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Ohrenbrot-Bericht / Norwegen

Heute habe ich noch kein neues Rezept zu bieten. Wir waren ein paar Tage in Norwegen im Kurzurlaub und haben die dortige Freiheit der Natur (und des Denkens) in jeder Hinsicht genossen. Die Norweger haben, trotz nur um wenige Prozent höherer Impfquote als bei uns, inzwischen fast alle Pandemiemaßnahmen aufgehoben.

Ich will voranschicken, dass ich als Mediziner die meisten der hiesigen Maßnahmen bis in diesen Sommer hinein gutgeheißen habe. Und zum Teil in bestimmten Bereichen wie zum Beispiel dem Gesundheitssystem, immer noch gutheiße. Auch muss ich sagen, dass unser gesamtes Praxisteam seit März 2020 wirklich alles dafür gegeben hat, dass die Maßnahmen, die unbestrittetermaßen „Kollateralschäden“ mit sich bringen, nun irgendwann ein Ende haben.

Umso unverständlicher erscheint es mir, dass nun Prozentefuchserei um eine sowieso nicht ganz genau zu bestimmende Impfquote betrieben wird, um irgendwie argumentativ um die Entscheidung herumzukommen, den Menschen wieder ihre eigene Verantwortung in medizinischen Dingen zurückzugeben. So wie es vor 2 Jahren gang und gäbe war. Die Menschen durften bis auf wenige Ausnahmen für sich selbst entscheiden, ob und mit welchen Maßnahmen sie sich vor einer infektiösen Krankheit schützen wollen.

Die Norweger haben ganz offensichtlich eine in dieser Hinsicht mutigere Legislative. Jedenfalls fühlte es sich auch intellektuell unendlich befreiend an, die Maske nicht mehr in medizinisch sinnlosen Situationen anlegen zu müssen. Wie zum Beispiel dem kurzen Weg von der Restauranttür zum Tisch oder an Deck einer Fähre. Wer sich schützen wollte, konnte das weiter tun. Ich wünsche mir sehr, dass unsere „Entscheidungsträger“ in nicht allzulanger Zeit auch endlich zu der Erkenntnis kommen, dass diese Pandemie bislang noch jegliches mathematische Vorhersagemodell Lügen strafte, und Medizinökonomen, die im Wochentakt Kassandrarufe ausstoßen, nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen haben.

Aber ich möchte das Thema nicht breittreten und bitte Euch auch, von ideologischen Diskussionen darüber hier im Blog Abstand zu nehmen. Oslo im Herbst ist einfach unendlich schön und auf jeden Fall eine Reise wert, Maskenpflicht hin oder her. Ich möchte eine kleine Fotogallerie mit Euch teilen, die das eindrucksvoll deutlich macht.

Vorstellen möchte ich Euch auch einen Bericht über einen der Online-Backkurse, die ich zusammen mit Heidi Schlautmann gebe. Beim Baguette-Kurs Mitte September hat Wolfgang Schüttler, der gemeinsam mit Milena Drefke den Ohrenbrot-Podcast produziert, teilgenommen. Nun hat er einen sehr interessanten Bericht darüber erstellt, den anzuhören sich sehr lohnt. Ihr findet ihn hier auf der Mipano-Seite. Hört ihn Euch doch mal an!

Der Brotdoc bei MIELE

Im Februar habe ich ja schon ausführlicher von meiner neuen Ofenausstattung berichtet, u.a. über die Gründe, warum ich von MIELE zu SIEMENS gewechselt bin. Kurz darauf bekam ich Kontakt mit dem Leiter der Versuchsküche im Miele Werk Oelde, Herrn Masjosthusmann. Dort werden die Miele-Backöfen hergestellt. Wir vereinbarten ein Telefonat, das Anfang März stattgefunden hat. Hierbei haben wir uns offen über die Probleme ausgetauscht, die ich mit meinem Miele-Backofen in der Vergangenheit hatte.

Die Sache hat eine Vorgeschichte. Als ich den Ofen im Jahr 2011 kaufte, interessierte mich besonders die Dampffunktion „Klimagaren“. Nach vielen Backversuchen kam ich damals aber zu der Ansicht, dass diese Dampffunktion allenfalls zum Brotbacken einigermaßen geeignet war, aber nicht für Kleingebäck / Baguettes usw., weil der Ofen nicht gleichzeitig heizte und Dampf erzeugte, und die Dampferzeugung sehr unflexibel zu handhaben war. Ich versuchte schon damals, mit dem Kundenservice zu klären, warum das so ist. Nachdem man mich damals sogar bis nach Oelde durchgestellt hat, wurde mir gesagt, dass der Ofen technisch dazu nicht in der Lage sei. In der Folge habe ich dann wieder manuell geschwadet, mit der bekannten Edelstahlwanne. Mein zweites Problem war, dass der Ofen relativ undicht war, und das Schwaden sich hierdurch nur mit Tricksereien effektiv gestalten ließ. Dennoch habe ich nun fast 9 Jahre mit dem alten Ofen gebacken und fast alle Brote in diesem Blog sind darin entstanden.

Während des Gesprächs Anfang März wurde mir erläutert, warum und wie diese technischen Probleme, die in der ersten Klimagaren-Ofengeneration noch vorhanden waren, inzwischen gelöst oder teilweise umgangen werden. Ich konnte auch Anregungen geben, welche Bedürfnisse uns Brotenthusiasten am Herzen liegen (heißere Ofentemperatur bis 300 °C, flexiblerer / effektiverer Dampfstoß). Zum Ende des Gesprächs lud man mich zu meiner Freude nach Oelde in das dortige Werk ein, um mit den neuen Gerätegenerationen zu backen.

Und dann begann die Coronavirus-Pandemie und die Kontaktbeschränkungen.

