Nun, da der größte Stress mit dem neuen Buch langsam abebbt, ist wieder Zeit für neue Blogrezepte. Dieses hier ist schnell aus dem Hut gezaubert und verschafft Euch innerhalb knapp 4 Stunden ein leckeres saftiges Stangenbrot für Eure sommerliche Grill-Feier.
Ich nähre mich natürlich jetzt von meinen Erfahrungen mit der Rezeptentwicklung für die „Heimatbrote“. Unter anderem habe ich mich dabei intensiver mit Quellstücken beschäftigt und festgestellt, wie selten ich sie früher verwendet habe. Was schade ist, weil sie nämlich eine tolle Saftigkeit in den Teig bringen. Und zwar ohne wesentliche Beeinträchtigung der Teigstruktur, wie es bei Brüh- und Kochstücken manchmal sein kann, wenn man es mit ihnen übertreibt.
Hirse ist ein Getreide, das in der Brotherstellung schon recht selten zum Einsatz kommt. Dabei hat sie einen sehr feinen Geschmack, den ich auch im Brot wirklich gerne mag. Als Quellstück, gemeinsam mit Haferflocken, Leinsamenschrot und Sonnenblumenkernen verwendet, macht sie dieses Stangenbrot zu einer besonderen Delikatesse.
Die Verwendung von Schweineschmalz ist ein anderer kleiner Kniff, der sich mir erst in der Vorbereitung der Buchrezepte erschlossen hat. Es enthält offenbar natürliche Emulgatoren und Enzyme, die für ein deutlich größeres Brotvolumen sorgen. Die obige Krume spricht, trotz der relativ niedrigen TA und kurzen Reifezeit Bände, wie ich finde. Natürlich ist es nicht jedermanns Sache, ich weiß. Ich finde allerdings, dass bei Zugabemengen von 2-3 Prozent der Geschmack im Endergebnis nicht wirklich zuvor tritt.
Wer es nicht mag oder aus anderen Gründen nicht essen will oder darf, kann es durch Butter, Butterschmalz oder ein anderes festes Fett ersetzen.
Hirse-Saaten-Stange
Zutaten
Quellstück
- 100 g Hirseflocken geröstet
- 80 g Sonnenblumenkerne geröstet
- 50 g Haferflocken geröstet
- 50 g Leinsamenschrot
- 32 g Salz
- 280 g Wasser kalt
Hauptteig
- 712 g Wasser kalt
- 592 g Quellstück
- 100 g Sauerteigreste vom Füttern
- 900 g Weizenmehl 550
- 320 g Weizenmehl 1050
- 32 g Schweineschmalz alternativ Butter oder Butterschmalz
- 12 g Frischhefe
Anleitungen
- Für das Quellstück die Hirseflocken, die Sonnenblumenkerne und die Haferflocken im Ofen bei 170 °C etwa 25 Minuten rösten. In eine Schüssel geben, das Leinsamenschrot und das Salz zufügen und mit dem kalten Wasser übergießen. Gut verrühren und vollständig abkühlen lassen.
- Die Hauptteigzutaten außer des Quellstücks in die Knetmaschine geben und 6 bis 7 Minuten langsam, dann 1-2 Minuten schnell zu einem glatten Teig kneten.
- Das Quellstück zufügen und mit erneut langsamer Knetstufe in den Teig kneten. Sobald das Quellstück untergeknetet ist, den Teig in eine vorbereitete Teigwanne geben.
- 2 Stunden Stockgare geben. Nach 30 Minuten einmal dehnen und falten.
- Den Teig in 4 rechteckige Teigline von etwa 650 g teilen.
- Die Teiglinge zu einem Zylinder aufrollen und mit dem Schluss unten 20 Minuten reifen lassen.
- Die Teiglinge straff langwirken und zu einer Teigstange von etwa 30 cm rollen.
- Die Teigoberfläche befeuchten und in einer Saatenmischung wälzen. Mit dem Schluss nach oben in ein Leinentuch legen und abdecken.
- 45 Minuten Stückgare. Den Ofen auf 240 °C Heißluft-/Umluft vorheizen.
- Die Teiglinge auf den Einschießer wenden und dreimal tief einschneiden. Sofort einschießen und kräftig Schwaden.
- Die Backtemperatur auf 230 °C herunterstellen und die Brote insgesamt 22 bis 24 Minuten backen. Den Schwaden nach etwa 10 Minuten ablassen.
- Nach dem Backen mit Wasser besprühen.
