Artisan-Brot 2.0

Vor einigen Wochen habe ich hier ein Rezept veröffentlicht, das das sogenannte „Artisan-Brot“ der „Mein Schiff“-Flotte von TUI-Cruises nachempfindet. Das ist ein grundehrliches Weizenbrot ohne Ecken und Kanten, mit dem fast jeder zufrieden sein kann.

Damals habe ich jedoch schon die ganze Zeit überlegt, wie gut diesem Rezept Sauerteig tun würde. Daher passte eine eigene Adaptation des Artisan-Brotrezeptes sehr gut in meine Backreihe mit sogenannten Tartine-Style-Broten, also Broten mit offener, „wilder“ Krumenporung, die nur mit Sauerteig getrieben werden. Außerdem glaube ich, daß der Schöpfer des „Schiffs-Artisan-Brotes“ eigentlich ein Sauerteig-Artisan-Brot, wie es die Tartine-Bakery herstellt, im Sinn hatte, aber aus Gründen der Praktikabilität auf Hefe umstellen musste.

Ich habe also eine ähnliche Mehlkomposition wie der Macher des „Mein Schiff Artisan Brotes“ genommen. Also knapp 30 Prozent Weizenvollkornmehl und 70 Prozent helles Brotmehl. Lediglich das 550er Mehl habe ich aus geschmacklichen und backtechnischen Gründen mit Weizenmehl T65 ersetzt. Heraus gekommen ist ein außergewöhlich leckeres, geschmacklich deutlich tieferes Weizenbrot, das ich dem rein mit Hefe getriebenen Schiffspendant persönlich vorziehen würde.

Tar3

Restlos überzeugt bin ich seit diesem Brot auch vom Backen im „Dutch Oven“, also einem gußeisernen Brätertopf. Ich habe mich lange gesträubt, mir so einen Topf anzuschaffen. Doch der Ofentrieb und der Unterschied im Volumen des Backergebnisses sind frappierend.

Menge für 1 Brot aus dem 1 kg Gärkorb

Weizensauerteig:
85 g Weizenmehl T65
85 g Wasser (40°C)
15 g aktives flüssiges Weizen-ASG
Gut verrühren und für 4 Stunden bei 28°C reifen lassen. Der Sauerteig sollte Blasen werfen und einen appetitlichen Joghurtgeruch verströmen.

Autolyseteig:
150 g Weizenvollkornmehl
350 g Weizenmehl T65
350 g Wasser (30°C)
Gut vermischen und 60 Minuten quellen lassen.

Hauptteig:
Autolyseteig
11 g Salz
Das Salz für 1-2 Minuten einkneten. Dann die 185 g Sauerteig zufügen und mit der Maschine sauber in den Teig einarbeiten. Sobald der Sauerteig im Teig aufgelöst ist das Kneten beenden, und den Teig in eine eingeölte Teigschüssel geben.

4 bis 4 1/2 Stunden reifen lassen. In den ersten 1 1/2 Stunden alle 30 Minuten den Teig dehnen und falten. Dann den Teig aufgehen lassen, bis er sich fast verdoppelt hat.

Den Teig auf die bemehlte Arbeitsfläche geben. Vorsichtig rund vorformen. 20-25 Minuten ruhen lassen. Dann den Teigling wenden und etwas rechteckig ziehen. Möglichst ohne den Teig zu entgasen eine der kurzen Seiten über den halben Teig falten. Die andere kurze Seite darüber falten. Den entstehenden länglichen Teigbatzen einmal zusammenfalten und den Schluß etwas andrücken,  sodaß ein in etwa quadratisches Teigpäckchen entsteht. Dieses wenden und mit der Teigkarte und einer Hand vorsichtig rund schieben. Mit dem Schluß oben in ein gut bemehltes Gärkörbchen legen.

60 Minuten anspringen lassen. Dann für 12 Stunden bei 7°C im Kühlschrank reifen lassen.

Am Backtag den Ofen mit einem Brätertopf auf 250°C aufheizen. Das Brot vorsichtig in den Topf befördern (Schluß unten) und den Deckel auflegen. Für 10 Minuten bei 250°C weiterbacken, dann auf 215°C herunterschalten. Den Topfdeckel nach 25 Minuten entfernen und für insgesamt 60 Minuten schön dunkel zuende backen.

