Und schon geht es weiter mit einem Rezept. Inspiriert von Baguettebrötchen, die mein Freund Oliver Distelkamp gestern abend – seinerseits inspiriert von Sonja Bauer 🙂 – bei Facebook gepostet hat, habe ich das Konzept einer warmen Stockgare bei Raumtemperatur über 12 oder mehr Stunden gleich auf ein Rezept angewandt, das eigentlich eine kalte Stückgare bekommen sollte.
Oliver hat übrigens vor kurzem den Online-Shop Deligio Fine Food eröffnet, in dem er hochwertige Gewürze, Gewürzmischungen und Zutaten und Zubehör für das Wursten anbietet. Schaut doch mal vorbei – die Gewürzmischungen sind wie man so schön sagt „der Hammer“.
Ich muss sagen, dass mir die Methode gut gefallen hat. Wir haben zwar nicht wie so Viele ein Platzproblem im Kühlschrank, da wir dekadenterweise einen Zweitkühlschrank für Getränke, Teige und Co. besitzen. Aber oft höre ich, dass lange kalte Stock- oder Stückgaren bei Leserinnen und Lesern genau daran scheitern.
Das Konzept ist so, dass aus einer extrem geringen Hefe-Startermenge, die zunächst mit Hilfe eines Poolish vermehrt wird, der Teig über eine sehr lange Zeit bei Raumtemperatur geführt werden kann. Ähnlich wie beim Sauerteig hängt es natürlich von der Triebkraft der Hefe ab, wie lange die Reifezeiten schlussendlich sein müssen. Dies ist eine kleine Unsicherheit, die ich leider nicht vermeiden kann, wenn ich so backe. Ich habe aber gestern mit einem Hefewürfel gearbeitet, der schon seit 3 Wochen im Kühlschrank ist. Also auch nicht mehr absolut frisch.
Selbst mit dem nicht ganz einfachen Teig, der in Bezug auf die Mehlmenge mehr als 30 Prozent gekochte Kartoffel enthält, hat es gut funktioniert. Eine kleine Warnung: der Teig ist sehr weich und klebt durch die Kartoffel etwas. Die Aufarbeitung ist kein Kinderspiel und erfordert etwas Erfahrung mit weichen, klebrigen Teigen, sonst ist Verzweiflung vorprogrammiert. Falls Ihr euch nicht sicher seid, ob ihr das könnt, wäre eine Alternative, den Teig einfach auf die bemehlte Arbeitsfläche zu kippen, die Rückseite auch gut zu bemehlen und dann einfach nach Augenmaß rechteckige Teiglinge abzustechen. Ohne Formen diese auf ein Blech legen und nach 45 Minuten Reifezeit backen.
Das Ergebnis belohnt Euch für die Mühe mit einem unvergleichlich saftigen, weichen Krumenbiß, einem delikaten Aroma, aus dem die Kartoffel gut herauszuschmecken ist, und einer krachenden Kruste. Und die Porung ist auch ansehnlich, und das aus nur 0,2 Prozent Hefe. Viel Erfolg!
Kartoffel – Baguettebrötchen
Zutaten
Vorteig
- 150 g Weizenmehl 1050
- 150 g Wasser
- 0,2 g Frischhefe
Hauptteig
- 450 g Wasser
- 300 g Vorteig
- 810 g Weizenmehl 550
- 315 g Kartoffel mehligkochend geschält und gekocht
- 22 g Salz
- 50 g Butter
- 45 g Milch später zugeben
Anleitungen
- Die Zutaten für den Vorteig gut verrühren und 10 bis 14 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen.
- Die Kartoffeln etwa 90 Minuten vor der Hauptteigbereitung schälen, waschen und etwa 25 bis 30 Minuten dampfgaren oder kochen. Abkühlen lassen.
- Die Zutaten für den Hauptteig außer der Milch in die Knetmaschine geben. Die Kartoffeln entweder mit einer Gabel zerdrücken oder in Stücke schneiden. Bei letzterer Methode bleiben nach dem Kneten noch kleine Kartoffelstücke übrig, was recht nett im Teig ausschaut.
- Den Teig kneten, bis er sich fast vollständig von der Schüssel löst. Die zusätzliche Milch portionsweise unterkneten. Wenn sich der Teig wieder vollständig löst, das Kneten beenden und den Teig in eine Teigwanne geben.
- Den Teig in der Wanne bei Raumtemperatur 14 bis 15 Stunden reifen lassen. Nach einer Stunde dehnen und falten. Der Teig sollte sich zum Ende etwa verdreifacht haben im Volumen.
- Auf die Arbeitsfläche geben und in 20 Teiglinge von etwa 100 g teilen. Die Teiglinge straff zu Zylindern aufrollen, ähnlich der Formung eines Baguettes.
