Nachdem schon zwei Rezept mit der kneterlosen Teigbereitung wunderbar gelangen, mindestens genau so gut wie mit Kneter, habe ich mir nun ein Rezept mit hohem Vollkornanteil ausgedacht. Gerade beim Vollkorn-Teig war meine Vermutung, daß das Weglassen einer Knetmaschine eine schöne Teigstruktur begünstigt. Die im Vollkornmehl vorhandenen Kleie und Schalenanteile wirken nämlich wie kleine Messer, die beim maschinellen Kneten die Glutenentwicklung doch arg behindern können. Wenn man mit der Autolysemethode arbeitet, wird der Teig ja allenfalls etwas durchmischt und während der Ruhezeit gestreckt und gefaltet.
Hierdurch gibt es wenig Friktion im Teig und die Glutenstränge können sich gut entwickeln.
Das hat auch hier hervorragend funktioniert. Der Teig ließ sich toll wirken, baute eine wunderbare Oberflächenspannung auf und ist nach dem Backen toll gefenstert. Und nebenbei ist ein kräftiges und leckeres Alltagsbrot dabei herausgekommen.
Menge für mittelgroße Brote im 1,5 kg Peddigrohrkörbchen
Vorteig TA 200:
250 g Weizenvollkornmehl
250 g Wasser
1 g Frischhefe
2 g Salz
Hefe im Wasser auflösen und das Mehl zugeben. Mit dem Löffel gut verrühren und 12 Stunden reifen lassen.
Hauptteig TA 168:
400 g Dinkelvollkornmehl
100 g Roggenmehl 1150
350 g Weizenmehl 1050
100 g Roggensauerteig (altes Anstellgut)
498 g Wasser
11 g Frischhefe
20 g Salz
Den Vorteig, die Hefe und das Anstellgut gründlich in der Anschüttflüssigkeit auflösen (mit dem Schneebesen aufrühren). Das Mehl und das Salz zugeben und mit einem stabilen Rührlöffel unterheben, bis sich Flüssigkeit und Mehl komplett verbunden haben. Den Teigbatzen auf die Arbeitsfläche geben und mit gut bemehlten Händen 1 – 2 Minuten ankneten bis er etwas anzieht. Dann in eine eingeölte Schüssel geben und 90 Minuten ruhen lassen. Nach 30 und 60 Minuten strecken und falten.
Sodann den Teig in 2 gleiche Teile teilen von ca. 990 g und diese straff lang wirken. Im gut mit feinem Weizenschrot bemehlten Peddigrohr-Gärkörbchen für 70-80 Minuten mit dem Schluß nach oben bei Raumtemperatur gehen lassen. Den Ofen mit Stein gründlich auf 250° vorheizen. Bei knapper Gare die Teiglinge wenden, einschneiden und mit viel Dampf direkt auf den Backstein geben. 10-15 Minuten anbacken, bis der Ofentrieb abgeschlossen ist und die Brote schon Farbe haben. Für weitere 60 Minuten bei 210° ausbacken, die Kruste sollte kräftig ausgebacken werden. In den letzten 10 Backminuten 2-3 x die Ofentür öffnen, um letzte Feuchtigkeit aus dem Ofenraum abzulassen. Gut auskühlen lassen.
Herr Doktor, das sieht mal richtig gut aus und gefällt mir ausgesprochen gut.
Danke für das Ausstellen des Rezeptes 😉
Gruß Heiner
Sieht wunderbar aus! Heisst das „gefenstert“ auf Deutsch“? Ich bin mehr mit dem englischen Brotbackvokabular vertraut („scored“ heisst es hier).
Hallo Karin,
gefenstert bedeutet, dass die Kruste beim Auskühlen rissig wird / aufspringt. Ein Zeichen, daß die Glutenentwicklung des Teiges gut war.
Das was Du meinst heißt glaube ich „Ausbund“.
Der Urlaub hat Dir gut getan 🙂 Du haust ja ein tolles Brot nach dem anderen raus, Wahnsinn. Sieht gar nicht vollkornig aus 😉 Werde ich mal testen. Herzlichst Nadja
Wieder was gelernt 😉 War mir nicht bewußt, dass die Kleiepartikel beim Kneten wie „Messer“ wirkeln, erklärt aber wahrscheinlich meinen letzten Mißerfolg. Danke!
