Ich experimentiere seit 2 Wochen mit zwei italienischen Pizzamehlen, die ich mir auf Empfehlung von Claudio Perrando habe liefern lassen. Die Mehle stammen aus einer Mühle in der Nähe von Salerno, den Molini Pizzuti. Ich gebe zu, dass mich auch ein wenig Schwärmerei dazu brachte, diese Mehle den weiten Weg aus Italien kommen zu lassen. Der Aufenthalt in und um Salerno herum zählte zu den Höhepunkten unseres diesjährigen Sommerurlaubs. Mangels Fahrzeugs war es allerdings unmöglich, von dort Mehl mitzubringen.
Beide Mehle sind nach der italienischen Klassifikation Tipo 0 – Mehle und würden in Deutschland in etwa der Type 650 entsprechen, wenn es sie gäbe. Das „Costa d’Amalfi“ hat dabei einen W-Wert von 300 und ist damit kleberstärker als hochwertige deutsche 550er Mehle. Das „Vesuvio“-Mehl übertrifft das noch mit einem W-Wert von 350, bleibt aber unter dem W-Wert des Tipo 0 – violett von Bongu.de, das ich bereits gut kenne.
Nach Angaben der Mühle soll das „Vesuvio“-Mehl sich besonders für langzeitgeführte Teige eignen, während „Costa d’Amalfi“ für mittellange Fermentationen verwendet werden soll. Inzwischen habe ich von beiden Mehlen je etwa 5 kg verbacken und kann schon berichten, dass mit den Mehlen Teige entstehen mit dem anhaltendsten Teigstand, den ich je erreicht habe. Pizzateig wird dehnbar elastisch, jedoch ohne über eine längere Fermentation nachzulassen oder die Struktur zu verlieren. Es wird möglich, Pizzen mit ganz dünnem Boden und krossem Rand ohne Rollholz zu formen. Brotteige halten ihre Form auch ohne Stütze über längere Garezeiten.
Ein Beispiel soll dieses Rezept sein. Es entstand heute als Experiment mit dem Vesuvio-Mehl, weil ich ausprobieren möchte, wie gut der Stand über eine 48- bis 72-stündige Reifezeit ist. Ich habe die doppelte Teigmenge gemacht und eine Hälfte bei hochsommerlichen Temperaturen direkt reifen lassen und gebacken. Die andere Hälfte ruht seit 12 Stunden im Kühlschrank und wird noch mindestens bis Dienstagabend dort bleiben. Wenn der Stand noch gut ist, dann auch bis Mittwochabend.
Das Ergebnis der Langzeitführung werde ich noch nachliefern. Das Brot ist schön locker-luftig und mit viel Krumenaroma durch den Sauerteig und ein Altbrot-Quellstück aus geröstetem Altbrot. Wer es nachbacken möchte, sollte sich ein wirklich kleberstarkes und standkräftiges Weizenmehl besorgen. Die Pizzuti-Mehle sind auch in Deutschland verfügbar, aber nicht in kleinen Gebinden. Alternativ bitte ein gutes Pizzamehl eines anderen Herstellers nehmen. Da die Teigausbeute nicht zu hoch ist, könnte unter Umständen das kleberstarke Weizenmehl 550 von der Biomühle Eiling gehen, wenn jemand lieber mit regionalen deutschen Mehlen arbeiten möchte. Ich habe das jedoch nicht probiert und kann keine Garantie geben, dass es geht.
Pane Rustico
Zutaten
Sauerteig
- 115 g Weizenmehl Tipo 0 kleberstark
- 115 g Wasser warm
- 5 g Sauerteiganstellgut
Altbrot-Quellstück
- 60 g Altbrot geröstet und gemahlen
- 90 g Wasser warm
Autolyseteig
- 580 g Weizenmehl Tipo 0 kleberstark
- 380 g Wasser
Hauptteig
- 235 g Sauerteig
- 150 g Altbrotquellstück
- 17 g Salz
- 15 g Olivenöl
Anleitungen
- Die Sauerteigzutaten gut verrühren und den Sauerteig abgedeckt 12 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen.
- Die Zutaten für das Altbrotquellstück verrühren, abdecken und 12 Stunden ruhen lassen.
- Für den Autolyseteig Mehl und Wasser 1 bis 2 Minuten verkneten und dann 30 Minuten ruhen lassen.
- Den Sauerteig, das Altbrot-Quellstück und das Salz zum Autolyseteig geben und 2 Minuten langsam, dann 5 bis 6 Minuten schnell kneten, bis sich der Teig vollständig von der Schüssel löst.
- Das Olivenöl noch in den Teig einkneten.
- Den Teig in eine eingeölte Teigschüssel legen und 30 Minuten reifen lassen. Einmal dehnen und falten. Dann den Teig 4 bis 5 Stunden an einem warmen Ort, z.B. im Ofen mit angeschalteter Lampe, reifen lassen. Er sollte sich verdreifachen (s. Bilder).
- Den Teig auf die bemehlte Arbeitsfläche kippen und in zwei Teile teilen.