- Die Teiglinge mit dem Schluß nach oben für 50 bis 60 Minuten in ein bemehltes Leinentuch legen. Den Ofen auf 250 °C Heißluft/Umluft vorheizen.
- Die Teiglinge auf den Einschießer wenden und einschneiden. In den Ofen geben und gut schwaden. Abfallend auf 235 °C für 16 bis 18 Minuten knusprig abbacken.
Zur Sicherheit noch mal der berühmte Disclaimer: Der Artikel enthält Werbung in Form einer Linksetzung zum Shop Deligio Fine Food und zur Biomühle Eiling. Für diese Linksetzung habe ich keinerlei Zuwendungen erhalten, sie erfolgt rein zur Information der Leserinnen und Leser.
Sehr interessantes Rezept, vielen Dank für eine weitere neue Inspiration!
Dem beworbenen Shop trau ich allerdings nicht über den Weg. Viele Produkte haben Palmfett, Geschmacksverstärker, Konservierungsmittel und Aromen als Zutaten – dies widerspricht meiner Vorstellung von „Hammer“ oder Qualität gewaltig und erst recht dem selbstpropagiertem fetten Slogan von „hochwertigen, transparenten und ökologisch nachhaltigen Lebensmitteln“ (Über uns).
Ich mag Deine Seite unter anderem so sehr, weil sie auf dem Prinzip einfach, ehrlich und ohne Zusatz-Schnickschnack aufbaut. Diesen hohen Standard kann man meiner Meinung nach nicht halten, wenn man Partner eines solchen Unternehmens ist.
Viele Grüße
Nic
Danke für die Kritik. Ich kann sie aber nur teilweise nachvollziehen. Ja, es gibt auch Produkte mit „Zusatzstoffen“ wie Glutamat oder Aromen in diesem Shop. Es gibt aber auch eine Menge Produkte ohne jegliche Zusatzstoffe und alle Produkte sind ehrlich und klar gelabelt. Das heißt: wenn Zusatzstoffe enthalten sind, steht das nicht im Kleingedruckten. Wenn Du meine Seite verfolgst, siehst Du bestimmt, dass mir sehr an gesunden Lebensmitteln liegt. Ich bin aber kein Purist; in mir regen sich keine Zwänge, nie niemals nie auch nur irgendeinen Zusatzstoff zuzulassen. Oder einen Händler auszuschließen, weil in dessen Angebot auch „unökologische“ oder „unsaubere Lebensmittel“ vorhanden sind. Das habe ich in den vergangenen Jahren ja nicht nur einmal zum Ausdruck gebracht.
Hallo Brotdoc
Ein sehr interessantes Rezept. Eine Frage dazu aber noch: Ist das Gewicht der Kartoffeln vor oder nach dem Kochen zu bemessen? Oder macht das vielleicht gar keinen Unterschied?
Gruß
Marco
Keinen besonders großen. Ich habe die Kartoffeln vor und nach dem Dämpfen gewogen – fast gleiches Gewicht.
guten abend – könnte ich hier die germ auch durch lievito madre ersetzen? – vielen dank LOU NOVA
Ja, das kann klappen. Wie viel, musst Du probieren, das hängt ja sehr davon ab, wie triebkräftig Dein LM ist.
Hm, hast Du mal für Anfänger eine grobe Mengen-Orientierung bei frischer LM?
Normalerweise gibst Du bei Weizensauerteig maximal 20 Prozent der Mehlmenge versäuert zu. Bei einem guten, milden LM geht auch bis zu 30-35 Prozent, aber das kann schon heikel werden, je länger der Teig reift. Ich würde mal mit 15 Prozent versäuerter Mehlmenge starten.
Hallo Brotdoc,
die Baguette schmecken köstlich. Danke für das tolle Rezept.
Für den Vorteig habe ich einen Rest Ruchmehl von der Draxmühle genommen. Der Teig war sehr weich und löste sich nicht von der Schüssel. Da ich aber die Milch auch noch reintun wollte, habe ich einen Teelöffel Flohsamenschalenpulver dazu gegeben.
Heute war der Teig sehr gut zu formen und die Baguette sind sehr schön aufgegangen.
Die warme Stockgare ist sehr praktisch, finde ich.
Bei mir werden bei zwei Lagen mit Heißluft die Brötchen immer sehr unterschiedlich gebräunt. Wie würdest Du das machen, wenn man die Baguette hintereinander backen möchte.
Und noch eine Frage, salzt Du die Kartoffeln vor dem Kochen?
Viele Grüße
Rosi
Nein, das Salz für die Kartoffeln ist im Teig mit einberechnet. Wenn Du die Brötchen hintereinander backen möchtest, würde ich ein Blech in den Kühlschrank abgedeckt stellen. Wenn die erste Runde Brötchen fertig ist, die zweite backen.