Die Miele-Aktivküche im Werk Oelde

Das ist der Grund, warum ich erst heute nach Oelde fahren konnte. Unter Beachtung der notwendigen Abstandsregeln und Schutzmaßnahmen habe ich einige der aktuellen Öfen mit zwei meiner Rezepte testen können. Dabei eines der aktuellen Spitzenmodelle aus der Klimagaren-Serie (H7860BP) und ein Einsteigermodell ohne Beschwadung (H2265-1BP), sowie ein sogenannter „Dialoggarer“ (DO7860). Letzterer ist eine Kombination aus Ofen, Dampfgarer und Frequenz-Garer (elektromagnetische Wellen). Hierdurch werden Lebensmittel nicht von innen nach außen außen nach innen gegart, sondern gleichzeitig außen und innen, was zu einer deutlichen Zeitersparnis führt. Dazu später mehr.

Ich habe zwei anspruchsvollere Rezepte ausgewählt, an denen sich die Effektivität eines Haushaltsofens für das Hobbybrotbacken einschätzen lässt. Meine Version von Dietmar Kappls Baguettes und das Rezept eines Weizensauerteigbrots, das ich immer in meinen Backkursen mit Heidi Schlautmann backe. Die Teige habe ich vorbereitet mitgebracht und bei Miele nur noch geformt, reifen lassen und dann in den verschiedenen Öfen gebacken.

Die Öfen haben diese Teste mit guten Ergebnissen bestanden. Die Baguettes haben in den beiden erstgenannten Öfen tolle Ausbünde entwickelt. Geschwadet wurde einmal mit der Klimagaren-Funktion, in den Einstiegsöfen einmal mit meiner Schwadenwanne und einmal mit Schellis „Schwadomat“. Alle drei Ergebnisse lassen sich sehen.

Auch das Weizensauerteigbrot mit hohem Vollkornanteil ist prima in allen Öfen gelungen. Auch im Dialoggarer, einer zugegebenermaßen ungewöhnlichen Art, zu „backen“. Neben der Hitze des Ofens wird der Teig auch innen durch elektromagnetische Wellen (ähnlich einer Mikrowelle) gegart. Das darin gebackene Brot war nach 30 Minuten fertig, während in den anderen Öfen die üblichen 55 Minuten gebacken werden musste. Es bestanden lediglich geringe Unterschiede im Volumen und in der Krumenstruktur. Die Krume aus der „Back-Mikrowelle“ war etwas heller und die Porung ein wenig feiner. Die Kruste war etwas ungleichmäßig gebräunt. Aber seht selbst.

Nach dem Backen durfte ich mir noch die Produktionshallen und die Ausstellung des Werks ansehen. Da Coronabedingt derzeit Kurzarbeit angeordnet ist, stand die Produktion heute nachmittag still. Dennoch konnte ich eindrucksvolle Dinge sehen, u.a. mit wie viel menschlichem Einsatz und Qualitätsanspruch dort noch produziert wird, z.B. in der Emaillierung der Bleche und der Ofeninnenräume. Oder in der Fertigung der Edelstahl-Innenräume der Dialoggarer. Allein mehrere Bereiche / Räume im Werk dienten Testvorrichtungen, um die Dauerbelastbarkeit der Geräte zu prüfen. Also Hydrauliken, die immer wieder die Ofentür öffneten und schlossen, um die Dauertauglichkeit der Scharniere zu prüfen. Oder die den Ofen immer wieder voll aufheizten und wieder abkühlen ließen. Und ein Schutzraum, in dem Öfen absichtlich manipuliert werden, um ihr Brandrisiko zu prüfen. Diese Öfen heizen ohne Schutz auf, bis sie sozusagen fast glühen. Dann wird geprüft, welches Bauteil die größte Schwachstelle im Brandschutz ist. Faszinierend. Im Werk selbst herrscht leider absolutes Fotografie-Verbot, so dass ich Euch meine Eindrücke nur schildern kann.

Hochinteressant auch, dass ein Teil der dortigen Produktion exklusiv für die USA stattfindet und sich an den dortigen Gerätedimensionen und Bedürfnissen orientiert.

Der Besuch war konstruktiv und spannend. Die anwesenden Mitarbeiter waren sehr interessiert an den Improvisationen von uns Brotback-Verrückten wie Backstählen, Schwadenwannen usw. . Ich konnte auch durchaus klar machen, dass für uns nicht weitergehende Automatisierungen der Backvorgänge wichtig sind, sondern, auch selbst flexibel in die Vorgänge eingreifen zu können. So stört mich z.B. immer noch, dass im modernen Klimagar-Ofen der Dampfstoß nicht flexibel steuerbar ist und beispielsweise der erste Dampfstoß ineffektiver ist, als der zweite. Man hat hier sicher eher eine Klientel im Auge, die ihr „schnelles Brot“ in den Ofen schieben und erst dann wiederkommen möchte, wenn es fertig gebacken ist. Menschen, die sich mit der Ofenführung nicht auseinandersetzen wollen. Ich glaube, meine Bedenken hierzu sind angekommen. Das Steuern des Bedampfens hat Siemens wirklich besser gelöst, wenn ich auch nun weiß, dass im Miele dank besserer Technik eine deutlich größere Dampfmenge pro Minute erzeugt wird.

Ich bin gespannt, was nach diesem Besuch in der zukünftigen Ofengeneration, die derzeit in der Entwicklung ist, zur Umsetzung kommt. Ich möchte mich auch an dieser Stelle für die Einladung in das Werk Oelde herzlich bedanken.

Gleichzeitig deklariere ich sicherheitshalber, dass ich keinerlei Zuwendungen von Miele erhalten habe, sondern den Besuch auf eigene Kosten unternommen habe. Meine Äußerungen stellen rein meine eigene Meinung dar.

Weinheimer Brotforum 2020

Nachdem ich 2019 schon einmal als Teilnehmer beim Weinheimer Brotforum angemeldet war, wurde es heute für mich ernst. Kurz darauf fragte mich der Leiter der Akademie, Bernd Kütscher, ob ich auch bereit wäre, die Position der Hobbyisten, Amateure und Brotinteressierten in einem Vortrag beim nächsten Brotforum zu vertreten.

