Artisan-Brot von „Mein Schiff“

Trotz des großen Interesses an der neuen Brotdoc-Bookazine Sonderausgabe meiner Rezepte habe ich mir dieses Wochenende noch mal Zeit genommen zum Backen. Und zwar, wie angekündigt, für das Artisan-Brot, das es während meiner Baltikumreise auf „Mein Schiff 1“ gab. Das Rezept wird im Rahmen eines Workshops an Bord den Teilnehmern ausgehändigt und kursiert daher seit Jahren im Netz.

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Es handelt sich um ein auf den ersten Blick „einfaches“ Rezept ohne Schnörkel, das es aber etwas in sich hat. Will man ein Ergebnis „wie auf dem Schiff“ erzielen, dann ist schon etwas Erfahrung vonnöten. Insbesondere im Umgang mit weichen Teigen und mit dem Reifezustand von Teigen.

Bei mir hat sich als größte Schwierigkeit herausgestellt, das Brot im Ofen auch schön aufreißen zu lassen. Schlußendlich kam ich nach zwei „Fehlversuchen“ nicht darum herum, mein allererstes Topfbrot außerhalb von Backkursen zu backen. Einem Rat von Kerstin Schlegel in einer Facebook-Gruppe folgend. Damit hat es geklappt. Im geschlossenen Topf backt das Brot „im eigenen Saft“ (Dampf), wodurch sich der Ofentrieb so effektiv verlängert, daß es noch zu einem schön rustikalen Aufreißen kommt. Ohne Topf verhautete zumindest bei mir das Brot zu schnell trotz Schwaden, was mir wieder zeigt, wie undicht mein Ofen ist.

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Der zweite Backversuch, kaum aufgerissen weil es zu schnell verhautete

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Dritter Versuch: endlich schöne Einrisse – erst im Topf gelungen

Das Rezept setzt der Praktikabilität auf einem Kreuzfahrtschiff halber auf einen reinen Hefeteig ohne Vorteigführung, mit etwa 0,85 % Hefezusatz, der jedoch etwa 16 Stunden lang überwiegend kalt reift. Das führt zu einem grundehrlichen und schmackhaftem Weizenbrot, das wirklich zu allen Belägen passt. Es erreicht weder das geschmackliche Feuerwerk eines Weizensauerteigbrotes, noch die fruchtigen Aromen, die ein Poolish oder Biga zugefügt hätte. Nichtsdestotrotz finde ich es klasse, daß ein solch sauberes und gutes Brot in einem solch durchgetakteten Schiffsbetrieb täglich von morgens bis abends gebacken wird.

Capeau, TUI-Cruises!

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Ich habe mir nur kleine Abwandlungen erlaubt, z.B. finde ich eine gute Autolyse bei diesem Rezept wichtig, um die geplante Teigausbeute von 180 gut hinzubekommen. Des weiteren ist die Angabe im Originial-Rezept, daß 37 °C warmes Wasser genommen werden soll, aus meiner Sicht Quatsch und führt unausweichlich zu einem viel zu warmen und möglicherweise überkneteten Teig. Ich nahm kaltes Wasser (11°C) und habe dennoch nach dem Kneten eine Teigtemperatur von fast 25°C gehabt. Die dritte Abwandlung: ich habe den Teig während der warmen Ruhezeit nicht nochmals geknetet, sondern gedehnt und gefaltet. Und schlußendlich habe ich mir erlaubt, 20 g eines schön aromatischen Olivenöls zuzufügen. Einfach, weil ich das Aroma so gerne in Brotteigen mag.

Mengen für 1 großes Brot aus dem 1 kg Gärkörbchen

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Artisan-Brot von Mein Schiff

Das Artisan-Brot von der TUI-Cruises „Mein-Schiff“ Flotte
Zubereitung Vorteig20 Minuten
Hauptteig + Formen15 Minuten
Reifezeit (Hauptteig)17 Stunden
Arbeitszeit gesamt35 Minuten
Portionen: 1 Brot/-e

Zutaten

Autolyseteig:

Hauptteig:

  • Autolyseteig
  • 6 g Frischhefe
  • 16 g Salz
  • 60 g Wasser kalt, später zufügen
  • 20 g Olivenöl später zufügen

