Archiv der Kategorie: Brote ohne Triebmittel

Saatenkraftbrot

Heute habe ich für Euch ein Brotrezept, das mich schon seit einiger Zeit beschäftigt hat. Durch meine überraschende Erkrankung im Frühjahr ergab es sich, dass ich eine tiefgreifendere Änderung meines Ernährungsverhaltens vornehmen musste. Einer der Hauptfaktoren dabei war die Reduktion der Aufnahme von Kohlehydraten (Stärke) mit meiner Nahrung.

Bekanntlich besteht üblicherweise Brot vor allem aus Kohlehydraten. Somit hat meine Erkrankung gerade mich als „Brot Doc“ etwas auf dem falschen Fuß erwischt. Aber wie sagen die Engländer so schön: I had it coming… Doch man weiß sich ja zu helfen. Neben dem klassischen und einfach umzusetzenden FdH-Prinzip („Friss die Hälfte“) kann der Bäcker ja auch die Zutaten so wählen, dass sich der Gehalt an Kohlehydraten in der Nahrung reduziert.

In diesem Fall geschieht das, indem vollständig auf Mehl verzichtet wird. Lediglich ein gewisser Anteil, weniger als 50 Prozent, im Teig besteht aus Getreideflocken. Der Rest ist aus Saaten. Die Bindung des Teiges wird durch Flohsamenschalen gewährleistet, die ja auch bei vielen glutenfreien Broten gute Dienste leisten. Bekannt wurde diese Rezeptur durch eine kanadische Bloggerin vor etwa 10 Jahren, Sarah Britton. Sie nannte ihr Brot „Life changing Bread“, und unter diesem Namen ist es weltweit bekannt geworden. Ein echter „Blog-Buster“. Selbst die traditionsbewussten deutschen Innungsbäcker haben sich des Rezeptes angenommen und es für gut befunden. Und das will etwas heißen.

Ich wurde durch einen Post meiner Blogger-Kollegin Marta Ullmann im vergangenen Jahr darauf aufmerksam. Schaut bitte bei Marta mal vorbei – ich finde toll, was sie in den letzten Jahren gebloggt hat.

Das Prinzip funktioniert erstaunlich gut. Ich habe das Brot mehrfach gebacken, in verschiedenen Zusammensetzungen. Das Rezept ist nämlich ausserordentlich flexibel. Welche Zutaten ihr nehmt, hängt von Eurem Geschmack und Euren gesundheitlichen Bedürfnissen ab. Während meiner Backversuche zeigte sich, dass ich eine deutliche Hochskalierung der Rezeptparameter vornehmen musste, damit meine 5-Personen-Haushalt-Brotformen auch gefüllt sind und ich nicht so kleine Knickerchen backe, wie sie andere Nachbäcker zeigten.

Voller guter Nährstoffe und ohne Gluten, ohne Histamin oder andere fermentationsbedingte Reizstoffe

Wer Gluten verträgt, kann auch Weizenflocken, Dinkelflocken, Roggenflocken oder Ähnliches nehmen. Auch bei den Saaten ist volle Flexibilität vorhanden. Meine Rezeptversion ist glutenfrei. Wer Histamin nicht verträgt, nimmt statt Balsamico-Essig Verjus oder Branntweinessig. Oder lässt die Säuerung gleich ganz weg. Sogar die Zugabe von Sauerteigresten von der Fütterung ist möglich. Dann vertragen das Brot aber Gluten- oder Histaminintolerante nicht mehr.

Also eines der flexibelsten Rezepte, die ich kenne. Aber: ist das wirklich Brot? Könnte man sich fragen, weil: kein Mehl, kein Triebmittel, keine Fermentation… Es erfüllt aber seinen Zweck als „Brot“ sehr gut. Eine bis zwei Scheiben sättigen für viele Stunden und versorgen den Körper gleichzeitig mit vielen wichtigen Nährstoffen, die in einer „normalen“ Brotscheibe in dem Ausmaß nicht enthalten sind. Und nicht alle Menschen brauchen Brottteige, die erst nach mindestens vierundzwanzigstündiger Reifezeit in den Ofen dürfen. Aus eigener Erfahrung kann ich zudem bestätigen, dass es eine gute Brotalterative für Menschen mit Diabetes Mellitus ist – der Zuckerspiegel steigt laut Sensormessung nur moderat an nach dem Genuss.

