Vor einigen Wochen fand ich einen wirklich netten Brief in meinem Postkasten. Der Heimatverein Lippramsdorf, eines der Dörfer die meine Heimatstadt umgeben, fragte an, ob ich nicht Lust hätte mit einigen backbegeisterten Mitgliedern einen Nachmittag am Holzbackofen im dortigen Heimathaus zu backen.
Das Heimathaus ist ein über 300 Jahre altes, komplett restauriertes münsterländisches Gehöft, das nördlich des Dorfs in den Feldern liegt.
Meine erste Überraschung war: die haben dort ein Backhaus mit Holzbackofen? Ich bin ja hier groß geworden in der Stadt und habe sogar als Schüler und Student und Jung-Arzt ingesamt 10 Jahre für die Lokalzeitung gearbeitet. In jener Zeit hatte ich natürlich auch Termine am Heimathaus – doch bis ins Backhaus bin ich nie vorgedrungen. Da dachte ich: manchmal sucht man das Glück in der Ferne, während es eigentlich so nah liegt.
Natürlich war ich auch überrascht, daß man mich gewählt hat – bisher habe ich außer dem Münsteraner Backkurs mich ja noch nicht als Kursleiter hervorgetan. Kommt hinzu, daß meine einzigen „Erfahrungen“ mit Holzbacköfen aus der Lektüre von Büchern und Blogartikeln darüber sowie aus einem Backtag bei Günther Weber in Zwiefalten bestanden.
Meine leichten Bedenken deswegen wußte Frau Gerding zu zerstreuen: Anfeuern und Steuerung der Backtemperatur würde sie übernehmen.
Also habe ich zwei Rezepte entwickelt bzw. umgerechnet, die ich für geeignet hielt, hintereinander in einem Holzbackofen gebacken zu werden. Ein kräftiges Roggenmischbrot mit Altbrotzusatz, das als erstes in den Ofen kommen sollte, und ein Kastenweißbrot, das in dem durch das erste Brot schon abgekühlten Ofen als zweites gebacken werden sollte.
Wie auf den Fotos zu sehen ist, steht dem Heimathaus ein alter Hubkneter von Diosna zur Verfügung, der sicher gut 15-20 kg Teig verarbeiten kann. Auch mit sowas hatte ich zuvor noch nie gearbeitet – muß aber sagen, daß die Knetergebnisse sehr gut waren!
Der Nachmittag verlief sehr entspannt und informativ – es bestand insbesondere großes Interesse an Sauerteigen und daran, wie sie geführt werden. Mein mitgebrachter Roggensauerteig hat nun mindestens 7 oder 8 Ableger in Lippramsdorf. Probleme gab es mit den Teigtemperaturen. Die Backstube ist heute das erste mal wieder geheizt worden nach dem Winter. Die von mir gewählte Schüttwassertemperatur reichte nicht aus, um den Roggenteig auf eine gute Temperatur zu bringen. Der Weizenteig hat sich im Hubkneter deutlich weniger erwärmt, als ich es von Spiralknetern kenne.
Dadurch verlängerten sich Stock und Stückgare unplanmäßig, so daß der Steinofen noch einmal nachgeheizt werden musste. Das Nachheizen hat ihn dann heißer gemacht, als er sein sollte. Im Ergebnis haben die Roggenbrote zu schnell „Farbe“ bekommen und sind nicht so wie geplant rustikal aufgerissen. Die Weißbrote haben wir dann, wenn auch noch immer etwas untergar, in den zum Glück vorhandenen großen Küppersbusch-Etagenöfen backen können.
Ich denke, daß alle zufrieden und um Erfahrungen und Wissen reicher wieder heimfuhren. Eingeschlossen meiner Person. 🙂
Es wird sicher ein nächstes Mal geben und ich kann mir gut vorstellen, dort auch allgemeine Kurse zu geben. Dann sicher mit mehr Zeit und einem nicht so heißen Holzbackofen.
Oh, bitte sag Bescheid, wenn Du dort einen Kurs gibst! Da wäre ich gerne dabei.
Mach ich.
Danke – ich würde mich dann auch gerne anschließen.
„Karbonisert“ nehme ich ab sofort in meinen Back-Wortschatz auf – hört sich deutlich besser an als leicht verbrannt oder etwas zu dunkel geraten oder so.
Klasse Bericht wie alle Deine schönen Erfahrungen, die Du mit uns teilst.
Schönen Sonntag und liebe Grüße
Hanne
Jawoll!
Ich auch, sonst SAG ich immer „Röstaromen“ ! :-))
Ich habe bislang nur mal in einem kleinen HBO mitgebacken und kann sagen, das ist nix, was man mal eben so macht!