Da ich so meine Probleme damit habe, nein zu sagen, stand ich also heute in Weinheim beim 4. Weinheimer Brotforum selbst auf der Bühne mit dem Thema „Die riesige Brotcommunity im Web“. Um es vorweg zu nehmen: neben den vielen großartigen Vorträgen, deren Inhalt und Qualität mich wirklich umgehauen hat, war ich wahrscheinlich in meiner westfälisch reservierteren Art ein wenig der Außenseiter. Was heute an Introspektion, Aufbruchstimmung und selbstkritischen Blicken auf den derzeitigen Stand des deutschen Bäckerhandwerks geboten wurde, hat jedem Eindruck widersprochen, den z.B. die kürzliche ZDF Sendung darüber vermittelt hat.

Karl de Smedt mit dem denkwürdigen Leitspruch der Firma Puratos

Dabei fühlte ich mich oft in vielen meiner eigenen Überlegungen zur Zukunft des Bäckerhandwerks bestätigt. Es wird nicht mehr funktionieren, einen Massenmarkt mit Produkten bedienen zu wollen, die die Industrie in ähnlicher Qualität aber zu günstigerem Preis über Discounter und Co. vertreibt. Das Handwerk hat nur noch eine Chance durch Spezialisierung/Alleinstellung, kompromisslosem Qualitätsanspruch bei Rohstoffen und Produkt, Transparenz und Ehrlichkeit und authentischem „Trommeln“. Dann finden sich mehr als genug Kunden, die für Brot mit so gutem Gefühl einen ganzen Haufen Geld ausgeben werden. Das gilt insbesondere in den Großstädten. Hier auf dem Land wird dieser Umbruch wahrscheinlich noch länger dauern. Und mal ganz ehrlich gesagt: das Thema ist ja nicht nur ein Thema für Bäcker. Auch niedergelassene Ärzte müssen gut überlegen, wie sie sich in Zukunft aufstellen, während in der Politik laut über Gesundheits-Apps, Online-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und andere Dinge gesprochen wird. Es sind ja nicht nur die Bäcker alleine, die einen Weg finden müssen, sich unter den sich ändernden Bedingungen der modernen digitalen Welt zu behaupten. Auch bei uns muss überlegt werden: was können wir besser als irgendein automatisierter Vorgang??

Die Zukunft des Bäckerhandwerks ist weiblich: Christa Lutum, Marie Simon, Ava Celik und Sophie Hinkel in der Podiumsdiskussion. Als Moderator fungierte Prof. Michael Kleinert.
Während meines Vortrags. (Bild: Akademie deutsches Bäckerhandwerk, Weinheim)

Mein Vortrag beschäftigte sich also mit der Brot-Community. Kein „unkompliziertes“ Thema, denkt man einmal an die inzwischen eingetretene Fraktionierung in verschiedene Gruppen, viele Blogs und andere Seiten. Instagram nicht zu vergessen. Mir lag daran, all diese Aspekte im Vortrag zu nennen, ohne damit irgendeine Wertung zu verbinden. Alle Namensnennungen im Vortrag sind rein subjektiv und ohne Hintergedanken. Vor allem lag mir aber daran, an die vielen anwesenden Profis die Botschaft zu richten, dass unsere seit vielen Jahren aufgebaute Brot-Community ein perfekter Ort ist, um endlich auch hierzulande mehr miteinander und weniger übereinander zu reden.

Volles Haus

Diese ungute deutsche Trennung von Profi und Amateur kenne ich so in internationalen Brot-Gruppen nicht. Ganz im Gegenteil, dort entscheidet nicht ein Ausbildungszertifikat über die Qualifikation eines Teilnehmers, sondern dessen Wissen und Qualität der Partizipation.

Ich hoffe, dass diese Botschaft wohlwollend angenommen wird. Die Power-Point-Folien zu meinem Vortrag könnt ihr Euch hier ansehen.

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Einige interessante Menschen konnte ich auch kennenlernen, u.a. Karl de Smedt von der Puratos Sauerteigbibliothek in St. Vith, Belgien. Jochen Baier, World Baker des Jahres 2018, und Thomas Lepold, der interessante Einblicke in die Nutzung von Ackerbohnenmehl zur gezielten Erhöhung des Ballaststoff und Eiweißgehaltes von Brotteigen gab. Auch ein Wiedersehen mit Sigfried Brenneis, Axel Schmitt, Tobias Exner, Sebastian Däuwel und mit Wolfgang Heyderich, meinem Weggefährten auf der Rückreise aus Frankreich 2014, gab es.

Jochen Baier präsentiert seine wirklich leckeren Brote

Alles in allem eine tolle Veranstaltung, deren Besuch sich auch für mich als Amateur sehr gelohnt hat.

Frankfurt 2019

„Willkommen in Mainhattan“ – so schrieb eine Facebook-Freundin, als ich am vergangenen Donnerstag ein paar Fotos von der Frankfurter Skyline dort einstellte. Frankfurt am Main – Weltstadt mit allen positiven und negativen Seiten – ist einmal jährlich Veranstaltungsort einer der größten Buchmessen der Welt.

Da die Frankfurter Buchmesse in diesem Jahr sehr passend in die Herbstferien meiner Kinder fiel, und meine Große bereits mit 15 Jahren ein nicht unbeträchtliches schriftstellerisches Talent zeigt, habe ich die Messe mit den drei Mädels besucht. Es kam hinzu, dass ich wie bekannt selbst wieder ein Buch schreibe, das im Jahr 2020 erscheinen wird.

Rund um die Buchmesse wird – wie vor vier Jahren – immer noch heftig gebaut

Es gab also einige Termine auf der Messe für mich – und viel zu entdecken für meine drei Töchter.

Am Stand des Ulmer-Verlages gab es eine sehr herzliche Begrüßung durch die Mitarbeiter – wir kennen uns seit der Buchmesse vor vier Jahren und der Verfassung des Brotbackbuch Nr. 2, das ich gemeinsam mit Lutz Geißler geschrieben habe. Mittlerweile ist das Brotbackbuch Nr. 4 erschienen, das sich ganz dem Backen mit Sauerteig widmet. Ich konnte erste Blicke ins Buch werfen und habe heute ein Rezensionsexemplar erhalten, das ich demnächst im Blog besprechen werde.

