Leserwunsch: Dunkle Saaten-Baguettes

Inke schrieb mir vor kurzem folgendes:

„Sehr gerne würde ich ein „Baguette“ (wohl mehr auch ein Stangenbrot, ruhig etwas dicker wie die Altbrotstangen, auch mit flauschiger Krume) mit Körnern backen. Kannst Du nicht ein Rezept entwickeln? Vielleicht mit dem T 110 von Schelli? und mit Leinsamen, Sonnenblumenkörnern, Sesam, Haferflocken – was auch immer? vielleicht sogar variabel in der Zusammensetzung.“

Nachdem wir im Backkurs in Frankreich letzes Jahr so etwas auch mit im Programm hatten, weckte diese Zuschrift meinen Ehrgeiz. Zupaß kam mir, daß ich sowieso Lutz so nebenbei vorgestelltes Prinzip mit den kurz gereiften und im Kühlschrank „stabilisierten“ Sauerteigen ausprobieren wollte.

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T 110 hatte ich leider nicht mehr da, deshalb nahm ich das steingemahlene T80-er Mehl. Das Ergebnis ist erstaunlich. Der Sauerteig hat sich in der Tat deutlich milder entwickelt, als ich es erwartet hatte. Im Teig läßt sich die Säure kaum noch herausschmecken, sie erinnert eher an eine leichte Joghurtsäure. Sehr zur Nachahmung empfohlen. Das Prinzip entspricht zugegebenermaßen nicht ganz dem von Lutz, wie Michael bemerkte. Meine ASG-Menge ist wesentlich geringer als bei Lutz. Obwohl das auf einem Übertragungsfehler beruht, bin ich vom Ergebnis so angetan, daß ich das Rezept so lasse.

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Sauerteig:
175 g Weizenmehl T80
175 g Wasser (45°C)
17 g Anstellgut
Sehr gut verrühren und 4 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen. Dann für 10-12 Stunden in den Kühlschank geben. Ich habe den Sauerteig Samstags nachmittags angerührt, abends in den Kühlschrank gegeben und konnte so Sonntags morgens backen.

Saaten-Quellstück:

100 g geröstete Leinsaat
100 g Wasser
Leinsaat anrösten und mit dem Wasser übergießen. Auf Raumtemperatur abkühlen lassen.

Hauptteig:
Sauerteig (nicht akklimatisiert)
490 g Wasser (+ 125 g Wasser gegen Ende des Knetens)
825 g Weizenmehl T80
9 g Biofrischhefe
20 g Salz
40 g Blaumohn
Saaten-Brühstück
Sesam + Leinsaat zum Wälzen

Die Hauptteigzutaten ohne Salz, Hefe und die Saaten für 2 Minuten verkneten. 20 Minuten quellen lassen. Hefe und Salz zugeben und 6-7 Minuten langsam einkneten. Auf zweite Knetstufe schalten und langsam Schluck für Schluck das restliche Wasser einkneten. Ist es eingeknetet und der Teig gut ausgeknetet, dann Mohn und Saatenbrühstück hinzugeben und langsam unterkneten.
Den Teig in eine Teigwanne geben. Die Stockgare beträgt 2 bis 2,5 Stunden. Währenddessen zwei mal strecken und falten.
Den Ofen gut auf 250°C vorheizen. Den Teig auf die bemehlte Arbeitsfläche kippen und in 6 gleich schwere Teiglinge teilen. Diese zu Zylindern vorformen. 15-20 Minuten ruhen lassen.
Dann vorsichtig zu dickeren Baguettestangen formen und mit Hilfe eines länglichen feuchten Tuchs auf der glatten Seite anfeuchten. In einer Mischung aus Leinsaat und Sesam wälzen und mit dem Schluß nach oben in ein Leinentuch geben. 30 Minuten Stückgare.
Auf den Einschießer wenden und mit scharfer Klinge einschneiden. Durch die Saaten ist dieser Schnitt nicht ganz so leicht, weil einzelne Saatenkörner am Messer hängen bleiben können. Meine Empfehlung ist, einen länglichen Schnitt am Baguette entlang zu setzen.
Mit viel Dampf einschießen und bei konstant 250°C Umluft in 2 Etagen (je 3) für 20 Minuten abbacken.

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17 Gedanken zu „Leserwunsch: Dunkle Saaten-Baguettes

  1. michael

    Hallo Björn

    Wenn die Fermentationszeit von Sauerteig verkürzt werden soll, kann dies insbesondere über eine Erhöhung der Anstellgutmenge geschehen. Die Mikroorganismen verdoppeln sich bei Raumtemperatur ca. alle zwei Stunden, d.h. wenn der Fermentationsprozess um zwei Stunden verkürzt werden soll, muss die ASG Menge verdoppelt werden u.s.w. . Wenn das Prinzip in deinem Rezept analog wie bei Lutz verwendet werden soll, müsste die ASG Menge noch deutlich erhöht werden. (BTW im Kühlschrank steigt die Generationszeit der MOs stark an: 15 Stunden bei 10C u.s.w.).

    Die sehr milde Ausprägung der Säure in deinem Rezept liegt in der „effektiv kurzen Fermentationszeit von 4-6h“ bei gleichzeitig recht kleiner ASG Menge.