Nach wie vor bin ich nicht wirklich hinter das Geheimnis des *Fensterns* gekommen – ohne dass ich sagen kann unter welchen Prämissen meine Brote mal fenstern und mal nicht. Welche Vorraussetzungen würdest du benennen?
Nachdem ich bereits eine so tolle, ausführliche Antwort von dir zu den *Höhlenbroten* bekommen habe…
Micha, ich muß mich entschuldigen daß ich erst heute zu einer Antwort komme. Der Arbeitsalltag hat uns wieder und während ich den Quartalsanfangs-Ansturm bewältige, kümmert sich Bahar um ihre homöopathischen Fälle und kuriert nebenbei einen Infekt aus.
Zunächst – Höhlenbrote? Ich stehe gerade auf dem Schlauch…
Was das Fenstern angeht kann ich meine Erfahrungen hier gerne preisgeben:
1. Der Teig muß eine gute Glutenstruktur haben. Beim Wirken merkt man das daran, daß man den Teig auf „Spannung“ wirken kann. Ein Teigling, der mit Spannung gewirkt wurde, hat gute Aussichten, auf der Oberfläche zu fenstern. Mischbrote mit mehr als 50 % Roggen sind bei mir noch nicht gefenstert.
2. Der Teigling sollte heiß angebacken werden damit er früh eine Kruste formt.
3. Der Schwaden sollte nach 10-15 Minuten gründlich abgelassen werden, und die Schwadenquelle (z.B. Blechwanne) aus dem Ofen entfernt werden. Die restliche Backzeit sollte recht trocken erfolgen.
4. Gegen Ende des Backens (die letzten 10 Minuten) sollte der Backraum wirklich trocken sein. Es reicht meiner Erfahrung nach, die Ofentür 2-3 x gut zu öffnen um Restfeuchte abzulassen. Man braucht nicht unbedingt einen Kochlöffel dazwischen zu klemmen.
5. Besonders gut fenstern Teigoberflächen, die mit Wasser abgestrichen wurden. Es muß aber nicht sein, es klappt auch bei bemehlten Oberflächen, wenn die 4 ersten Bedingungen eingehalten werden.
Nach dem Backen sollte das Brot für mindestens 2-3 Stunden auskühlen, erst dann ist die Fensterung prägnant zu sehen.
Vielen lieben Dankf für deine ausführliche Antwort – trotz deiner immensen Arbeitsbewältigung! Ich werde nun auf deine genannten Kategorien achten – und beobachten :)!
Mit Höhlenbrot meinte ich übrigens das Komissbrot mit dem inneren Krumenriss!
viele liebe Grüße
Hallo Doc,
was ist altes Anstellgut?
Ist es der Sauer der im Kühlschrank steht?
Du hast tolle Rezepte.
Danke
Hans
Genau das. Ich bewahre immer so etwa 100-120 g Roggen- und Weizenanstellgut (Sauerteig) im Kühlschrank auf. Von diesem kann der neue Sauerteig angesetzt werden bzw. er kann als geschmackliche Beigabe zu anderen Brotteigen genutzt werden.
Hallo!
Was meinst du mit „viel Dampf“ ?
Hallo Viktoria,
Viel Dampf heißt, nach dem Einschieben des Brotes im Ofen Wasserdampf zu erzeugen (Schwaden). Das führt dazu, daß die Brotkruste in den ersten Minuten des Backens nicht so schnell austrocknet und das Brot besser aufgeht.
Hallo Björn
Ich mache gerade das Rustik Brot und möchte gerne wissen ob das richtig ist das der Teig sehr weich ist,habe aber erst mal nur die Hälfte vom Teig gemacht.Gebe ich den dann in ein 1000 g Gärkörbchen,oder ist das zu klein?
LG Rike
Hallo Rike, eigentlich sollte der Teig nach dem mehrfachen Strecken und Falten schon genug Struktur haben, um seine Form zu halten. Sehr weich sollte er nicht sein, dann hat er nicht hinreichend Kleber aufgebaut.
Das 1000 g Körbchen könnte etwas klein sein, auch wenn die Teigmenge in etwa passt. Weizenteige brauchen meiner Erfahrung nach immer etwas mehr Platz. Du kannst es aber ausprobieren.
Hallo Björn
Wollte nur Bescheid sagen das mein Brot sehr gut geworden ist.
LG Rike