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Urstoff-Baguette

Der Name dieses Rezeptes ist eigentlich nicht ganz korrekt. Denn es enthält nur einen 20-prozentigen Anteil Bordeauxweizen-Vollkornmehl und ist ansonsten mit französischem Weizenmehl T65 hergestellt. Doch in meine Urstoffbrot-Reihe passt es dennoch, und daher erlaube ich mir diese kleine „Unschärfe“.

Ich habe schon Baguette mit dunklem Mehl gebacken, aber so weit ich weiß noch nie mit selbst gemahlenem Vollkornanteil. Da die Kombination aus Vollkorn und kleberkräftigem Mehl jedoch bei Brot hervorragend funktioniert, lag ein Versuch nahe. Das Rezept ist an mein 24-Stunden-Baguette angelehnt und funktioniert in gleicher Weise gut. Wobei ich hier festgestellt habe, daß sich die Hefe im Hauptteig deutlich reduzieren lässt.

Das Bordeauxweizen-Vollkornmehl gibt einen kernigen Geschmack und eine tolle Farbe an die Krume, eine echte Aufwertung des klassischen Baguettegeschmacks. Da Bordeauxweizen im 19. Jahrhundert die beliebteste Weizensorte in Frankreich war, ist ihre Verwendung zumindest in der Anfangszeit französischer Baguettes möglich. Ob es so war, lässt sich mit meinen Mitteln nicht recherchieren. Doch wenn ich Bäcker wäre und auf der Suche nach einem Marketingargument für ein dunkles Baguette…

Spaß beiseite. Die Kombi schmeckt einfach gut und der Teig war nur unwesentlich klebriger, als bei reinen Weißmehlteigen. Er ließ sich gut bearbeiten.
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Verständlicherweise werden nur wenige an Bordeauxweizen einfach herankommen. Obwohl ich wirklich empfehlen kann, ihn sich vom Hof Schulze Westerhoff mal schicken zu lassen, funktioniert das Rezept natürlich auch mit normalem Vollkornweizenmehl oder mit Kamut. Möglicherweise sogar mit Emmer.

Wer kein französisches Weizenmehl T65 hat oder kaufen will, kann stattdessen Weizenmehl 550 oder 812 nehmen. In dem Fall sollte dann etwas weniger Wasser zum Hauptteig gegeben werden.

Mengen für 8 Baguettes

Vorteig:
200 g Weizenmehl T65
200 g Wasser
0,3 g Frischhefe (erbsgroßes Stück)

Gut verrühren und 12 Stunden abgedeckt bei Raumtemperatur reifen lassen.

Hauptteig:

400 g Vorteig
450 g Wasser (+ 60 g Wasser später einkneten)
200 g Bordeauxweizen-Vollkornmehl oder Weizenvollkornmehl
600 g Weizenmehl T65 oder Type 550
22 g Salz
3 g Frischhefe

Alle Zutaten außer Salz und Frischhefe 2 Minuten bei langsamer Knetgeschwindigkeit homogen verkneten. 30 Minuten Autolyse. Dann Salz und Hefe zufügen und 5 bis 6 Minuten kneten. Zum Schluß die 60 ml Wasser schluckweise in den Teig einkneten. Wer 550er Mehl nimmt, sollte hier maximal 20 ml zugeben.

In eine eingeölte Teigwanne legen und 2-3 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen. Während dieser Zeit 1 x dehnen und falten. Dann für 24 Stunden in den Kühlschrank stellen. Der Teig sollte sehr gut aufgehen im Kühlschrank und auf der Oberfläche Blasen zeigen.

Vorsichtig auf die bemehlte Arbeitsfläche kippen und in 8 gleich große rechteckige Teiglinge aufteilen.

Die Teiglinge vorsichtig zu einem Zylinder aufrollen und 20-30 Minuten entspannen lassen. In dieser Zeit akklimatisiert der Teig.