Ich warte auf weitere interessante Berichte!
Sabine
🙂
Super Danke für den guten Bericht
So etwas ähnliches ist bei mir im Sommer geplant. Meine Bedenken waren die gleichen wie bei dir, aber wenn ich jetzt lese, das es -trotz kleiner Widrigkeiten – bei dir gut geklappt hat, sehe ich dem Ganzen entspannter entgegen 🙂
Bei so stark durchgekühlten Metallschüsseln von Knetern habe ich die Erfahrung gemacht, dass man am Besten kochendes Wasser als Schüttwasser nimmt und das als erstes in die Schüssel gibt. Es ist dann in kürzester Zeit auf 20-30°C abgekühlt, da das Metall die Temperatur schnell aufnimmt und die Schüssel ist auch nicht mehr ganz so kalt. Aber selbst dann kann es sein, dass man immer noch mit einer zu niedrigen Teigtemperatur kämpfen muss.
Lippramsdorf ist von uns übrigens gerade mal anderthalb Stunden mit dem Auto weg, habe ich gerade gesehen.
Danke für den Rat, Stefanie. Ich denke, daß Du mit der Knetschüssel Recht hast. Bei dieser Art Knteter kann allerdings die Schüssel nicht entfernt werden, so daß sie nur unter größtem Aufwand durchgespült werden kann. Ich hatte schon Leitungswasser so heiß es geht genommen, doch es reichte nicht. Beim nächsten Mal werde ich den Kartuschen-Gasofen direkt neben den Kneter stellen und hoffen, daß er die Schüssel besser vorwärmt.
Ja, stimmt, ins Rheinland kommt man rasch von uns aus, wenn nicht gerade Berufsverkehr ist. Vielleicht könnnen wir ja mal was zusammen machen :-).
Das würde sich ja wirklich anbieten 🙂
Ich nehme zum Vorwärmen das Schüttwasser für den Teig, da das leeren der fest montierten Schüssel wirklich keinen Spaass macht.
Ein Holzbackofen bietet wirklich neue, spannende und bereichernde Erfahrungen. Ich mache es an Backtagen am Holzbackofen (vom Backhausverein in Wiesenfeld – Geisa) auch wie Stefanie schrieb und fülle einen Großteil des Wassers als erstes heiß in den Kneter. Das erwärmt nicht nur die Knetschüssel sondern sorgt auch für eine bessere Verknetung (keine Mehlnester am Schüsselboden). Und für die erste Ofen-Ladung nehme ich kleinere Weizen/ Weizenmisch-Gebäcke, die deutlich mehr Hitze abkönnen als Roggenbrote – z.B. Genetzte
http://www.brotpoet.de/2016/11/13/backhaus-wiesenfelder-genetztes/
So ein Holzbackofen birgt für mich immer ein gewisses Back-Sucht-Potential, weil ein gelungenes Ergebnis deutlich stolzer macht, als aus dem heimischen E-Backofen, der sich ja jederzeit steuern und kontrollieren lässt.
Beste Grüße, Ben
Danke für den Rat, Ben. Genetztes fehlt sowieso in meinem Blog, weil ich zum einen die Patscherei in der Küche gescheut habe und zum anderen sowieso nur Platz für maximal 2 Genetzte im Ofen habe.
Wir backen und kochen seit vielen Jahren im Lehmbackhaus auf unserem Hof. Wenn man sich mit dem Heizen eingefuchst hat, ist es einfach wunderbar. Mit der Restwärme gelingen dann noch die tollsten Kuchen und über Nacht sogar Lammbraten& Co…
Lieben Inselgruß
Kerstin
Das ist sicher eine tolle Sache. Ich werde mich da nun mal etwas reinknien.
Hallo Björn,
ein interessanter Bericht. Ich backe seit über 6 Jahren im HBO, dabei haue ich 24 Brote a 2 Pfund und noch 16 Baguette raus. Ich muss hier einmal Zwischenheizen, da ich vorwiegend Roggenvollkornbrote backe. Das Gespür für die richtige Teiggare und die optimale Hitze im HBO kommt mit der Zeit. Habt ihr die Temperatur im HBO nicht gemessen? Ich benutze hierzu eine Infrarotthermometer, der geht bis 800 Grad, da kann ich die Bodentemperatur besser einschätzen.
Suche schon lange einen Backkurs mit Sauerteig und Holzbackofen im Bayerischen Raum. Vielleicht weiß jemand wo ein Kurs stattfindet!