28 Gedanken zu „Artisan-Brot 2.0

  1. ESchu

    Welche Backtöpfe sind denn geeignet ? Immerhin muss der Gladeckel ja 250Grad aushalten.
    Mir stellt sich gerade diese Frage, weil ich mir einen kaufen möchte.
    Viele Grüße aus dem Wendland
    E.S

    Antworten
    1. brotdoc Beitragsautor

      Du kannst alle gusseisernen Töpfe mit ebenso gusseisernem Deckel nehmen. Richtige Bräter haben keinen Glasdeckel. Sehr gut sind z.B. die Töpfe von Le Creuset oder Staub. Die haben zwar ihren Preis, sind aber exzellent.

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  2. Angelika

    Lieber Brotdoc,

    vielen Dank, das Rezept möchte ich unbedingt ausprobieren. Ich habe allerdings nur Lievito Madre. Muss ich ihn umzüchten oder kann ich ihn direkt verwenden und entsprechend mehr Wasser zugeben? Und wenn ich statt T65 Weizen 550 oder die österreichische W700 verwende, in welcher Größenordnung muss ich da das Wassser reduzieren? Und habe ich es richtig verstanden, dass du das Brot kühlschrankkalt direkt in den aufgeheizten Topf gibst ohne anwärmen auf Zimmmertemperatur?

    Schöne Grüße in die münsterländische Heimat aus Tirol,
    Angelika

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    1. brotdoc Beitragsautor

      Das Wasser sollte um 5 bis 8 Prozent reduziert werden. Du kannst den flüssigen Sauerteig ganz normal mit LM ansetzen. Und ja: das Brot direkt backen, aus dem Kühlschrank heraus.

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  3. Peter

    Ob Glasdeckel o.a. Ein Gusstopf u.a. habe ich ohne Deckel im SuH für einen Appel und ein Ei in Schonach erstanden. Der schöne Ort hat sicher keine Hobbybäcker. Macht sich sehr gut bei Teigeinwaage von 1-1,5 kg und runden Broten. Dazu verwende ich einen runden herkömmlichen Glasdeckel ohne Plaste. Funktioniert! Wenn der Deckel abgenommen wird auf Keramik stellen und nicht mehr drum kümmern und anfassen. Wenn das fertige Brot aus dem Ofen geholt wird hat sich der Deckel sicher abgekühlt. Niemals mit Wasser abkühlen, es sei denn er soll entsorgt werden aber dann die kleinen Scherben mit entsorgen.

    Mein im vorigen Jahr gekauften Alugussbräter ca 25 Euronen hat einen Glasdeckel (Jenaglas) Anfangsofenthemperatur 275 °C ohne Probleme mehrfach vertragen. Verkaufsorder 230 °C (wohl ein Discountwerbeversuch), es passt Teig zwischen 1-1,5 kg für ein längliches Brot hinein. Wahrscheinlich kann mein Alugussbräter nicht lesen. Dafür habe ich Heimkino vor dem Backofen.

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    1. Peter

      Hallo Georg,
      der Sinn der Aufheizung des Topfes ist eine sehr schnelle Verkrustung des Teigbodens. Die Wärmekappazität des Bräter o Topfes ist in folge der Materialdicke dafür entscheidend. Du kannst (mit Handschuhen) den Teigling im Bräter o. Topf umgehend hin und her rutschen lassen. Bereits zu diesem Zeitpunkt klebt nichts mehr. Folglich rutscht das fast fertige Brot aus dem Bräter o. Topf. Die letzten 10 min wird das Brot ohne Bräter o Topf im Backofen ausgebacken.
      Wenn der Gärkorb mit Kartoffelmehl (Stärke) leicht ausgepudert ist flutscht der Teigling zügig in den Bräter oder Topf. Meine Teige machen das mehr als 10 mal ohne das ich neu nachpudere. Backen im Bräters o Topf benötigt wesentlich weniger Fähigkeiten bei der Teigbearbeitung. Es kommt dem Backen im Steinofen sehr nahe.