Dann straff zu Baguettes von ca. 35-40 cm Länge formen und diese mit Schluß oben für 40 Minuten im Bäckerleinen reifen lassen. Mit der Kippdiele auf den Einschießer befördern, einschneiden und sofort in den gründlich auf 250°C vorgeheizten Ofen einschießen. Gut schwaden.

Temperatur auf 235-240°C reduzieren und ca. 20 Minuten schön vollbraun ausbacken.

Urstoff-Brot II

Seit drei Wochen tüftle ich nun an diesem Rezept.

Es sollte eigentlich ein schönes voluminöses Weizenvollkornbrot werden. Allerdings hatte ich mir in den Kopf gesetzt, es mit dem Bordeaux-Weizen zu backen, den ich im Juli in Havixbeck auf dem Hof Schulze Westerhoff mitgenommen habe. Frau Schulze Westerhoff warnte mich noch: das wird nicht leicht, ausschließlich mit den Urgetreiden zu backen.

Doch die oben verlinkten Bordeaux Brötchen haben mich zuversichtlich gestimmt, auch einen Brotlaib damit planmäßig hinzubekommen. Der erste Versuch ging prompt „in die Hose“, oder besser „in die Kastenform“, denn ich habe es geschafft, den Teig zu überkneten. Beim zweiten Versuch klappte es besser, nachdem ich dem Vollkornmehl eine vierstündige Autolysephase gegönnt habe, was die Knetzeit auf ein Minimum reduzierte. Allerdings war der Teig dann trotz nur 0,4 % Hefezugabe etwas überreif, was sich in einem kleinen Krumenriß oben zeigte.

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Versuch Nummer 4

Versuch Nummer drei hat dann schon besser geklappt. Aquaposa (ein Quellmittel) und etwas weniger Sauerteig verliehen dem Teig mehr Stabilität und Elastizität, so daß die Krume besser gehalten hat. Versuch Nummer vier war schließlich bis auf den flachen Brot-Querschnitt geglückt. Hier kam etwas Vitamin C zum Teig, was offenbar die Kleberstruktur noch etwas gestärkt hat. Die Bilder hier stammen von den Versuchen Nr. 3 und 4.

Hier ist wohl das Schwarmwissen gefragt: was kann ich außer einer nicht gewollten Reduktion der Teigausbeute noch tun, um hier nicht einen so flachen Querschnitt zu erhalten? Ist vielleicht der Kleber des Bordeaux-Weizens so wenig stabil, daß kein anderes Ergebnis möglich ist? Ich würde mich sehr über versierte Antworten freuen!

Eines ist gewiss: geschmacklich ist diese Getreidesorte eine Wucht. Wer schon normalen Vollkornweizen mag, wird sich an Bordeauxweizen nicht sattessen können. Sofort wurden diese Vollkornbrote von meiner Liebsten ins Herz geschlossen.

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Nr 4: Schön dunkle Krume durch den hohen Schalenanteil, die locker saftig ist. Nur der Brotquerschnitt könnte noch besser sein.

Wer an Bordeaux-Weizen nicht herankommt, der kann das Rezept 1:1 mit normalem Weizenvollkornmehl backen.

Mengen für 1 Brot von ca. 1 kg Teiglingsgewicht

Autolyseteig:
650 g Weizenvollkornmehl (ich: Bordeaux-Weizen selbst gemahlen)
488 g Wasser (handwarm)
(1 MSP Vitamin C)
14 g Aquaposa oder 10 g Flohsamenschalenpulver

Zutaten verkneten für 1-2 Minuten und abgedeckt 4-6 Stunden bei Raumtemperatur quellen lassen.

Hauptteig:
Autolyseteig
90 g festen Weizensauer / Lievito Madre direkt aus dem Kühlschrank (ich: LM aus Vollkornmehl)
2 g Frischhefe
13 g Salz
Alles gut verkneten für ca. 2 Minuten bei Stufe 1 der Knetmaschine. Dann

40 ml Wasser
schluckweise in den Teig einkneten. Der Teig muß sich danach vollständig von der Schüssel lösen.