Treffen mit Valesa Schell

Es gab sogar kurz Gelegenheit zum Gespräch mit Lutz der, von einem anderen Termin kommend, vorbeischaute. Getroffen habe ich auch Valesa Schell, mit der ich ein sehr nettes Gespräch führen konnte. Beim Stand des Christian-Verlages, bei dem mein neues Buch erscheinen wird, schaute ich auch kurz vorbei.

Beeindruckend war auch eine Kochaktion, die während des laufenden Messebetriebs zur Vorstellung des Buchs „Loretta kocht echt italienisch“ vorgeführt wurde. Unterstützt durch die beiden Fotografen Julia Hildebrand und Ingolf Hatz, die kürzlich sämtliche Rezepte meines neuen Buchs gebacken und fotografisch meisterhaft in Szene gesetzt haben, kochte Loretta Spezialitäten, die nachher verkostet werden durften. Sehr lecker!

An dieser Stelle noch mal meinen herzlichen Dank an Julia und Ingolf, bei denen ich vor vier Wochen zu Gast war, um bei der Backaktion Unterstützung zu geben!

Bei der Buchmesse gibt es an den Ständen der Nachrichtenverlage und -sender auch immer interessante Interviews und Diskussionen mit Autoren und Personen des Zeitgeschehens, denen ich zum Teil folgen konnte.

Den gestrigen Tag habe ich mit den drei Töchtern dann ganz dem Sightseeing in Frankfurt gewidmet – sehr beeindruckend!

3. Weinheimer Brotforum

Vergangenen Montag und Dienstag habe ich am Weinheimer Brotforum teilgenommen, einer Veranstaltung der Bäckerakademie in Weinheim.

Mal kein Kurs. Mein Interesse erregte diese Veranstaltung, weil vor vier Jahren dort Lutz Geißler schon einmal im Namen der „Quereinsteiger“ und Hobbybäcker einen beachtlichen Vortrag gehalten hat.  Die darum entstehenden Diskussionen habe ich damals mit Interesse verfolgt und mich daran beteiligt.

Es treffen sich dort bekannte Größen der Branche, um über den aktuellen Stand und die Zukunft des deutschen Bäckerhandwerks zu diskutieren und Erfahrungen auszutauschen. In diesem Jahr standen unter anderem bekannte Bäcker wie Max Kugel, Josef Hinkel, die Wild-Bakers, „Wacken-Bäcker“ Axel Schmidt und Dietmar Kappl auf der Bühne. Auch Reto Fries von der Fachschule Richemont, Prof. Michael Kleinert und Manfred Schellin sowie weitere Fachleute hielten Vorträge. Als Vertreter der „Größeren und Großen“ waren Martin Dries (Bäcker Dries) und Norbert Lötz, Geschäftsführer von Harry Brot, anwesend.

Die Vorträge waren sehr interessant gestaltet – es wurde vor allem deutlich, wie sich die verschiedenen Brot-Agonisten eine Nische gesucht haben und ihr Markenprofil schärften, um sich von der Masse abzuheben. Mich freute vor allem dabei, daß dabei nicht nur die Show-Elemente hervorgehoben wurden, sondern immer wieder das Produkt „Gutes hochwertiges Brot“ im Vordergrund stand.

„Ich will vor allem geiles Brot backen!“ – den Spruch hörte man immer wieder. Daß das auch so ist, konnte zwischen den Vorträgen bei Brot-Verkostungen verifiziert werden.

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Schelli und Dietmar mit „geilem Brot“ (Roggemischbrot 70/30 zum reinlegen gut)

Höhepunkt für mich war die Podiumsdiskussion am Nachmittag, bei der Prof. Michael Kleinert, Max Kugel, Josef Hinkel und Norbert Lötz unter Einbeziehung des Publikums äußerst kontrovers darüber diskutierten, was gutes Brot wirklich ausmacht und ab welcher Größe eines Unternehmens die Herstellung guten Handwerksbrotes noch nachvollziehbar möglich ist. Dabei fielen wichtige Aussagen wie die Notwendigkeit, mehr Transparenz gegenüber den Kunden zu schaffen im Hinblick auf die Verwendung von Backmitteln und dem Zukauf von Tiefkühl-Ware. Die Diskussion war ehrlich, gelegentlich auch emotional aber vollkommen konstruktiv.

Abgerundet wurde die Veranstaltung von hervorragender Bewirtung durch die Akademie, so daß die Brotverkostung zu einem kulinarischen Erlebnis wurde. Didi, an das Roggenmischbrot 70/30 mit Schwarzroggen und Fenchel denke ich noch heute!

Mein persönliches Fazit: Ich habe den Eindruck, daß die Branche inzwischen richtig wach geworden ist und sich vor unseren Augen eine sehr positive Entwicklung abspielt. Natürlich können nicht alle Bäcker auf der Bühne in Wacken stehen, aber solche Beispiele können transportieren, wie toll gutes Brot ist und damit dem Niedergang des Bäckerhandwerks wirkungsvoll etwas entgegensetzen. „Hier sind sowieso nur die, denen das klar ist!“ sagte einer der Referenten. Mag sein, doch je mehr das werden, um so besser.

Ich habe viele interessante Bäcker kennengelernt, gute Gespräche geführt. Und kann nur sagen: weiter so!

Brotexkursion: Bio-Mühle Eiling

Seit einigen Monaten macht in den Facebook-Gruppen eine reine Bio-Mühle von sich reden. Hobbyisten, die die von dort stammenden Mehle schon verbacken haben, sind voll des Lobes. Es handelt sich um die Bio-Mühle Eiling in Warstein-Sichtigvor, einem kleinen Örtchen am nördlichen Rande des Sauerlandes, knapp 80 km Luftlinie von meinem Wohnort entfernt. Nach eigenem Bekunden ist es die einzige reine Biomühle in Nordrhein-Westfalen. In unserer Gegend ist das eine echte Besonderheit: eine Mühle in einem kleinen Örtchen, die ihr Getreide noch selbst mahlt und verkauft, und nicht als Weiterverkäufer von Mehlen größerer industrieller Mühlen fungiert. Und noch dazu aus reinen Bio-Rohstoffen von Höfen in der Umgebung!