Nach dem langen und vergleichsweise kalten Winter ist unsere Landschaft in den letzten 6 Wochen enorm aufgeblüht. Es scheint fast, als hätte die Natur etwas nachzuholen. Ich empfinde momentan, wenn ich mit meinem Fahrrad durch die umgebende Münsterländer Parklandschaft fahre, ein Wohlgefühl, wie ich es schon lange nicht mehr hatte. Alles leuchtet, riecht, klingt intensiver als noch im vergangenen Jahr.
Vielleicht liegt es auch an dem langen Lockdown, der Tristesse des Alltags, der wenigen Freizeit und an dem schlechten Benehmen, das nicht wenige Menschen in der Praxis seit Monaten an den Tag legen, ohne sich zu schämen. In der Krise zeigt sich die wahre Persönlichkeit heißt es. Das und die damit verbundene aggressiven Stimmung dieser Zeitgenossen bringen unsere Mitarbeiterinnen, meine Frau und mich langsam an die Grenzen des Aushaltbaren.
Gerade in einer Situation, in der sich alles entspannt, alles zum Besseren wendet und in wenigen Wochen jeder sich weitgehend sicher fühlen kann, ist es doch völlig unnötig, anderen das Leben derart schwerzumachen. Ich fürchte, dass die seit den späten 90ern immer stärker gepushte Ideologie des maximal individuellen Selbstverwirklichungstrips, der maximalen Selbstbezogenheit, nun faule Früchte trägt.
Ein Glück, dass es hier „auf dem Land“ noch viele Menschen gibt, die nicht ausschließlich ihr eigenes Wohl im Auge haben. So gibt es immer wieder Lichtblicke, Situationen, die das Herz wärmen und die zum Weitermachen animieren. Und natürlich, um den Kreis zu schließen, die wundervollen Landschaften. In diesem Sinne wünsche ich Euch ein schönes Rest-Wochenende und weiterhin viel Kraft, die letzten Pandemiewochen zu überstehen.
Euer Doc!
Lieber Herr Doktor!
Rittersporn? Was halten Sie von „Digitalis“? Lieber Brotdoc, es ist halt ein Fingerhut!
Und, ohne Bezug zum botanischen Thema, nebenbei: Dein Auffrischbrot ist seit Jahren bei uns auf dem Tisch! Eine Deiner Kolleginnen, die sich – sehr ehrenwert – dem Thema „low carb“ widmet (wg. Diabetes) konnte, bei mir zu Gast, nicht widerstehen und hat sich immer noch ein Stück davon genommen.
Respekt! Trotz „Rittersporn“! Keep up the good work!
Herzliche Grüße
Hans
Ja natürlich. Sorry, ich meinte das Richtige, hatte aber das falsche Wort im Kopf. 🙂
Lieber Brotdoc, habe die Hirsen-Saaten Stange gestern gegessen, was soll ich sagen-bin hellauf begeistert! Vielen Dank!
Grüsse aus der Schweiz
Sehr schön gemacht!
Ja, die Menschen sind schlecht, sie denken an sich, nur ich denk an mich…
Den sich immer stärker ausbreitenden Egoismus spüre ich auch -tagtäglich- lass Dich nicht unterkriegen, zum Glück gibt es ja auch noch Menschen, die sich davon nicht vereinnahmen lassen.
Wilde Grüße
Irmgard
Das Rezept kommt wie gerufen, Hirse muss weg. Leider gibt es kaum noch einen Metzger der reines Schweineschmalz anbietet, deshalb werde ich wohl Butter verwenden.
Tja, die lieben Mitmenschen und deren Benehmen. Ich höre es immer wieder. Deshalb verstehe ich, wenn das an die Substanz geht und die Natur befreiende Wirkung auf die Psyche hat. Also weiterhin Rad fahren!!
Lieber Björn, das ist wieder ein sehr verlockendes Rezept. Tatsächlich habe ich auch schon Brote mit Hirse drin gebacken, die waren echt lecker. Daher spricht mich dies hier auch sehr an.
Ja, das mit dem Egoismus und Hedonismus, der sich immer mehr ausbreitet wie eine Seuche, ist etwas, das mich wütend und traurig macht (und was auch viele Menschen in meinem Umfeld bemängeln!). Auch ich suche immer mehr den Weg in die Natur, um all den unangenehmen Zeitgenossen mal zu entkommen. Hier in Berlin ist es besonders schlimm. Mitdenken und Rücksichtnahme kennen viele nicht mehr, und wenn man dies erbittet oder einfordert, gilt es gleich als „Majestätsbeleidigung“, man wird beleidigt oder sogar bedroht. Anstatt mal einen Fehler zuzugeben oder um Verzeihung zu bitten, was menschlich wäre.
Lass Dich nicht stressen, erfreue Dich an netten Menschen und der Natur und an unserem gemeinsamen schönen Hobby!