3 Stunden Stockgare abgedeckt. 1 x dehnen und falten während der Stockgare.

Vorsichtig zu einem runden Laib aufarbeiten. Mit dem Schluß oben in ein gut bemehltes Gärkörbchen legen und dieses gut abdecken. Für 8-12 Stunden bei 5°C im Kühlschrank reifen lassen.

Den Ofen gut auf 250°C vorheizen. Das Brot direkt aus dem Kühlschrank auf den Einschießer kippen, einschneiden und direkt in den Ofen befördern. Schwaden und die Ofentemperatur auf 215°C reduzieren. Für 55-60 Minuten dunkelbraun ausbacken. Vollständig auskühlen lassen vor dem Anschnitt.

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Bordeaux-Brötchen / „Münsterländer Urstoffe“

Wer sich mit dem Selbstbacken von Brot beschäftigt und mit anderen darüber kommuniziert, wird unweigerlich irgendwann auf die Meinung stoßen, daß im Sinne eines verantwortungsvollen Umgangs mit Ressourcen und der Natur es besser sei, die Backzutaten lokal einzukaufen und sie sich nicht quer durch das Land liefern zu lassen. Oder gar aus dem Ausland zu ordern.

Ich bin ein Fan der Vielfalt und habe mich daher bislang von solchen Erwägungen noch nie leiten lassen bei meiner Brotbäckerei. Da ich aber in den letzten Wochen häufiger mit selbstgemahlenem Vollkorn gearbeitet habe, kam mir die Idee, einmal nach lokalen Getreideverkäufern zu suchen. Ich fragte mich, ob mit lokal angebautem Getreide gleich gute Backergebnisse zu erzielen sind, wie mit Getreide aus der Mühle, welches ja meist zur Sicherung der Qualität von vielen verschiedenen Äckern und aus verschiedenen Anbaugebieten zusammengemischt wird.

Fündig wurde ich erstaunlicherweise ganz in der Nähe. Nahe des malerischen Örtchens Havixbeck, direkt vor den Toren Münsters und nur knapp 40 km von mir entfernt, leben Petra und Thomas Schulze Westerhoff auf einem ehrwürdigen Hof, der münsterländischer nicht sein könnte. Mitten in der Bauernschaft Schonebeck.

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Petra und Thomas Schulze Westerhoff mit Steinmühle

Vor 10 Jahren begannen sie im Rahmen eines Projektes, Emmer anzubauen. Nach und nach kamen noch Champagnerroggen, Dinkel und Bordeaux-Weizen hinzu. Letzterer ist eine alte französische Landweizensorte, mit etwas kleinerem Korn und bräunlicherer Schale. Im 19. Jahrhundert erfreute sich diese Sorte großer Beliebtheit. Zugleich beschafften sie eine große Steinmühle, mit der sie das Getreide mahlen können. Größter Abnehmer des Mehls ist die Stadtbäckerei in Münster, die sowieso schon einen guten Ruf genießt.

Das Getreide wird als „Münsterländer Urstoffe“ in vielen umliegenden Milchtankstellen und Hofläden verkauft, kann aber nach Rücksprache auch auf dem Hof abgeholt werden. Und wird auch auf Bestellung versandt. Am Mittwoch habe ich mich dorthin aufgemacht, um Getreide zu kaufen. Das Wetter spielte leider nicht mit, ausgerechnet bei meiner Ankunft öffneten sich die Himmelsschleusen, um nach Wochen der Trockenheit endlich wieder Regen auf das Land fallen zu lassen.

Es war trotzdem ein sehr netter Besuch, der sich sicher wiederholen wird. Ein paar Bilder sehr ihr hier:

Nun zum Rezept.