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Sichtigvor ist ein traditioneller Mühlenstandort – es wird bereits 1072 eine Wassermühle hier im Möhnetal in Urkunden erwähnt. Sie gab dem Nebenörtchen „Mühlheim“ seinen Namen. Der Fluß Möhne ist heute vor allem durch die nahe gelegene Talsperre bekannt. Unter Leitung der Müllerfamilie Eiling steht die heutige Mühle seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts, als der Großvater der heutigen Chefs das Gebäude pachtete. Die Mühle wurde dann viele Jahre als reine Roggenmühle betrieben.

2010 übernahmen die beiden heutigen Müller Thorsten und Jens Eiling das Zepter von ihrem Vater und beschlossen, etwas vollständig Neues zu wagen: eine reine Bio-Mühle, zertifiziert und mit vollständiger Transparenz der Lieferkette, deren Energiegewinnung fast vollständig durch Wasserkraft geschieht. Auf jedem Sack Mehl steht der Name des Hofes, der das Getreide angebaut hat. In zwei Schritten wurde die Mühle 2011 und 2017 modernisiert. Seither werden Bäckereien im Umkreis von ca. 120 km mit den Mehlen beliefert.

Im Zuge des Hobbybäcker-Booms und vieler privater Anfragen entschlossen sich die beiden Müller im vergangenen Jahr, ihre Mehle auch für Privatpersonen in kleineren Gebinden verfügbar zu machen und begannen, einen Versand aufzubauen. Irgendwann im Spätherbst 2018 erhielt ich eine nette email von Herrn Eiling, in der er mich einlud, die Mühle einmal zu besichtigen.

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Im Möhnetal

Leider bin ich erst heute dazu gekommen, mir die Zeit dafür zu nehmen. Zwei meiner Töchter ließen es sich nicht nehmen, mich beim Ausflug ins Sauerland zu begleiten. Familie Eiling bereitete uns einen warmen Empfang.

In der nachfolgenden Mühlenbesichtigung konnten wir alles genau in Augenschein nehmen.

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Die MIAG-Walzenstühle, hier der Beginn der Walzenstuhl-Kette, wo gerade Kamut in den Mahlprozeß kommt. Kamut ist das einzigste Getreide, das nicht aus der Umgebung stammt.

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Shirin und Sheila schauen sich die Getreidekörner interessiert an

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Eines der modernsten Geräte in der Mühle – eine Maschine der Firma Bühler, die Mutterkorn, Spelzen und verfärbte Getreidekörner zielsicher aus dem durchlaufenden Getreide aussortieren kann.

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Und die Plansichter, wo das Mehl vielfach gesiebt wird. Die herumwirbelnden Sichter sind für Kinder immer sehr beeindruckend.

Nach der Besichtigung gab es noch eine kleine Brotzeit. Ich hatte mir von 2 Wochen schon einmal ein Sortiment der Eiling-Mehle gekauft und heute morgen damit Brötchen gebacken. Habe dann ein paar davon mitgebracht; Herr Eiling seinerseits hatte einen Backversuch mit einem Experimentalmehl unternommen, das er gerade entwickelt. Ein deutsches Biomehl, das in Geschmack und Charakteristika dem französischen T65-Mehl nahekommen soll. Davon habe ich später einen Sack zu Testzwecken überlassen bekommen. Ich bin gespannt!

Gemütlich klang ein netter Besuch in der Bio-Mühle Eiling aus. Ich bedanke mich auch hier noch einmal herzlich für die Einladung und den netten Empfang. Manchmal trifft man heute noch Menschen, die für ihren „Beruf“ wirklich berufen sind. Heute war so ein Tag für mich. Ich wünsche den beiden Müllern viel Erfolg mit ihrem nachahmenswerten Konzept!

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Ich werde in den nächsten Wochen so oft ich Zeit finde mit den Eiling Mehlen backen und meine Erfahrungen hier im Blog teilen.

Brot auf einem Kreuzfahrtschiff…

Wie angesichts des letzten Artikels nicht zu übersehen war, haben meine Liebste und ich uns eine Fahrt auf dem Kreuzfahrtschiff durch das Baltikum gegönnt. Und zwar auf dem nagelneuen „Mein Schiff 1“ der TUI-Cruises. Schiff

Die „Mein Schiff“-Flotte ist zum einen dafür bekannt, daß es deutlich geruhsamer auf den Schiffen zugeht, als bei anderen Reedereien. Zum anderen für die hervorragende Qualität der Speisen, die an Bord angeboten werden. Ersteres kann ich nicht verifizieren, weil es meine allererste Kreuzfahrt war und ich nicht vergleichen kann. Letzteres ist aber wahr. Selten habe ich konstant Speisen in einer so hohen Qualität und von so gutem Geschmack geboten bekommen. Hier kommt fast nichts aus „der Tüte“, alles schien frisch zubereitet zu sein. Selbst indische Dal, Wok-Gerichte und frische Samosa waren täglich im Angebot, was meine Frau begeisterte.

Back1Sehr viel Publizität hat auch das Brotangebot auf der „Mein Schiff“-Flotte erlangt. Allem voran das sogenannte „Artisan-Brot“. Davon hatte ich schon vor der Reise oft und viel gehört. Ich fragte also bei TUI an, ob während der Reise eine Besichtigung der Backstube möglich wäre und hätte gerne einen Blogartikel darüber geschrieben. Wohlgemerkt, ich wollte nicht wie viele sogenannte „Influencer“ etwas umsonst haben für meinen Bericht, denn die Reise war vollständig selbst bezahlt.

Leider wurde meine freundliche Anfrage sofort ablehnend beschieden und mir das Angebot unterbreitet, während der Reise an einem kostenpflichtigen einstündigen „Workshop“ zum Artisan-Brot teilzunehmen. Einerseits passten mir aber die Zeiten des Workshops nicht und das Rezept des Artisan-Brots geistert schon seit Jahren durch Foodblogs. Ich gebe andererseits zu, daß ich auch ein wenig enttäuscht über die Ablehnung war.

Einen Bericht über den Besuch in der Schiffsbäckerei auf „Mein Schiff“ könnt ihr auch auf der Seite von Bernd Kütscher, Leiter der Bundesakademie in Weinheim, nachlesen.

