Um wieder etwas in Schwung zu kommen mit neuen Rezepten habe ich mich wieder etwas an die Sauerteigbäckerei gemacht. Von meinem Besuch am Hof Schulze-Westerhoff in Havixbeck letzten Sommer hatte ich noch einen Sack Ur-Dinkel da. Diesen habe ich frisch gemahlen, ein mal die groben Kleie ausgesiebt, und damit mehrere Rezepte ausprobiert. Unter anderem dieses (fast) reine Sauerteigbrot.
Anlehnend an meine Versuche mit Tartine-Broten im vergangenen Jahr habe ich dabei auch wieder mit eher jungem Sauerteig gearbeitet, um ein besonders mildes geschmackliches Ergebnis zu erreichen. Das ist mehr als gelungen – dieses Brot ist nur aus vier Grundzutaten entstanden und geschmacklich so tiefgründig wie wenige andere Brote. Ein klarer Favorit.
Erfahreneren sei gesagt, daß die Teigausbeute bewusst im niedrigeren Bereich gehalten ist. Ich wollte bei diesem Brot eine lockere, aber nicht zu großporige Krume erreichen. Ich hatte wieder die Eignung als Pausenbrot im Sinn. Deswegen habe ich auch zwei der vier Brote noch am Vorbereitungstag in Kastenformen aufgehen lassen und gebacken. Die beiden anderen Teiglinge durften noch über Nacht im Gärkörbchen weiter reifen.
Das Dinkelvollkornmehl sollte möglichst fein sein. Ich habe es direkt nach dem Mahlen einmal ausgesiebt.
Bevor der Sauerteig angesetzt wird, sollte das Anstellgut richtig fit gemacht werden. In meinem Fall habe ich es zwei mal hintereinander warm gefüttert. Dabei verwende ich folgendes Schema:
20 g altes Anstellgut (flüssig)
60 g Weizenmehl T65
60 g Wasser (40 °C)
Gut umrühren und bei ca. 26-27°C zwei Stunden reifen lassen. Den Vorgang dann nochmals wiederholen. Das Anstellgut sollte sich vom Volumen her jeweils verdoppeln. Es spielt keine Rolle, wenn zwischen den Fütterungen auch eine Nacht in der Kühlung liegt. Die erste Fütterung kann also z.B. Freitagabends erfolgen. Das verkürzt die Vorbereitungszeit am Backtag.
Danach sollte ein besonders mildes und triebkräftiges Anstellgut entstanden sein. Ich füttere mein Anstellgut übrigens sowieso inzwischen zwei Mal die Woche (Mittwochs und Samstags) – für mich der beste Kompromiss zwischen Fütterungsaufwand und gewünschtem Ergebnis.
Dinkelkruste
Zutaten
Sauerteig:
- 75 g Dinkelvollkornmehl gesiebt
- 75 g Wasser 40°C
- 20 g aktives flüssiges Sauerteiganstellgut
Autolyseteig:
- 365 g Dinkelvollkornmehl gesiebt
- 190 g Weizenmehl kleberstark Manitoba, Breadflour, Tipo 0 violett, alternativ Weizenmehl 550
- 375 g Wasser 30°C, etwas weniger bei Weizenmehl 550
Hauptteig:
- 930 g Autolyseteig
- 14 g Salz
- 170 g Sauerteig
- 0,5-1 g Frischhefe wer mag
Anleitungen
- Den Sauerteig gut verrühren und für 3-4 Stunden bei 26°C reifen lassen. Der Sauerteig sollte Blasen werfen und einen appetitlichen Joghurtgeruch verströmen.
- Den Autolyseteig gut vermischen und 120 Minuten quellen lassen.
- Das Salz für 1 Minute einkneten. Dann die 170 g Sauerteig zufügen und mit der Maschine sauber für ca. 2-3 Minuten bei langsamer Knetgeschwindigkeit in den Teig einarbeiten. Sobald der Sauerteig im Teig gelöst ist das Kneten beenden, und den Teig in eine eingeölte Teigschüssel geben. Wer sich seines Sauerteigs nicht sicher ist, der kann mit dem Sauerteig auch noch ein kleines Stück Frischhefe zugeben, um den Trieb etwas zu unterstützen.
- 4 bis 5 Stunden reifen lassen. Nach 60 und nach 120 Minuten den Teig einmal dehnen und falten. Dann den Teig aufgehen lassen, bis er sich fast verdoppelt hat.
- Den Teig auf die bemehlte Arbeitsfläche geben. Vorsichtig rund vorformen. 20-25 Minuten ruhen lassen. Dann den Teigling wenden und etwas rechteckig ziehen. Mit nur wenig Druck auf den Teigling eine der kurzen Seiten über den halben Teig falten. Die andere kurze Seite darüber falten. Den entstehenden länglichen Teigbatzen einmal zusammenfalten und den Schluß etwas andrücken, sodaß ein in etwa quadratisches Teigpäckchen entsteht. Dieses wenden und mit der Teigkarte und einer Hand vorsichtig rund schieben. Mit dem Schluß oben in ein gut bemehltes Gärkörbchen legen. Alternativ lang stoßen und in einer Kastenform mit Schluß unten reifen lassen.