Der Einschätzung von Brotdoc kann ich nur zustimmen: der Teig ist etwas schwierig zu bearbeiten, das Ergebnis lohnt aber die Mühe auf jeden Fall. Köstliche Brötchen mit zarter, knuspriger Kruste und offenporiger Krume. Geschmacklich ein Gedicht. Das einzige, was ich nicht verstehe: wie kann man diese Baguette-ähnlichen Einschnitte hinbekommen. Bei mir reißt der Teig eher. Er geht zwar sehr schön auf, die Brötchen bilden aber nicht so schöne Einschnitte wie auf den Fotos.
Lieber Broteoc,
als absoluter Frischling habe ich vermutlich eine dumme Frage… trotzdem:
Den Hauptteig dehne und falte ich 14 bis 15 Stunden lang jede Stunde 1x – richtig?
Liebe Grüße!
Nein :-). Das wäre viel zu oft. Einmal reicht. Der Teig wird ja schon ausreichend lange geknetet, und das dehnen und falten geschieht nur einmal, damit sich die Temperatur noch mal ausgleicht im Teig. Am besten machst Du den Hauptteig irgendwann gegen Abend, sagen wir um 18 Uhr. Dann kannst Du am nächsten Tag ab 8 Uhr morgens die Brötchen formen und in der Nacht schlafen.
Das Rezept inspiriert mich auf jeden Fall zum Nachbacken, allerdings hab ich noch zwei Fragen:
1. Funktioniert das auch mit festkochenden Kartoffeln? Sonst muss ich nochmal los und mehlige kaufen….
2. Gibt es eine Alternative für die Milch? Wir haben hier nur flüssige Schlagsahne, kann ich die mit Wasser mischen?
Lieben Gruß!
Festkochende Kartoffeln würde ich vorher stampfen, damit sie sich besser beim Kneten in den Teig binden. Sahne geht auch, klar.
Grüß dich Björn☺,
Die Brötchen sehen aaaaaabsolut fantastisch aus🤤🤤🤤 ich möchte sie unbedingt nachbauen☺☺. Meine Frage: Ich würde sie gern mit T65 Label Rouge backen…wie verändern sich die Wassermengen in der Rezeptur?
Vielen Dank für deine Hilfe!
Grüssle Oli
Keine Änderung, ich würde es ganz genau so machen wie im Rezept.
Hallo Björn,
hat das Backen mit Heißluft in diesem Rezept besondere Vorteile? Das klingt (für mich) ganz ungewohnt.
Vielen Dank & herzliche Grüße, limette
Ja, ich finde schon. Es handelt sich ja um Kleingebäck. Da möchtest Du meist eine dünne knusprige Kruste und eine saftige Krume. Bei Ober-/Unterhitze backen Brötchen bei mir zu lang. Die Kruste wird dicker und härter, als bei Heißluft.
Lieber Jörg
Hilfe Hilfe was mache ich falsch.
Ich habe so gut wie keinen Ofentrieb,und das schon zum zweiten mal.
Arbeite genau nach Rezept und dennoch bleiben die Brötchen sehr flach.
Geschmack ist super, doch als Fladen finde ich sie nicht schön.
Danke für eventuell Tips.
LG Barbara
Der Teig hat sehr viel Flüssigkeit und diese ist durch die Kartoffeln auch etwas schwer kalkulierbar. Nimm beim nächsten Versuch weniger Flüssigkeit und mach nach dem Kneten einen Fenstertest. Wenn der funktioniert und der Teig genug Stand hat, sollte Dein Problem erledigt sein.
Absolute Nachbackempfehlung. Selten so leckere Brötchen gegessen.
Ich hab ein Großteil des Wezenmehls durch Dinkel ersetzt, deswegen noch ein Dinkelschrotkochstück eingearbeitet. Und statt mehligkochende, festkochende Kartoffel genommen. 😋
Hatte nur Probleme, dass die Teiglinge bei der Stückgare im Bäckeleinen, trotz bemehlen zu sehr festklebten, gibt es da noch einen Trick?
Das kann am Dinkel liegen. Durch das Kochstück hast Du ja noch etwas mehr Wasser drin. Falls es mit ausreichendem Bemehlen nicht klappt, kannst Du die Teiglinge auch zur Not ohne Backleinen machen. Den Hauptteig dazu einfach auf der Arbeitsfläche rechteckig abstechen und sofort auf das Lochblech legen.
Hallo Doc,
Wir sind neulich nach NRW gezogen und seit einem halben Jahr steht auf meiner ToDoListe: „Mühle aus der Region suchen“ Danke für die Werbung in diesem Fall also. Zu Rezept kann ich noch nichts sagen. Ich werde es aber mal testen.