    VG Michael

    Antworten
    1. brotdoc

      Hallo Michael,
      danke Dir, Du hast natürlich Recht – irgendwie hatte ich die hohe ASG-Menge bei Lutz nicht mehr auf dem Schirm, als ich das Rezept geschrieben habe. Der ST hätte sicher mehr Säure entwickelt, wenn ich mehr ASG genommen hätte. Auf der anderen Seite habe ich so unabsichtlich eine für mich trotzdem stimmige Methode gefunden, einen wahrhaft milden Sauerteig zu ziehen. Geschmacklich hat mich das Ergebnis jedenfalls überzeugt.

      Antworten
  2. Ulrike

    Hallo Björn,

    diese Brote werden am Samstag mein Buffet bereichern, der milde ST kommt mir sehr entgegen, weil ich ausgeprägte Säure in Weizenbroten nicht so mag. Mal sehen, vielleicht backe ich auch noch eine Variante mit Sonnenblumenkernen im Teig.
    Eine Frage hätte ich noch: Dietmar Kappl schreibt in seiner Liste „Richtwerte von Wasseraufnahmen bei Saaten und Körnern“, dass Leinsamen pro 100g 150g Wasser aufnehmen. Wenn du nur 100g Wasser verwendest, nimmt dann der Leinsamen während der Gare nicht noch Wasser aus dem Teig auf und macht ihn fester? Oder ist das von dir gewollt?

    Viele Grüße
    Ulrike

    Antworten
    1. brotdoc

      Hallo Ulrike,
      kann sein, daß die Leinsaat noch etwas Wasser aus dem Teig stibitzt. Das macht aber nichts, es ist ja schon per se kein ganz so fester Teig 😉 Wirklich fester ist er während des Streckens und -faltens nicht mehr geworden.
      Ich wollte nicht zu viel Wasser zusätzlich hineinbringen.

      Antworten
  3. Dora

    Hallo Björn,

    kann ich den Mohn auch weglassen bzw. durch Sesam ersetzen? Ich habe nämlich nur gemahlenen Mohn.

    Vielen Dank und Gruß, Dora

    Antworten
  4. Inke

    Hallo Björn,
    ganz herzlichen Dank für das Rezept. Ich bin gespannt aufs Nachbacken.
    Kannst Du bitte noch verraten, ob Du die Baguettes vom Zylinder nur langrollst oder erst den Schritt mit dem Stülpen über den Daumen machst?
    Über Rezepte mit T 110 würde ich mich freuen damit sich der Kauf lohnt.
    Viele Grüße
    Inke

    Antworten
  5. Dora

    Hallo Björn,

    ich habe die Baguette gestern nachgebacken – sie sind unglaublich lecker! Aus dem Teig habe ich vier Baguette (300g) und 10 Brötchen (ca. 85g) gemacht. Da ich nur gemahlenen Mohn hatte, habe ich diesen verwendet.

    Gruß, Dora

    Antworten
  6. Dora

    Hallo Björn,
    was muss ich beachten, wenn ich statt T80 das T110 verwende (davon habe ich noch so viel und das T80 ist gerade ausverkauft)?
    Vielen Dank und Gruß, Dora

    Antworten
    1. brotdoc

      Hallo Dora,
      sorry, irgendwie hatte ich Deine Frage überlesen. Mit T110 kannst Du sicher noch 20-30 ml Wasser mehr hineingeben, das bindet noch besser. Ansonsten alles gleich lassen.

      Antworten
  7. Pingback: Saatenbaguettes - Ofenkino

  8. Stephan Klein

    Lieber Brotdoc,

    Ich habe diese Baguettes heute gebacken. Soweit hat alles gut funktioniert. Der Teig war allerdings so weich, dass ich beim Einschneiden der Teiglinge Probleme hatte.
    Ich habe 6 Stück in 2 Etagen gebacken. Unten mit einer 3 cm dicken Granitplatte und oben mit einem Lochblech. Dabei ist mir aufgefallen, dass die Teiglinge auf dem Stein deutlich besser aufgegangen sind als die auf dem Blech. Ist das normal oder mache ich da was falsch? Oder muss ich bei dem Lochblech noch etwas beachten?
    Wenn das normal wäre, würde man ja besser in 2 Runden hintereinander backen?

    Viele Grüße
    Stephan

    Antworten
      1. brotdoc Beitragsautor

        Die Sache ist stark abhängig von der Qualität und Wasserbindungsfähigkeit Deines T80 Mehls. Vielleicht versuchst Du es noch einmal mit weniger Wasser im Teig. Klar, auf dem Stein gehen alle Teiglinge schneller und stärker auf, weil er mehr Hitze pro Zeiteinheit in den Teig überträgt. Optimalerweise würdest Du alle Baguettes auf dem Stein backen – aber das geht natürlich nur nacheinander. Ich habe mir schon so beholfen, dass ich die zweite Rutsche Baguettes nach dem Formen im Kühlschrank habe reifen lassen. Sie wurden dann nach der ersten Rutsche und etwas Zwischenheizen abgebacken.

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