Bernd Kütscher mit den „Heimatbroten“ (Foto: Bernd Kütscher)

Noch etwas kann ich berichten: ich war mit Heidi Schlautmann, Michaela Pelz, Noemi Mollet und Oliver Distelkamp die letzten Tage in der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk in Weinheim. Dort gab Wayne Caddy aus dem Vereinigten Königreich eine „Master-Class“ für Artisan-Bread und dekorative Brote, sowie Brote mit besonderen Zutaten. Ein tolles Erlebnis! Für mich war es meine erste Rückkehr zur Akademie nach der Pandemie und ich konnte endlich dem Leiter der Akademie, Bernd Kütscher, ein Exemplar meines Buchs „Heimatbrote“ persönlich überreichen. Bernd hat mir während der Recherchen mit Rat und Tat beiseite gestanden. Hierfür möchte ich mich auch hier noch einmal bedanken.

Mit Wayne haben wir sowohl im Kurs, als auch in den Abend- und Nachtstunden in den Kneipen Weinheims unglaublichen Spaß gehabt. Eine tolle Bäcker- und Lehrerpersönlichkeit, der es nicht nur um das Backen und die Knete geht. Sondern auch um die Menschen, die das machen. Seine Vorgehensweise deckt sich sehr mit der, die ich für mich gefunden habe. Wer die Chance bekommt, einen seiner Kurse zu erleben, sollte ohne nachzudenken zugreifen!

Doch nun zum Rezept. Ich entschuldige mich für den langen Text. Doch er musste diesmal sein.

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Saatenkraftbrot

Ein ungewöhnliches Brot, in jeder Hinsicht einzigartig
Zubereitung Vorteig20 Minuten
Quellzeit4 Stunden
Produkt: Brot
Triebmittel: Andere Triebmittel
Keyword: Flohsamenschalen, Haferflocken, Saaten
Portionen: 1 Brot/-e

Zutaten

Trockene Zutaten

  • 380 g Haferflocken grob alternativ: andere Getreideflocken Eurer Wahl
  • 65 g Quinoa alternativ: Amaranth
  • 230 g Kürbiskerne
  • 230 g Sonnenblumenkerne
  • 180 g Leinsamen geschrotet alternativ: ganze Leinsamen
  • 45 g Flohsamenschalen

Flüssige Zutaten

  • 640 g Wasser
  • 35 g Olivenöl alternativ: andere Pflanzenöle
  • 30 g Balsamico bianco alternativ: Branntweinessig, Verjus, Essig Essenz
  • 45 g Ahornsirup alternativ: Honig, Malzextrakt
  • 22 g Salz

Anleitungen

  • Die trockenen Zutaten in eine Schüssel geben und mit der Hand gründlich vermischen. Die Flohsamenschalen müssen gleichmäßig unter die anderen Zutaten gemischt werden.
  • Die flüssigen Zutaten in einer weiteren Schüssel miteinander vermischen. Das Salz sollte sich auflösen.
  • Die Mischung der flüssigen Zutaten in die Schüssel mit den festen Zutaten gießen. Mit einem Rührlöffel oder optimalerweise mit einem Handrührgerät die Masse gut verrühren.
  • Die Flohsamenschalen sorgen hierbei dafür, dass eine gute Teigbindigkeit entsteht.
  • Sobald die Masse gut gemischt ist, diese mit einem Löffel in eine Kastenform mit den Maßen 23 x 11 x 9,5 cm einfüllen. Dabei die Masse gut andrücken.
  • Einen Silikonschaber befeuchten und die Oberfläche schön glatt ziehen (siehe Foto).
  • Den Teigling insgesamt 4 Stunden bei Raumtemperatur (oder bis zu 24 h im Kühlschrank) quellen lassen.
  • Den Ofen auf 210 °C vorheizen (Ober-/Unterhitze).
  • Das Brot einschießen und nicht schwaden. Die Temperatur auf 150 °C herunterregeln.
  • Die Backzeit beträgt 2,5 bis 3 Stunden bei 150 °C. In dieser Zeit verfestigt sich die Krume und in der Kruste entstehen leckere Röstaromen.
  • Das Brot aus dem Ofen holen, auskippen und mindestens 12, besser 24 Stunden auskühlen lassen. Es empfiehlt sich, den Brotlaib nach einer Stunde in eine Kunststofftüte zu legen.

Ur-Brot

Im Nachgang zu meiner Rezension des Brotbackbuchs Nr. 4 hat meine Familie mit großem Genuss die daraus gebackenen „Honig-Salz-Brote“ verspeist und mich geradezu bedrängt, sie nochmal zu backen. Es ist im Grunde ja auch faszinierend. Ohne Zugabe eines klassischen Triebmittels reift dieser Teig innerhalb eines Tages zu einem mehr als gelungenen Schrotbrot heran, das eine völlig gesunde Krume aufweist und großartig schmeckt.