Hallo Björn
Die Arbeit mit dem Holzbackofen scheint ja auch für dich eine neue Erfahrung gewesen zu sein. Wie du schon schreibst: Warum in der Ferne suchen. (hier gibt es viel zu entdecken). Zwei Tips möchte ich dir geben: Pfingsten in Dorsten- Deuten, Mühlentag – der Heimatverein backt in der Tüshaus Mühle, im eigenem Backhaus.
Und ein toller Familienausflug ist das Mitmachmuseum (Landwirtschaft) in Everswinkel (nicht weit von euch entfernt), dort wird auch viel im Holzbackofen gebacken. Die Knetmaschine ist schon sehenswert.
Auf jeden Fall, danke für den netten Bericht und wenn in Lippramsdorf mal etwas Kursmäßiges stattfindet, wäre ich gerne dabei. Wohne ja gleich um die Ecke.
Hallo Björn
Du bist ja ein Glückspilz, einen so schönen Backofen in deiner näheren Umgebung zu haben. Das war sicher eine schöne und neue Erfahrung für dich.
Vor kurzem habe ich eine Doku (ich glaube es war auf 3Sat) über Günther Weber gesehen, über seine Art Brot zu backen, mit langer Teigführung und Holzbackofen. Da hat er einen schönen Spruch los gelassen.
„In meiner Backstube bin ich der Chef, jedoch ab dem Zeitpunkt, an dem ich den Ofen anfeuere ist er der Chef!“,
soviel zu dem Problem die Teiglinge und den Ofen zu koordinieren.
Gruß Reiner
Wo ist das Problem mit einem zu heissen Holzbackofen? Wenn ich die Asche ausgekehrt habe kann ich bei geöffneter Klappe einfach auf die Zieltemperatur warten. Zudem kann ich den Boden mehrfach feucht auswischen (mit einem nassen Naturborstenbesen) und so das Abkühlen beschleunigen – gleichzeitig stelle ich dadurch sicher, dass keine restliche Asche mit den Boden des Brotes verbrennt. Ein Laserthermometer hilft enorm, die Zieltemperatur zu treffen, wobei Boden und Decke immer eine Temperaturdifferenz ausweisen…
Hallo Backesolli,
sicher bist auch Du nicht als Holzbackofenprofi zur Welt gekommen und warst in Deinen Anfangstagen dankbar für jeden Rat. Das „Problem“ in diesem Fall war eine Kombination aus Zeitdruck und Unerfahrenheit. Einerseits brauchten die Teige deutlich länger als gedacht und andererseits scharrten einige Kursteilnehmer schon mit den Hufen, weil sie weg wollten. Zum dritten war das mein erstes Mal mit eigenen Rezepten und Teigen am Holzbackofen, ein Infrarotthermometer habe ich bislang nicht gebraucht und daher auch nicht gekauft.
Insofern danke für Deine Tips.
Pingback: Weizenmischbrot Nummer 3 (aus dem Holzbackofen) | Hefe und mehr
Hallo Björn,
ein sehr schöner Bericht. Ich vertreibe mir meine Freizeit auch an einem Holzbackofen in Freudenberg/Siegerland. Dort werden noch zahlreiche Backhäuser von den Vereinen betrieben. 30 Brote = 40 Kg Teig, kneten, ruhen, wirken, garen und backen, alle Brote natürlich gleichzeitig in den Holzbackofen schieben. Es ist doch jedesmal ein Abenteuer, mal ist die Backstube zu kalt, der Teig braucht länger wie geplant, mal ist die Backstube zu warm. Dann ist der Ofen ist noch zu heiß, wo ist denn bloß der Knopf zum regeln?
Aber es macht sehr zufrieden, wenn dann doch ein gutes Brot aus dem Ofen kommt.
Viele Grüße aus dem Siegerland Martin
Ich backe schon seit 30 Jahren alles selbst … habe jetzt seit 12 Jahren einen selbstgebauten Holzbackofen (Muffel als Bausatz). Auf einen Sitz gehen da 10 kg Brot rein. Kneten mache ich mit der Hand – hat auch schon meine Oma gemacht und hat funktioniert und spart das Fitnessstudio.Der Brotgeschmack ist bei Verwendung von Nadelholz unübertroffen – halt rustikal – in der Nachwärme über Nacht – am nächsten Morgen hat er noch gut 100 Grad läßt sich z.B.wunderbar Pumpernickel backen. Man könnte das natürlich noch mehr ausnutzen, aber mehr als zwei verschieden Teige überfordern mich und letztlich – wer soll es dann essen Backfeste kann man ja nicht jedesmal machen.
Hätte noch gerne ein paar Bilder geschickt – aber wo hochladen?
Hier kann man leider noch nichts hochladen. Du kannst allerdings einen Bilderhost wie imgur verwenden und die Links hier einstellen.
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