Anleitungen

  • Für den Autolyseteig die Zutaten für 2 Minuten verkneten und 1 Stunde abgedeckt ruhen lassen.
  • Zum Autolyseteig Hefe und Salz zugeben und für 4-5 Minuten kneten. Der Teig sollte schön glatt werden.
  • Die 60 g Wasser schluckweise zufügen, während die Maschine weiter knetet. Das Wasser muß vom Teig komplett aufgenommen werden.
  • Wenn der Teig sich wieder komplett von der Schüssel löst die 20 g Olivenöl zufügen und ebenfalls einkneten.
  • Den Teig zwei Stunden bei Raumtemperatur in einer Teigwanne ruhen lassen. Dabei nach 60 und nach 120 Minuten den Teig jeweils einmal dehnen und falten.
  • Die Teigwanne für 13-14 Stunden in den Kühlschrank bei 5 °C stellen. Der Teig sollte sich in dieser Zeit sichtbar vergrößern und beginnen, Blasen zu werfen.
  • Am Backtag aus dem Kühlschrank nehmen und 90-120 Minuten auf Raumtemperatur akklimatisieren lassen. Den Teig dann gut bemehlen und auf die Arbeitsfläche kippen.
  • Den ganzen Teigbatzen in die Hand nehmen und mit raschen Bewegungen rund formen. Diesen Arbeitsschritt kann man sich im folgenden Video an dieser Stelle auch ansehen. Viel Mehl ist hier wichtig. Mit dem gut bemehlten Schluß nach unten in das bemehlte Gärkörbchen legen. Abdecken.
  • Den Ofen (ggf. mit einem hitzebeständigen Topf, am besten aus Gußeisen) auf 250°C gut vorheizen.
  • Nach 45 Minuten den Teigling aus dem Gärkörbchen auf den Einschießer befördern. Der Schluß kommt dabei oben zu liegen und sollte beginnen, einzureißen. Entweder auf den Backstein oder in den Topf befördern, bei letzterem sofort wieder den Deckel auflegen. Topfbäcker bitte große Vorsicht vor Verbrennungen walten lassen!!
  • Insgesamt 60-70 Minuten dunkelbraun ausbacken. Die gut gebräunte Kruste trägt einen großen Anteil am Geschmack des Endergebnisses.

43 Gedanken zu „Artisan-Brot von „Mein Schiff“

  1. Hartmut

    Servus Miteinander,
    habe das Artisan-Brot auch nachgebacken, einzige Änderung, wie bei Björn, strecken und falten nach 60+120min. Habe sogar Trockenhefe genommen,1,7g. Werde nächstes mal, auch wegen dem Geschmack, mit Poolish arbeiten. Autolyse weiß ich noch nicht.
    Seht selber. Herzlich, Hartmut
    /Users/chef/Desktop/Artisan Brot.JPG/Users/chef/Desktop/IMG_2245.JPG/Users/chef/Desktop/IMG_2238.JPG

    Antworten
    1. Klaus

      Habe das Artisanbrot gebacken. Ohne Autolyseteig und Olivenöl. Man muß nicht versuchen an allem was zu „verbessern“…… finde die Verarbeitung des Teiges nicht so ganz einfach….. der Teig ist im Händling etwas schwierig aber 20 Jahre Brotbackerfahrungen sind doch da ganz hilfreich!

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      1. brotdoc Beitragsautor

        Muß man sicher nicht. In diesem Fall lag mir sehr daran, möglichst viel Getreidearoma zu bewahren, indem nicht so lange geknetet wird. Und das Olivenöl muß nicht rein, schmeckt mir aber persönlich sehr gut.

  2. ReginaE

    Ich finde das Brot „glatt“, ohne aufgerissener Krume, sehr gut. Der Geschmack wird der gleiche sein.
    Das direkt im Ofen gebackene scheint mir etwas auseinander gelaufen zu sein?

    Antworten
    1. brotdoc Beitragsautor

      Nein, das ging. Beim ersten Versuch wollte ich zwei nebeneinander backen und der Teig war schon ziemlich überreif. Das ging schief und gab Fladen.