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Große Brot- und Brötchenvielfalt, im Hintergrund sieht an einen der Bäcker bei der Arbeit

Probiert habe ich natürlich Einiges. Zunächst zum Artisan-Brot: Es handelt sich um ein mildes Weizenbrot, dem eine lange Reifezeit gut getan hat. Laut Rezept handelt es sich um eine kalte Stockgare von ca. einem halben Tag. Die Hefemenge liegt mit 2,2 Prozent in einem – wie ich finde – unnötig hohen Bereich für eine so lange Reifezeit, aber gut. Die TA des Teiges ist fast 180 und damit erstaunlich hoch. Das Brot schmeckt wirklich gut, ein zu prägnantes Hefearoma konnte ich nicht verspüren. Einfach ein ehrliches gutes mildes Weizenbrot mit krachender Kruste und saftiger, zum Teil richtig schön offenporiger Krume. Für mein Foto hatte ich Pech, an dem Tag war wohl ein Grobian „am Wirken“.

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Artisan-Brot, Weizenbrötchen und Laugenstange mit Käse – alles sehr schmackhaft

Bei den anderen Backwaren haben mir auch die Croissants gut gefallen, wobei ich mir nicht sicher bin, ob diese selbst an Bord hergestellt werden oder ggf. als TK-Ware aufgebacken werden. Laut TUI werden die meisten Gebäcke an Bord selbst hergestellt, auch die Brötchen. Bei letzteren bin ich mir aufgrund der Krumenstruktur sicher, daß hier Brötchenbackmittel zum Einsatz kommen. Geschmacklich habe ich – auch das muß ich ehrlich sagen – schon oft deutlich schlechtere Brötchen in Bäckereien gekauft. Das Laugengebäck war mir persönlich von der Krume her zu dicht und noch nicht ausreichend durchgebacken, was aber häufiger vorkommt.

Jedenfalls war die Vielfalt der Backwaren für ein Schiff erstaunlich und der dafür betriebene Aufwand sicher ähnlich, wie in der Küche. Also Hut ab vor den Bäckern an Bord, sie machen einen guten Job.

Ich habe mir vorgenommen, das Artisan-Brot in der nächsten Zeit einmal nachzubacken und dann zu verbloggen.

 

Baltischer Himmel…

Es ist nun schon 27 Jahre her, daß ich meine erste Reise in das Baltikum machen durfte. Damals, 1991, fuhr ich mit einer Jugendgruppe auf eine winzige Schäreninsel, wo wir zwei Wochen in der alten Dorfschule auf einfachste Weise einen der schönsten Jugendurlaube meines Lebens verbrachten. Kein fließend Wasser, „duschen“ konnten wir nur in der Ostsee mit nachherigem Gang in die Holzofensauna.

Es gäbe viel von dieser Reise zu erzählen, doch eines hat sich mir fest in das Gedächtnis gebrannt: die unvergleichlich schönen Naturerlebnisse. Vor allem der Himmel. Dieser Himmel ist mit nichts zu vergleichen, was es hier weiter südlich zu sehen gibt. Die Luft ist so sauber, so frei von Stäuben und Diesigkeit.

Damals schoß ich ein Foto, noch mit meiner alten Minolta und einem Farbfilm, um einen Sonnenuntergang festzuhalten, wie er nur selten vorkommt. Wir fuhren mit der kleinen Fähre zurück von einem Ausflug nach Mariehamm, der Inselhauptstadt. Es war spät geworden und die Sonne versank hinter dem Schiff. Auf einmal erstrahlten die Wolken in rötlichem Schimmer, als wenn sie sich entzünden würden. Atemberaubend. Die Negative habe ich nicht mehr und den verbliebenen Farbabzug habe ich dann irgendwann mal gescannt. Deshalb gibt es das Bild nur noch mit geringer Auflösung, leider.

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Åland-Inseln 1991 mit einem der schönsten Sonnenuntergänge, die ich je gesehen habe.

Nun bin ich selbst Vater und habe Kinder, die zu einer Ferienfreizeit aufgebrochen sind.

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Unser Schiffchen 🙂

Die zwei Wochen „sturmfreie Bude“ haben meine Frau und ich genutzt, um selbst zu einer Schiffsreise in das Baltikum aufzubrechen. Klammheimlich hatte ich die Hoffnung, daß ich einen solchen Anblick noch einmal würde erleben dürfen.

 

Es hat in vielerlei Hinsicht geklappt, wenn auch nicht ganz so schön wie damals. Doch erneut hat mich die klare, saubere Luft mit ihrer spektakulären Weitsicht quasi umgehauen.

Alleine dafür lohnt sich jede Reise nach dort oben hin. Eine Auswahl der aktuellen Bilder will ich Euch zeigen. Ich hoffe, daß sie Euch einen Eindruck davon vermitteln können, wie unvergleichlich schön es dort sein kann.

Schon bei der Ausfahrt aus der Kieler Förde gab es einen tollen Sonnenuntergang zu sehen, allerdings noch etwas mit der in unseren Breiten üblichen Diesigkeit.

Dann ging es in mehreren Abschnitten hoch in den Finnischen Meerbusen und ab diesen Breitengraden wurde es immer schöner und spektakulärer. Zunächst durchfuhren wir eine Gewitterfront.

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Die von Backbord heranrollende Front

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Selten war so schön die Rotation der Cumulonimbus-Wolke zu sehen.

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Dann war sie vorüber, ohne das Schiff zu treffen

Ich habe von diesem Erlebnis auch versucht, ein Video zu erstellen. Im Zeitraffer ist die Rotation der Wolke und die Böenfront gut zu erkennen.

Am Morgen danach fuhren wir in den Sonnenaufgang hinein.

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Dann lagen wir zwei Tage in St. Petersburg.

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Eine Gewitterwolke zieht vorbei

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An der Newa, unendlicher Himmel

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Abendlicher Sonnenuntergang.

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Und der Stolz der Russen, das nagelneue Gazprom Hochhaus, hinter dem deutschen Kreuzfahrt-Dampfer

Der Höhepunkt war dann die abendliche Ausfahrt aus St. Petersburg. Während wir die alte Festung Kronstadt passierten, gab der Himmel wirklich alles.

