daß die Croissants am Sonntagmorgen bloß noch zuende aufgehen müssen und dann abgebacken werden. Von der Zeitplanung her sollte der Vorteig am Freitagabend hergestellt werden, der Hauptteig am Samstagmorgen. Samstags abends erfolgt dann der Hauptarbeitsschritt: das Tourieren und das Formen der Croissants. Diese reifen dann nochmals 12 Stunden im Kühlschrank gut abgedeckt, um am Sonntagmorgen nach ein- bis zweistündigem Aufgehen nur noch abgebacken zu werden. Wer zu wenig Platz im Kühlschrank hat, kann die Stückgare auch sofort am Samstagabend warm machen und die Croissants backen.

Cro4

Vorteig (Freitagabend):
125 g Weizenmehl T65
125 g Wasser
0,1 g Frischhefe
Gut verrühren und 12 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen.

Hauptteig (Samstagmorgen):
Vorteig
375 g Weizenmehl T65
155 g Milch
1 Vollei (50 g)
30 g Weizenanstellgut aus dem Kühlschrank
45 g Zucker
8 g Salz
12 g Frischhefe
30 g Butter

Den Hauptteig zu einem schön elastischen, glatten Teig auskneten (ca. 10-12 Minuten), in eine Schüssel geben und 12 Stunden im Kühlschrank ruhen lassen.

Samstagabend:
Die Butterplatte aus 250 g Butter zwischen zwei Frischhaltefolien ausrollen und nochmals kurz kalt stellen.

Wer den folgenden Arbeitsschritt noch nie gemacht hat, sollte ihn sich bei Dietmar einmal ansehen. Schöner könnte ich es nicht darstellen.

Den Teig auf der bemehlten Arbeitsfläche etwa doppelt so groß ausrollen, wie die Butterplatte. Die Butterplatte auflegen und den Teig zuklappen. Die Ränder gut andrücken und etwas gerade abstechen. Die erste einfache Tour geben.

Den Teig nochmals ausrollen und eine doppelte Tour geben. Wenn der Teig schön elastisch ist und Raumluft und Arbeitsfläche schön kalt, dann kann sofort eine dritte einfache Tour gegeben werden.

Den Teig nun für 60 Minuten abgedeckt in den Kühlschrank zum Entspannen stellen.
Den Teig auf der bemehlten Arbeitsfläche länglich ausrollen bis auf etwa 5-7 mm Dicke. Mit einem langen Messer oder einer scharfen Teigkarte spitzwinklinge Dreiecke ausstechen, an der Basis der Dreiecke in der Mitte einen senkrechten, etwa 1-2 cm langen Einschnitt machen. Diesen etwas auseinanderziehen und die Teiglinge von der Basis her straff aufrollen.

Die Croissant-Teiglinge auf ein Backblech mit Backpapier legen, dieses gut abdecken (Kunststofftüte) und für 12 Stunden in den Kühlschrank legen.

Sonntagmorgen:
Die Teiglinge mit Blech aus dem Kühlschrank herausholen und in der warmen Küche noch 1-2 Stunden aufgehen lassen. Derweil den Ofen auf 210 °C vorheizen. Vor dem Backen die Croissants mit einer Eistreiche abstreichen und ohne Schwaden für 18-20 Minuten konstant bei 210 °C abbacken.

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