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  3. Barbara David-Paulsen

    Eine wunderbare Erkärung zu dem Brot, wie alles vom Brotdoc. Ich starte gleich. Der Mehlvorat gibt ja das Gewünschte her. Ein Glück 🙂

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  4. Peter

    Klaus schreibt, „Man muß nicht versuchen an allem was zu „verbessern““!
    Wer aber nicht versucht…. weiss nicht ob es besser ist!
    Für mich ist eine reine oder komplexe Autolyse der Weg zu einer einfacheren Bearbeitung und eines ausgewogeneren Geschmacks.
    Björns Argumente für die Autolyse sind genau so entscheidend wie die Temperatur der Anschüttung für die richtige Teigtemperatur und das s&f.
    Genau so wichtig ist bei der Topfbäckerei, dass die Anforderungen an das ganze Prozedere wesentlich geringer ist als das Freischieben. Folglich ein sehr geeignetes Brot für Hobbybäcker ohne langjährige Erfahrung. Letztendlich entscheidet aber der individuelle Geschmack über das Artisan.
    Ich habe beide Artisanvarianten von Marla 21 aus dem STF nachgebacken. Mit dem http://www.der-sauerteig.com/phpBB2/viewtopic.php?t=9977&highlight=artisan hatte ich mein bestes Ergebnis.
    20 h kalte Gare gehen sicher. Dann auf die Akklimatisierung verzichten ode die Stockgare reduzieren. Qualitativ schwer einzunorden.

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  5. Randy

    Hallo,

    Das Artisan Brot musste ich jetzt unbedingt mal backen.
    Habe mich größtenteils an das Rezept gehalten. Da ich kein 550er hatte, habe ich T65 genommen. Olivenöl nein dafür Schweineschmalz. Wie alle Weizenbrote im Guseisentopf gebacken weil auch mein Ofen die Schwaden rausbläst. Ein Foto schicke ich per E-Mail.

    VG
    Randy

    Antworten
    1. Birgit Müller

      Hallo,
      habt ihr eine Idee wie ich den Teig gut in den Topf bugsieren kann? Durch das Plumpsen fällt er ja erst einmal wieder zusammen.
      Hält Backpaier die große Hitze aus?
      LG Birgit

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      1. brotdoc Beitragsautor

        Ja, das geht. Habe ich auch genommen. Das Plumpsen ist nicht so schlimm, wenn der Teig hinreichend Stand hat. Deswegen soll die Stückgare nur 45 Minuten sein.

      2. Claudia Rübsamen

        Hallo Birgit, Müller, wenn ich Brot im Gusstopf backe dann schneide ich mir das Backpaier so zurecht das es aussieht als wären es 2 übereinandergelegte Streifen, an der breiten Seite etwas breiter wie an der kurzen Seite wenn du einen ovalen Gusstopf nutzt, dann immer 2 Streifen packen, oder eben mit zwei helfenden Händen 😉 und so den Teigling vorsichtig in den Topf hineinheben, hatte ich mal irgendwo auf YouTube gesehen, meine es war Sally.

        Viel Erfolg, Liebe Grüße Claudia

  6. Klaus

    Peter schreibt „Wer aber nicht versucht…. weiss nicht ob es besser ist! “
    Das ist richtig ….aber wie will ich etwas verbessern von dem ich gar nicht weiss wie das vorgestellte Rezept gebacken schmeckt?

    Antworten
      1. Birgit Müller

        Danke, Björn! Ging super mit Backpapier.
        Die Brote sind tatsächlich gut auf dem Schiff. Mein Sohn hat sie auch schon getestet.
        Im November fährt er mit der neuen Aida Nova (bessere Ökobilanz). Mal sehen, wie dort die Brote sind.
        LG Birgit

      1. Sandra

        Also ich habe den Deckel erst nach 50 Minuten abgemacht und das Brot war schön braun, habe es dann noch 10 Minuten ohne Deckel weitergebacken und das Ergebnis war perfekt gebräunt!

      2. brotdoc Beitragsautor

        Danke für den Hinweis. Kann sein, dass es bei manchen Töpfen auch mit Deckel funktioniert.

  7. Pingback: Artisan-Brot 2.0 | der brotdoc

  8. Ralf König

    Guten morgen, das leckere Brot habe ich nun zweimal nachgebacken. Leider habe ich zum Thema Backzeit nun vielleicht etwas überlesen: hier wird das Brot nun 60-70 Minuten bei ein und derselben Temperatur gebacken, oder?
    Bisher habe ich es ca. 30 Minuten bei 260°, dann für 20 Minuten auf 210° reduziert und nochmal für ca. 20 ohne Deckel zu Ende gebacken. Das Ergebnis ist sehr lecker, aber das Brot hat trotzdem nicht die vom Schiff bekannte Lockerheit. D.h., Lufteinschlüsse sind sehr wohl vorhanden, aber es ist eben sehr schwer und damit im kalten Zustand nicht mehr so saftig und luftig. Was mache ich falsch? Der Teig geht kurz vor dem Backen auch richtig auf, hält aber nicht die Form, wie es auf dem oberen Foto im Gärkorb zu sehen ist. Für Anregungen bin sehr dankbar….