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Bordeaux-Weizen mit zwei Mutterkörnern, die aussortiert werden müssen

Den ganzen Heimweg arbeitete es in meinem Hirn, was ich nun mit dem Getreide ausprobiere. Kaum zuhause zurück, war schon die Mühle hervorgeholt. Begonnen habe ich mit dem Bordeaux-Weizen und einem Brötchenrezept. Das Getreide ist aus der Tüte fast sauber, sollte aber noch mal etwas abgesucht werden, da sich zum Teil noch einige wenige Spelze darin befinden und möglicherweise auch Mutterkörner, die leicht an ihrer schwarzen Farbe zu erkennen sind. Letztere sollten möglichst aussortiert werden.

Bord2Dann sprachen die Korund-Steine und mahlten das Getreide zu feinem Vollkornmehl. Da ich keinen Vollkornsauerteig vorbereitet hatte, musste wie so oft der gelagerte Lievito Madre herhalten. Die Teigausbeute habe ich in den hohen 180er Bereich hochgeschraubt, damit die Brötchen besonders saftig werden. Das Mehl macht das problemlos mit. Es hat eine gute Fallzahl, wie mir Petra Schulze Westerhoff erzählte.

Einhelliges Urteil heute morgen am Frühstückstisch: Ausgezeichnet!! Optisch ist bei den Ausbünden noch etwas Luft nach oben, doch die Krume ist super. Obwohl kein Malz im Rezept verwendet wird, erinnern mich Duft und Geschmack sehr an Brötchen mit Malzzugabe.

Das Rezept dürfte sich problemlos auch so mit normalem Weizenvollkornmehl nachbacken lassen. Wer an Bordeaux-Weizen kommen kann, sollte es aber einmal damit probieren.

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Mengen für  20-22 Brötchen von ca. 100 g Teiglingsgewicht (in Klammern für 10-11 Brötchen)

Autolyseteig:
1000 (500) g Weizenvollkornmehl (ich: Bordeaux-Weizen frisch gemahlen)
150 (75) g Lievito Madre oder fester Weizensauerteig aus dem Kühlschrank
770 (385) g Wasser 12-15°C
(Messerspitze Vitamin C, z.B. Acerola-Kirschpulver)
Die Zutaten mit dem Kneter verrühren, bis ein Teigballen entstanden und der LM aufgelöst ist. Eine Stunde abgedeckt ruhen lassen.

Hauptteig:
Autolyseteig
24 (12) g Salz
4 (2) g Frischhefe
24 (12) g Butter
Die Zutaten 2 Minuten langsam, dann 4-5 Minuten schnell kneten, bis ein glatter Teig entstanden ist, der sich von der Schüssel löst.

140 (70) g Wasser (12-15°C)
Schluckweise das Wasser unter den Teig kneten, immer wieder warten, bis es dieser aufgenommen hat.

150 (75) geröstete Sonnenblumenkerne
langsam für 1-2 Minuten in den Teig einkneten.

Den Teig für 2-3 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen. Er sollte sich verdoppeln.

Auf die bemehlte Arbeitsfläche geben und in Stücke von ca. 100 g teilen. Diese mit bemehlten Händen zu einem Zylinder einrollen und den Schluß verschließen. Dabei nicht zu stark entgasen. Der Teig ist klebriger und etwas rissiger als bei Typenmehlen.

In ein auf einem Blech liegendem Leinentuch mit Schluß oben einziehen. Sobald alle Teiglinge im Tuch sind, eine Kunststofftüte darüber ziehen und die Teiglinge 12 Stunden im Kühlschrank reifen lassen.

Am Backtag die Teiglinge auf den Einschießer wenden, ggf. einschneiden und dann mit viel Dampf bei 240 °C in den Ofen auf den Backstein geben. Bei gleicher Temperatur für ca. 22 Minuten schön ausbacken. Nach dem Backen mit Wasser besprühen.