- Jeweils ähnlich einem Baguette die beiden Teiglinge straff lang wirken. Mit dem Schluß unten auf ein Backpapier legen. Abgedeckt 60 Minuten ruhen lassen.
- Den Ofen auf 240 °C (Ober-/Unterhitze) vorheizen. Die Teiglinge einschneiden und mit viel Schwaden in den Ofen auf den Stein befördern. Temperatur auf 230 °C reduzieren und die beiden Teiglinge für 30 bis 35 Minuten kräftig abbacken.
Hallo Björn,
Du schreibst dass das Mehl in etwas Type 650 entspricht. Da ist wohl ein Tippfehler, denn im weiteren erwähnst Du 550.
Das Rezept klingt spannend und gut, schade, dass es das Mehl nur im 25 kg gibt.
Ich habe italienisches Pizzamehl, allerdings 00.
Gruß
Angelika
Nein, ein Tippfehler ist es nicht. Das Mehl hat einen Aschegehalt von 650 mg in 100 g Mehl, das entspräche der deutschen Type 650, wenn es sie gäbe. Ein solches Mehl fällt in der Tat hier noch unter die 550er Mehle. Einen vergleichbaren Mineralstoffgehalt haben französische T65 Mehle auch. Versuche Dein Pizzamehl einfach. Wie ich schon schrieb, die Teigausbeute ist nicht zu hoch. Es kommt eher auf den Stand des Teiges an.
Aha, wieder etwas gelernt, danke.
Gruß
Angelika
Eine sehr gelungene Beschreibung des Rustico! Abends die Vorteige angesetzt und am Folgetag abgebacken.
Bei ähnlichen Pane oder Pain mische ich den Sauerteig mit der Anschüttung zu einem schaumigen Brei. Anschließend das Mehl zu einem streuselartigen Teig und stelle es zur Autolyse sogar bis 60 min.
Bisher haben deutsche Mehle zwischen 550-812, polnisches 650 iger oder Italomehle Semolina und Typo 0 sehr gute Ergebnisse gebracht. Die Besten bei Manitoba aus der Caputo Mühle von Neapel.
Angelika, bitte berichte mal falls du das Typo 00 verwendest über den Teigstand.
Angelika, bitte berichte mal falls du das Typo 00 verwendest über den Teigstand.
Wow… das Brot sieht genial aus….und erstaunlich dunkel für ein Weizenbrot!!
Frage: kann ich ein kleberstarkes Ruchmehl verwenden? Ist zwar gröber, aber?
Oder eine Mischung mit Typo 00???
DANKE für eine Beantwortung.
Allgäuer Grüße, Regine
Das Dunkle kommt durch das Altbrot. Ruchmehl sollte kein Problem sein.
Hallo,
du schreibst, dass du auf dem Italien-Trip bist. Ich würde mich sehr über ein Rezept für Panetone freuen. Ich hoffe du probierst mal Panetone aus und veröffentlichts das. DANKE!!!!
Die Panettone-Formen habe ich schon lange hier. Ich nehme es mir noch mal fest vor.
Habe den Sauerteig angesetzt und das Altbrot geröstet. Brot ist schon mehrmals super gelungen.
Morgen möchte ich Oliven einarbeiten. Sollte ich dabei irgend etwas beachten ?
Die Oliven sollten gut abgetropft sein und erst gegen Schluß des Knetens vorsichtig eingeknetet werden. Vorher am besten vierteln oder in Scheiben schneiden.
Hallo,
ich habe das Brot mit kleinen (ungewollten) Änderungen nach gebacken.
Mehl Typ 00 und Anstellgut vom Roggen (Weizen hatte ich vergessen anzusetzen).
Eigentlich sollte es das Brot am Abend zum Grillen geben – das war der Plan. Nach ca. 2 Stunden Reife musste das ganze verschoben werden, Teig also ab in den Kühlschrank.
Nach ca. 20 Stunden aus dem Kühlschrank, nochmal ca. 3 Stunden bei Raumtemperatur stehen lassen. Dann die Aufarbeitung und Backen wie im Rezept. Und es wurde eines meiner besten Grillbrote. Es ist ein sehr helles Brot (keine Ahnung ob das am Mehl liegt), Geschmack leicht säuerlich, schöne Porung. Der Teig ist sehr weich. Dadurch hat sich die Form beim in den Ofen schieben etwas verselbständigt. Werde beim nächsten Mal die Flüssigkeit reduzieren.
Ja, der Teig ist sehr weich, aber zu handhaben. Vielleicht lag es aber auch an der längeren Reifezeit und dem damit verbundenen Abbau der Teigstruktur.
Pingback: Kürbis-Käsestangen | der brotdoc
habe das Rezept rerst kürzlich entdeckt und kein entsprechendes Mehl zur Hand gehabt. Also stattdessen 70% Weizen-Backstark von Eiling und 30% Ruchmehl verwendet. Es ist m. E. prima gelungen und dank Altbrot und Öl unglaublich geschmacksintensiv, locker und dennoch saftig. Für den Grillabend perfekt.