    Antworten
    1. brotdoc Beitragsautor

      Die Lockerheit kommt vor allem durch die Fermentation und weniger durch das Backen. Du musst den Teig bei schon einer guten Reife backen. Auch die Technik beim Formen spielt eine Rolle dabei, wie locker Dein Teig später ist. Backst Du im Topf?

      Antworten
      1. Ralf König

        Den vielen Anregungen folgend, kommt man ja nicht drum herum. Ja mit Topf! Das Ergebnis ist optisch und geschmacklich super. Aber beim Einschießen in den Topf wirkt der Teigling sehr weich und läuft fast wieder auseinander, als hätte er zuviel Wasser. Und dann hat das Brot am Folgetag diese Luftigkeit und Lockerheit nicht mehr. Wenn ich es richtig gelesen habe, ist die Backzeit durchgehend bei 260° Grad, oder? Würde gerne Fotos hochladen, kriegen es nicht hin…..viele Grüße Ralf

      2. brotdoc Beitragsautor

        Nein, die Temperatur wird nach 20 Minuten auf 215 °C reduziert. Fotos kannst Du leider bei mir nicht hochladen.

  9. Nobbe

    Hallo Brotdoc,
    Habe das Artisan-Brot nach Deinem Rezept mit Autolyse und dem Olivenöl nachgebacken. Jedoch statt der Hefe habe ich LievitoMadre eingesetzt.
    Gebacken im Combigarer mit Brotbackstein. 45 min auf 250° aufgeheizt.
    Nach dem Einschiessen sofort Temperatur auf 210° eingestellt
    (Temperatur wird durch den Backstein jedoch gehalten)
    Dampfzugabe für 25 min stark – dann weitere 20 min ohne Dampf fertigbacken.

    Ergebnis: Ein hocharomatisches Brot mit lockerer Krume und grober Porung.
    Eine dunkle Kruste mit tollen Röstaromen mit herrlichen Einrissen

    Gruß Nobbe

    Danke fü detailierte Beschreibung

    Antworten
  10. Sussie

    5 Sterne
    Hallo und vielen Dank für das Rezept.
    Das Brot ist super geworden, die Familie ist begeistert, und das Rezept kommt in die Kategorie „Lieblingsbrote“.
    Bleib gesund!

    Antworten
  11. Jewels

    4 Sterne
    Ich finde das Rezept super nur hadere ich mit der Temperatur 60 bis 70 Minuten bei 250 Grad – mein Brot ist schon nach 40 Minuten verbrannt….leider steht es in Deinem Buch so drin ….daher mache ich es wie bei den anderen Broten und stelle die Temperatur nach dem Schwaden sofort runter auf 210 Grad und dann wird es toll.

    Antworten
    1. brotdoc Beitragsautor

      War mir nicht bewusst, dass dies so im Buch steht, tut mir leid. Ich sehe es mal nach und lasse es korrigieren. Aber ist doch eigentlich logisch, dass ein Brot nicht bei 250 °C konstant backt 🙂

      Antworten
      1. The Elvis Sandwich

        Hallo Brotdoc!

        Habe das Brot schon zweimal in einem IKEA-Gußbräter gebacken. Es poppt echt toll auf – fast wie Popcorn. Die Temperatur habe ich tatsächlich auf 250° belassen, weshalb das Brot nach ca 55 min schon eine Kerntemperatur von 98° erreicht hat. Den Deckel habe ich für die letzten 5-10 min neben dem Topf im Ofen belassen. Das Brot hat eine sehr schöne knusprig aufgesprungene Kruste, tatsächlich knisterte es noch einige Minuten beim Abkühlen.
        Der schöne Nebeneffekt: Seit neuestem bereite ich zwei Teige auf einmal vor, hole sie aber mit 1 Stunde Abstand aus dem Kühlschrank. Da der Backofen und der Topf noch auf Temperatur sind kann das zweite Brot direkt im Anschluß eingetopft werden.

        Viele Grüße
        Tim

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