Viele Grüße von Caro aus Berlin
Von mir gibt es 5 Sterne;)
Hallo Björn
Wie von dir gewohnt ein Rezept mit Hand und Fuß. Auf die Idee Hirse zu verbacken muss man erst mal kommen. Ich habe das Brot wie im Rezept beschrieben gebacken (mit Butterschmalz) es ist geling sicher, das Brot schmeckt hervorragend. Ich werde das Rezept wohl umstellen und versuchen die Hefe weg zu lassen und nur LM verwenden, mal sehen wie es dann wird.
Vielen Dank für das schöne Rezept und lasse dich nicht unterkriegen.
Gruß Reiner
Das Hirse-Saatenbrot schmeckt so gut. Morgen möchte ich das gleich nochmal backen.
Super geworden!
Hallo Björn,
was für ein tolles Rezept, vielen Dank!
Der Teig hat mich hinsichtlich Duft und Beschaffenheit schon so überzeugt, dass ich während der Stockgare losgeradelt bin um Hirseflockennachschub zu kaufen…die fertigen Stangen haben uns alle begeistert 😉
Ich freue mich schon auf dein „Heimatbrote-Buch“.
Grüßle, Karin
Habe das Rezept schon einmal nachgebacken und bin sehr begeistert 😍 leider ziehen meine Baguettes immer Feuchtigkeit bzw. die Kruste verliert an knusprigkeit… halb back Methode hat bisher leider nicht so geklappt was kann ich machen? Mit geöffneter Tür backen? Malzmehl hinzugeben?
VG aus Dortmund
Leider können wir das nicht verhindern. Spätestens nach 2 Stunden wird die knusprige Kruste bei Baguettes wieder weich. Sie ist halt sehr dünn. Deswegen werden Baguettes in Frankreich den ganzen Tag über immer wieder frisch gebacken.
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Kaum war das Rezept veröffentlicht war es auch schon gebacken und dann noch vier weitere Male. Mein Mann will „nie wieder ein anderes“. Ob ich wohl morgen einfach das neue Krustenbrot backe?
Versuche das mal, es ist sehr lecker.
Könnte ich den Teig auch im Kühlschrank gehen lassen (wie beim Baguette)?
Hallo Björn, das Rösten der Flocken und Saaten geht doch bestimmt auch fettlos in einer Pfanne, oder hat der Ofen da irgendwelche Vorteile? LG Caro
Das geht natürlich auch in der Pfanne.
Hallo Björn!
Gestern habe ich die Stangen gebacken und sie sind prima und sehr lecker geworden! Allerdings hat sich das Salz nicht ganz gleichmäßig im Teig verteilen können, das quellstück hat dain sehr salzige Schlieren gebildet. Es wäre doch sicher möglich, das Salz direkt in de Teig (ggf. etwas zeitlich versetzt) zu kneten, anstelle es ins Quellstück zu geben? Warum hast Du das denn so geplant, dass das Salz ins Quellstück kommt – ein Verkeimungs-Schutz ist bei der sehr kurzen Standzeit ja nicht so wichtig?
LG Caro
Merkwürdig. Das dürfte nicht passieren, wenn Du das Quellstück 2 Minuten einknetest. Hast Du von Hand geknetet? Du hast aber Recht, das Salz ist nur aus Gewohnheit im Quellstück. In diesem Fall kann es auch sofort zum Teig.
Erst per Maschine (Knethaken), dann per Hand noch etwas nachgeholfen. Gut, dann mach ich das Salz nächstes Mal in den Teig. Die Stangen back ich auf jeden Fall nochmal, die waren klasse und kamen auch bei den „Mitessern“ sehr gut an.
Hallo Björn, ich habe sie am Wochenende erneut gebacken, und bis auf dass ich sie etwas „zusammenstauchen“ musste vor dem Backen, weil sie etwas zu lang für den Ofen geworden sind, hat alles super geklappt. Das Salz kam diesmal in den Hauptteig. Wieder waren alle „Mit-Esser“ sehr angetan! Also hiermit nochmal ein vielfaches Lob an das schön Rezept und Dich!
Ein ganz tolles Rezept. Sehr lecker.Habe es etwas abgewandelt.Nach 1Stunde Stockgare habe ich den Teig auf 2Portionen aufgeteilt. Flach ausgerollt und zu Rollen aufgerollt.Von denen Stücke abgestochen ,in Saaten gewälzt und mit dem Schluss oben für 12Stunden in den Kühlschrank gestellt.Direkt aus dem Kühlschrank wie im Rezept gebacken.Sehr schöner Ofentrieb.
Sehr aromatische,lockere Krume mit knackiger Kruste.
Vielen Dank für das Geschmackserlebnis beim Sonntagsfrühstück.
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