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So hat es zwar nicht ganz mit der Wiederholung meines Traum-Sonenuntergangs geklappt, doch ich denke, daß wir gut entschädigt wurden.

In den nächsten Tagen schreibe ich noch einen kleinen Artikel zum Brot auf dem Schiff. Es sind so viele Bilder zu sichten und zu bearbeiten, daß ich das noch nicht geschafft habe.

 

Brotreise II: Kurs „Alte Backverfahren“ Akademie Weinheim

Wie schon angekündigt, habe ich eine zweite Brotreise gemacht. In der Akademie des Deutschen Bäckerhandwerks in Weinheim fand erneut ein Kurs über „Alte Backverfahren – neu entdeckt“ statt. Beim Stöbern durch das Kursangebot der Profischmiede fiel mir dieser Kurs im vergangenen Jahr auf.

Unter Leitung von Johannes S. Becker, Bäckermeister aus Keltern-Ellmendingen, ging es darum, vergessene Backverfahren wieder aufleben zu lassen und Wege zu beschreiten, wie sie auch in modernen Backstuben wieder angewandt werden können. Ich fand die Beschreibung äußerst vielversprechend. Unterstützt wurde Herr Becker von Felix Rommel, der zum Team der Akademie gehört, und den manche schon von seiner Zeit bei Häussler kennen.

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Die beiden Kursleiter. Johannes S. Becker und Felix Rommel.

 

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Die abgewogenen Zutaten

Herr Becker ist übrigens ein Mensch, der mir sofort sympathisch war. Er hat einen trockenen Humor, sehr viel Erfahrung und verliert sich nicht in Belanglosigkeiten. Seine Vorträge sind nicht mit anekdotischen Erzählungen überfrachtet, sondern drehen sich um das Wesentliche.  Auf Nachfragen kommt eine kompetente und fundierte Antwort. Ein guter Kursleiter.

Im Kurs traf ich auch auf hochmotivierte und interessierte Bäckermeister, die zum Teil schon wieder den „Pfad der Tugend“ beschreiten und auf Abkürzungen und Turbo-Teige verzichten. Ein Müller war dabei und ein Bäcker, der sich in Dubai selbstständig gemacht hat und die Emiratis dort mit gesundem, sauberen Brot begeistert.

 

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Links Bernd Kütscher, der Leiter der Akademie Weinheim

Themen waren unter anderem das Bruchstück, Sauerteige und das Prinzip der langen, überwiegend kalten Teigreifung, sowohl in Stock- als auch in Stückgare. Ein Bruchstück ist im Grunde ein gesalzener Hefevorteig, ein anderes Wort für „Alter Teig“, der täglich zum Ansetzen eines Brotteiges verwendet, und nach der Herstellung des Brotteiges wieder abgenommen und bis zum nächsten Tag gelagert wird.

Die obigen Bilder zeigen uns bei der Arbeit an den Teigen.

Die Hefemengen hielten sich sehr in Grenzen, oft unter 1 % im Bezug auf die Mehlmenge, und es wurde ausschließlich Bio-Flüssighefe verwendet. Einige Teige wurden rein durch Sauerteig getrieben, hierbei kam sowohl Weizen- wie auch Roggensauerteig zum Einsatz. Teige gingen überwiegend mehr als 24 Stunden! Das Spektrum der gebackenen Rezepte reichte vom Roggen-Schwarzbrot über Roggensauerteigbrote, Mischbrote und Weizensauerteigbrote bis zu Baguettes und schwäbischen Seelen. Highlight des Kurses war der Guglhupf. Ein ausgezeichnetes Rezept, dessen Ergebnis mich an sehr gute Panettone und Brioche erinnerte. Und von dem ich sträflicherweise kein Bild gemacht habe.

Ich denke, die Ergebnisse sprechen trotzdem für sich.

Natürlich kann ich keine Rezepte veröffentlichen, da diese urheberrechtlich geschützt sind. Für meine Begriffe waren sie jedoch alle sehr stimmig und schlüssig. Sie folgen jenen Prinzipien, die wir Hobbybäcker uns zumeist auf die Fahne geschrieben haben. Lange Teigreifung, viel Zeit fürs Brot und gute Zutaten. Die Rezepte enthielten Raum für Unwägbarkeiten, keines war auf Grenzgängerei aus. Das finde ich immer sehr wichtig. Es macht mir einen Rezeptautor sofort sympathisch, wenn ich das sehe.

Manche der vorgeschlagenen Methoden dürften echten Sauerteigpuristen einen Schauer über den Rücken jagen. U.a. die Empfehlung, beim Füttern eines Sauerteiges etwas Korinthenpüree zuzugeben. Das ist aber gar nicht so unclever: Das Korinthenpüree enthält Fruchtzucker, welcher für die Hefen sofort als Nahrung zur Verfügung steht und damit die Hefeführung eines Sauerteiges verbessert. Und damit die Triebkraft verbessert.

Auch wird es vielen widerstreben, zum Beispiel Zwiebelgranulat, natürlich in sehr kleiner Menge, zum Sauerteigansatz zu geben. Doch Johannes Becker schwört darauf, weil es Fremdgärungen verhindern soll. Nun ja – der Mann hat inzwischen Jahrzehnte Berufserfahrung und konnte schon vielen Bäckern mit seinen Ratschlägen zu guten und triebstarken Sauerteigen verhelfen. Es ist „altes, tradiertes Wissen“, das er weitergibt.

Mir kam nämlich zu Ohren, im Kurs würden fachliche Ungenauigkeiten oder Fehler gelehrt.

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Der Brotdoc mit 3 kg-Hausbrot-Laib (Bild wurde freundlicherweise von Ole Petscheleit nachbearbeitet)

In solchen Fällen finde ich es immer wichtig, nicht auf irgendwelche reinen Lehren zu pochen, sondern die erworbenen Kompetenzen von anderen Menschen zu achten. Wir alle erlangen in unserem Leben eine Vielfalt an Erfahrungen und Kompetenzen, die uns auf unserem Weg helfen. Das macht jeden von uns zu einem einzigartigen Wesen, dem wir mit Respekt begegnen sollten. Viele Wege führen nach Rom und wie heißt es so schön: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt“. Wie ihr sehen könnt, kam sehr Gutes und Schmackhaftes dabei heraus. Wer es nicht mag, muß es ja nicht so machen.