Wie habe ich mich schon mit Schrotbroten gequält… Meist gab es Schwierigkeiten mit der Krumenfestigkeit und dem unerwünschten „Ballen“ der Krume. Oder mit Krumenrissen. Nichts davon hier. Somit musste ich natürlich an diesem Wochenende wieder „ran“.

Anlehnend an die Parameter von Lutz‘ Rezept aus dem Buch habe ich ein eigenes Rezept berechnet, bei dem zur geschmacklichen Intensivierung noch eine Saatenmischung hinzukommt. Das Pflanzenöl habe ich ehrlich gesagt vergessen, aber es scheint auch nicht unbedingt nötig zu sein. Das Ergebnis wurde erneut optisch und geschmacklich spitzenmäßig.

Einige wichtige Hinweise an alle, die dieses Brot nachbacken wollen:

Damit es gelingt, müsst ihr einige Bedingungen wirklich einhalten. Damit meine ich vor allem die Reifetemperatur. Wenn ihr den Teig nicht bei 27 – 30 °C konstant (!) reifen lassen könnt, dann müsst ihr euch auf wesentlich längere Reifezeiten einstellen. Wenn es überhaupt klappt. Das zweite ist der Honig. Der Honig sollte kaltgeschleudert sein und möglichst von einem lokalen Imker stammen, der ihn naturbelassen herstellt. Dann enthält er die wichtigen Nektarhefen, die in diesem Teig die Spontanfermentation anstoßen. Das Schrot sollte auch möglichst frisch sein. Verwendet eine Einlage in der Form, um ein Ankleben des Teigs zu vermeiden.

Und noch etwas ist wichtig: Bei Spontanfermentationen kann immer etwas schief gehen. Es können sich unerwünschte Mikroorganismen vermehren. Das einzige, das dies zuverlässig verhindert, ist Säure. Die Säure entsteht bei gesunder Spontanfermentation automatisch im Teig. Kostet Euren Teig also bevor ihr backt. Er sollte leicht säuerlich schmecken oder riechen. Dann ist er gesund, egal welche sonstigen Geruchsnoten ihr noch wahrnehmt.

Für uns ist dieses Rezept eine echte Bereicherung unseres Brotkorbes und wird ab jetzt sicher mindestens 1 x im Monat gebacken. Vollwertiger geht es nicht.

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Ur-Brot

Faszinierendes Schrotbrot. Aus dem vollen Korn, rein spontan fermentiert.
Hauptteig + Formen30 Minuten
Reifezeit1 day
Arbeitszeit gesamt40 Minuten
Produkt: Brot
Triebmittel: Andere Triebmittel
Keyword: Honig, Spontanfermentation
Portionen: 1 Brot

Zutaten

Hauptteig

  • 620 g Wasser 50 °C
  • 485 g Weizenschrot fein (ich: Granat Rotkornweizen)
  • 325 g Roggenschrot fein
  • 80 g Saatenmischung geröstet, abgekühlt
  • 18 g Salz
  • 26 g Honig kaltgeschleudert

Anleitungen

  • Die Saatenmischung in einer Pfanne anrösten und abkühlen lassen.
  • Das heiße Wasser in die Knetschüssel geben. Die Schrote hinzufügen und Salz und Honig darauf geben.
  • Mit der Knetmaschine die Zutaten 10-12 Minuten bei langsamer Geschwindigkeit vermischen. Die Teigmasse sollte schön bindig werden. Gegen Ende des Mischens die Saaten hinzufügen und in den Teig einmischen lassen.
  • Eine Kastenform für 1 kg Teig entweder sehr gut fetten oder mit einer Einlage aus Backpapier versehen.
  • Den Teig auf der Arbeitsfläche lang wirken und mit dem Schluß nach unten in die Form legen. Etwas andrücken.
  • Eine Abdeckhaube über die Form ziehen und diese an einem warmen Ort (optimal ca. 30 °C) für 24 Stunden reifen lassen. In dieser Zeit sollte der Teig bis zum Rand der Form hochklettern.
  • Den Ofen auf 220 °C (Ober-/Unterhitze) vorheizen und die Kastenform mit Deckel hineinstellen. Mit Deckel für 90 Minuten abfallend auf 180 °C backen. Das Brot aus der Form nehmen und weitere 30 Minuten ohne Form backen.
  • Gut auskühlen lassen. Damit die Kruste wieder etwas weicher wird empfiehlt es sich, das Brot nach ca. 60 Minuten Abkühlen in eine Kunststofftüte zu ziehen.