Super Rezept!
Mir ist alles bis auf die Einschnitte gelungen.
Um so mehr freue ich mich auf den Baguettekurs im März, der hoffentlich stattfindet!
Hallo Björn, meinst du ich könnte die Gare auch bis 18 Stunden ziehen? Dann evtl kühler stellen? Geht leider nicht anderes in meinem Tagesablauf.
Mfg Wolfgang
Ja, wenn Du den Teig kühler stellst, z.B. bei 15 °C, dann kannst Du sicher bis 18 Stunden gehen.
Hallo Björn! Wir lieben diese Brötchen! Sie haben eine tolle löchrige Krume und einen wunderbaren Geschmack. Bei mir haben sie guten Ofentrieb, wenn sie raus sind, fallen sie aber etwas zusamnen. Woran kann das liegen?
Gruss Ute
Hallo Björn ich habe da mal noch eine Frage ich habe noch Kartoffelflocken aus einer Mühle vorrätig ich würde sie gern verarbeiten wie könnte ich das bei diesen Brötchen machen hast du da Erfahrung. Leider steht nicht auf der Verpackung.
Deine Rezepte sind immer super und lecker.
Macht weiter so.
Liebe Grüße Jacqueline
Kartoffelflocken kommen einfach zum Teig anstatt der Kartoffeln. Ich bin mir nicht sicher, in welchem Verhältnis Wasser zugegeben werden muss. Im Zweifel machst Du es einfach so, dass Du die Flocken vorher mit dem Wasser mischst, z.B. 100 g Flocken mit 60 g Wasser. Wenn das zu fest ist, gib so lange Wasser dazu, bis es in etwa die Konsistenz von Stampfkartoffeln hat. Dann zum Teig geben.
Danke ich werde es gleich mal ausprobieren.
Guten Morgen lieber Björn, eben habe ich den Teig für die Kartoffelbrötchen geknetet und jetzt ist es 10 Uhr morgens. (Frau sollte die Rezepte zuerst ganz durchlesen…). Kann ich die Gare verkürzen, indem ich den Teig wärmer (26 Grad) gehen lasse oder soll ich ihn besser 24 h in den Kühlschrank stellen? Liebe Grüsse, Jutta
Beides ist möglich, so wie es Dir am besten passt. Viel Erfolg und schöne Grüße an Peter!
Vielen Dank. Nach 3 Stunden Raumtemperatur habe ich den Teig in den Kühlschrank verfrachtet. Da hat sich dann nichts mehr getan. Also wieder Raumtemperatur bis sich der Teig sichtbar vergrössert hat. Jetzt sind sie am Backen und es duftet im ganzen Haus. Euch einen schönen Sonntag ☀️
Danke nachträglich!
Ich habe die Brötchen gestern als Baguette-Stangen gebacken, statt frischer Kartoffeln die Karoffelflocken der Eiling-Mühle, war der Hit gestern auf der Familienfeier und das Rezept wurde fleißig abgefragt.
Eine wirklich leckeres Brot zu allen Dips und Steaks
Ein tolles Rezept für leckere Brötchen, vielen Dank.
Nur das Einschneiden bei so weichen Teigen funktioniert bei mir leider gar nicht. Sie wollen einfach nicht einschob aufreißen, wie auf deinen Fotos. Liegt es daran, dass ich die Teiglinge nicht straff genug einrolle? Gibt es da einen Trick?
Danke für deine Mühen Vanessa.
Hallo Björn,
kann ich die Stückgare wohl komplett im Kühlschrank machen?
Viele Grüße aus dem Sauerland
Andrea
Wird glaube ich schwierig – es ist ein sehr weicher Teig. Da besteht Risiko, dass er am Leinen anklebt. Aber probiere es einfach, vielleicht werden sie ja genial.
Ein fantastisches Rezept für fantastische Brötchen!
Kleine Korrektur: wenn man von 1000g Mehl ausgeht, sind es nicht 0,2% Hefe, sondern sage und schreibe nur 0,02%, was das tolle fluffige Ergebnis noch erstaunlicher macht.
So gut ! Ich hatte vom Mittagessen Bärlauch-Kartoffelstampf übrig, und davon 315 g verwendet! Butter und Salzmenge habe ich reduziert, die Milch ganz weggelassen! Zwar war der Teig wirklich recht weich, aber am Ende hat es super geklappt! Rösche Kruste, weiche Krume, ein dezenter Bärlauchgeschmack! Ganz wunderbar mit Bärlauch Butter oder Frischkäse! Die Porung ist nicht ganz so groß wie im Original, aber mit Belag mögen wir es so lieber! Ein Rezept das sicher bald wieder nachgebacken wird, vielen Dank !
Schönes Ergebnis!