Eine kleine Kritik habe ich am Kurs: Mir fehlte etwas die Zeit für theoretische Hintergründe. Was sind alte Backverfahren? Wie wurde vor 100 Jahren gebacken? Mit welchen Rohstoffen buk man damals und wie erreichte man trotz Einschränkungen gute Ergebnisse? Warum kam man auf dieses oder jenes Verfahren und warum funktionerte es?

All das klang zwar zwischendurch an, während die Teige bereitet, bearbeitet und gebacken wurden. Doch ich hätte mir hier ein wenig mehr Zeit für Theorie gewünscht, selbst wenn ein Rezept weniger geschafft worden wäre. Es würde den Kurs noch deutlich aufwerten.

Der Kurs wurde nun zum wiederholten Male angeboten. Die Akademie Weinheim ist eigentlich auf die Ausbildung von Bäckern ausgerichtet. Wie der Leiter, Bernd Kütscher, mehrfach schrieb, sind aber auch Enthusiasten und Hobbyisten mit einer gewissen Fachkenntnis in der Akademie willkommen. Das kann ich bestätigen, ich habe mich dort sehr wohl gefühlt unter all den Bäckern. Keiner begegnete mir mit Ablehnung oder Unverständnis.

Falls von Euch jemand an Kursen Interesse hat, schaut Euch die Seite der Akademie einmal an. Ich empfehle allerdings wirklich, daß ihr schon eine gute Grundkenntnis des Brotbackens mitnehmt. Man hält sich dort nicht mit Basiswissen oder Erklärung selbstverständlicher Dinge auf. Es geht „zur Sache“!

 

 

 

Brotreise 1: Sauerteig-Hands-on-Kurs Berlin

Am vergangenen Samstag habe ich wieder eine meiner kleinen Brotback-Verrücktheiten gewagt. Für knapp einen Tag nach Berlin fahren und an einem Backkurs teilnehmen.

Seit kurzem hat sich ein neues Kursleiter-Gespann gebildet mit dem Vorhaben, uns Hobbyisten die saubere Brotbäckerei näher zu bringen. Der schon weithin bekannte Manfred Schellin, Biochemiker und Sauerteigexperte, bot mit Thomas Schmitt, den man in den einschlägigen Brotbackgruppen eher unter dem Pseudonym „Tom Cash“ oder „Tom the Baker“ kennt, Kurse zum Erlernen fortgeschrittenerer Backwaren an.

Tom startet gerade eine Serie von interessanten Backkursen, in denen er seine 20-

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Alo, Schelli und Tom – ein Dream Team (Bild: Tom Cash, mit freundl. Genehmigung)

jährige Erfahrung als Bäcker weiter gibt. Beruflich arbeitet er als selbstständiger Bäckereiberater und Autor. Seine Rezeptideen sind äußerst interessant, vor allem im Hinblick auf die Kombination der nicht alltäglichen Brotzutaten. Außerdem ist er ein „töfter Kerl“, wie man hier in Westfalen sagt.

Also Berlin, 12.05.18, KochBar in der Joachim-Karnatz-Allee. Im „Schlangen-Gebäude“, wie meine Tochter es nannte, als wir uns das in Google-Maps angesehen haben. Schon drei mal war ich dort zu Backkursen – eine tolle Kursküche mit noch tollerem Leiter, Alo Theis. Freue mich jedes mal, dort wieder hin zu kommen. Glücklicherweise ist Berlin von mir aus mit dem Zug perfekt zu erreichen,  nur einmal umsteigen. Von Haustür bis Berlin Hbf etwa 4 1/2 Stunden.

So war um 04.30 Uhr die Nacht zuende und um 05.30 Uhr saß ich mit meiner Großen im Zug nach Berlin. Shadi ist nämlich am 11.05. vierzehn Jahre alt geworden und hat sich sehnlichst gewünscht, Berlin auch mal zu sehen. Alles verlief planmäßig, um zwanzig nach zehn waren wir dort und wurden schon vor der Tür von verführerischem Brotduft empfangen.

Unter anderem konnte ich endlich Valesa Schell einmal kennenlernen, auch Michael Bartsch und Steffi Grauer waren Teilnehmer des Kurses. Auch war es klasse, Sebastian Marquardt, Herausgeber des Magazins Brot, einmal kennenlernen zu dürfen. Ein echtes „Gipfeltreffen“ bekannter Gesichter und Brot-Enthusiasten.

Orangen-Panettone, Vinschgauer, verschiedenste Roggenbrot-Variationen unter Verwendung unterschiedlicher Sauerteige, Tartine-Style Brot von Michael Bartsch, Pane di Altamura und Paderborner Landbrot entstanden unter fachlicher Anleitung von Schelli und Tom. Alles reine Sauerteiggebäcke. Auch viel Sauerteigtheorie wurde erläutert. Alles, während Alo uns kulinarisch verwöhnte.

Einige Bilder vom Geschehen:

 

Ich wünsche Tom und Schelli, daß sie mit ihren Kursen ihr Wissen noch vielen Menschen vermitteln können werden. Für die Einladung nach Berlin danke ich herzlich.

Shadi und ich ließen den Tag auf den Straßen von Berlin-Mitte ausklingen, obwohl uns schon die Füße etwas schmerzten.

Doch ein paar der wichtigsten Sehenswürdigkeiten konnten wir uns ja nicht entgehen lassen. Und auch eine echte Berliner Currywurst haben wir trotz der reichhaltigen Kursverpflegung noch genossen, bevor wir die müden Knochen im Hotel hochgelegt haben. Ein toller und unvergeßlicher Tag!!

Brotreise 1 impliziert übrigens, daß es nicht die einzige Reise ist. Morgen breche ich in aller Frühe zur Akademie in Weinheim auf, wo ich hoffentlich viel über alte Backverfahren lerne. Bin schon sehr gespannt.