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  4. Jens

    Hallo Björn,

    kannst Du noch dazu schreiben bei welcher Temperatur der fertige Teig reifen soll? Wohl nicht bei den 28° bei denen der Sauerteig reifen soll, damit war bei mir nach 3,5h nur noch haltloser Glibber übrig. Ich vermute 20°?
    Geschmachlich war der Glibber aber trotzdem super ;p

    Könnte man die Kühlschrankzeit bei 3° auch auf 20h ausdehnen?

    Gruß
    Jens

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    1. brotdoc Beitragsautor

      Beim Artisan-Brot 2.0 sollte der Teig bei ca. 26°C Teigtemperatur bleiben, damit die Triebfähigkeit des Sauerteigs erhalten bleibt. Es ist allerdings bei manchen Sauerteigen schwierig die Teigstruktur bei längeren Reifezeiten zu erhalten. Je nach Zusammensetzung des Anstellguts wirkt der Sauerteig manchmal sehr stark abbauend auf Stärke / Kleberstruktur. Wenn das bei Dir der Fall ist, dann solltest Du entweder versuchen, den Sauerteig gesund zu füttern (mehrfach warm auffrischen, nicht zu reif werden lassen zwischen den Fütterungen), oder Dir zur Not einen neuen Sauerteig ansetzen.

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  5. Inke

    Hallo Björn,
    endlich will ich nun dieses Rezept ausprobieren, würde aber das Brot gerne mit einer wild aufgerissenen Oberfläche haben.
    Empfiehlst Du mir, es wie beschrieben zu formen, aber den Schluss nicht zuzudrücken und nach unten ins Gärkörbchen zu legen? Oder was muss ich alternativ tun?
    Viele Grüße und Dank für eine Antwort
    Inke

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    1. brotdoc Beitragsautor

      Genau. Sorge dafür, daß der Schluß gut bemehlt ist und nicht zugedrückt wird. Am besten eignet sich die Schiebemethode hierfür.

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  6. Christoph

    Hallo Björn,

    vielen Dank für dieses Rezept. Hab es nachgebacken und eben aus dem Ofen geholt. Sieht top aus, doch mein Ofen schafft maximal ~230° (mit externem Messgerät auf dem Schamottstein gemessen, gebacken im Gusseisenbräter). Laut meinem bescheidenen Verständnis dürfte der Ofentrieb darunter etwas leiden. Sollten die Backzeiten deswegen um ca. 10% erhöht werden? Nimmst Du den Teig vor dem backen aus dem Kühlschrank oder kommt es direkt kalt in den Ofen?

    Antworten
    1. brotdoc Beitragsautor

      Wenn er nur 230 °C schafft, dann ist das halt so. Kannst Du eh nicht ändern. Ggf. backst Du dann einfach etwas länger mit 230°C, bevor Du reduzierst. Richte Dich bei der Backzeit nach der Bräunung. Der Teig wird direkt aus dem Kühlschrank heraus verwendet.

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  9. Helmut SKARKA

    Hallo Björn,
    habe heute das Artisanbrot aus deinem Buch gebacken. Dort ist nicht erwähnt, dass man die Temperatur reduzieren soll, was mir nicht plausibel erschien; deshalb habe ich im Blog nachgeschlagen. Würde man das Brot 1 Stunde bei 250 Grad backen, wäre das dann ‚a la Champagnole‘: das ist ein kleines Städtchen im Süden des französischen Jura, wo viele Brote ziemlich schwarz in den Boulangeries herumliegen (tolle Urlaubsgegend, im Gegensatz zu meiner Geburtsgegend Allgäu gibt es hier noch viele kleine Käsereien, die wunderbaren Comte produzieren).

    Bei meinem Brot habe ich im Hauptteig noch etwa 60 Gramm Lievito Madre dazugetan und dann im ovalen Creuset gebacken; es ist sehr schön aufgegangen und aufgerissen.

    Antworten
    1. Helmut SKARKA

      Ich muss mir noch selbst antworten:
      1. Champagnole liegt im Osten des Departements Jura
      2. Das Brot (aus dem Buch) hat durch die lange Backzeit eine fantastische Kruste und schmeckt hervorragend.

      Antworten
  10. René Scheier

    Danke für die vielen tollen Rezepte.
    wie setzte ich den Sauerteig genau an mit Lievito Madre (T150) anstelle von ASG flüssig?
    Danke René

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