- Entweder nun für etwa 2 Stunden bei Raumtemperatur aufgehen lassen, oder für 12-16 Stunden bei 5°C im Kühlschrank reifen lassen.
- Am Backtag den Ofen mit einem Brätertopf auf 250 °C aufheizen. Das Brot vorsichtig in den Topf befördern (Schluß unten) und den Deckel auflegen. Für 10 Minuten bei 250 °C weiterbacken, dann auf 215 °C herunterschalten. Den Topfdeckel nach 25 Minuten entfernen und für insgesamt 60 Minuten schön dunkel ausbacken.
- Wenn in der Kastenform gebacken wird, dann nach dem Einschießen gut schwaden und abfallend auf 210 °C für insgesamt 60 Minuten ausbacken.
ENGLISH RECIPE
It is important for this recipe to have a rather active and healthy sourdough starter. I recommend to feed the starter in warm conditions at least twice before using it for this recipe.
Quantities for 4 loaves (in brackets for 1 bread)
Sourdough:
300 (75) g wholemeal spelt flour (sifted)
300 (75) g of water (40 ° C)
80 (20) g active liquid sourdough starter
Stir well and let it mature for 3-4 hours at 26 ° C. The sourdough should show bubbles and give off an appetizing yoghurt odor.
Autolyse:
1450 (365) g wholemeal spelt flour (sifted)
750 (190) g high-gluten wheat flour (Manitoba, Breadflour, Tipo 0 violet), alternatively bread flour
1500 (375) g water (30 ° C), slightly less when using bread flour
Mix well and autolyse for two hours.
Main dough:
Autolyse-dough
56 (14) g salt
680 (170) g sourdough
(0.5-1 g of yeast optional)
Mix in the salt for 1 minute. Then add the 680 (170) g sourdough and mix it into the dough for about 2-3 minutes at a slow kneading speed. Once the sourdough is dissolved in the dough, finish kneading and place the dough in an oiled dough bowl. If you are not sure about your sourdough, you can add a small amount of yeast with the sourdough to support the fermentation.
Mature the dough for 4 to 5 hours at 24 °C. After 60 and 120 minutes stretch and fold the dough once. Then let the dough rise until it almost doubles in size.
Put the dough on the floured work bench. Carefully preshape to round boules. Let rest for 20-25 minutes. Then turn the dough piece and pull it slightly rectangular. With just a little pressure on the dough piece, fold one of the short sides over half the dough. Fold the other short side over it. Fold the resulting elongated pieces once and close the seam a little, so that a roughly square dough is created. Turn it over onto the seam and gently push it around with the dough card and one hand to form it to a round boule. Put in a well-floured banneton, seam down. Alternatively, shape oblong and mature it in a loaf pan with the seam down.
Either let it rise for about 2 hours at room temperature, or let it mature for 12-16 hours at 5 °C in the refrigerator.
On the baking day, preheat the oven to 250 ° C with a dutch oven. Carefully move the bread into the pot (seam up) and place the lid on top. Wear baking gloves so you don’t burn yourself! Continue baking at 250 °C for 10 minutes, then lower to 215 °C. Remove the lid of the pot after 25 minutes and bake to a brown colour for a total of 60 minutes.
When baked in the loaf pan, steam after putting the pans in the oven and lower temperature to 210 ° C. Bake for a total of 60 minutes.
Warum Dinkelkruste, wenn doch mehr Weizenmehl drin ist als Dinkel !
Da rechne lieber noch mal nach, Herbert. Es sind 1750 g Dinkelvollkornmehl und 750 g Weizenmehl drin.
Autolyseteig: habe ich übersehen, dann stimmt die Rechnung
Wird bald gebacken
Hallo Björn,
das Rezept werde ich in den nächsten Tagen ausprobieren. Eine Frage, die mich interessiert: Warum soll so vorsichtig gewirkt werden? Und warum in diesem Fall im Topf backen? Das ist selten bei deinen Rezepten.
Viele Grüße
Evi
Ich möchte die Gärgase im Teig möglichst erhalten, um eine schön offene Porung zu bekommen. Du kannst wie gezeigt dieses Brot auch im Kasten oder freigeschoben im Ofen backen. Im Topf wird das Volumen noch mal besser.
Hallo Evi,
die Teigbearbeitung ist für Hobbybäcker meistens eine Herausforderung, besonders bei freigeschobenen Broten. Im Bräter oder Topf gebacken sind die Anforderungen an den Teig geringer. Diese Backart nähert sich dem Backen im Stein- oder Holzbackofen sehr gut.
Mit geringeren Aufwand und Erfahrung bei der Teigbearbeitung ein mindestens gleichwertiges Ergebnis zu erreichen macht folglich Sinn. Björns Dinkelkruste benötigt eine sehr vorsichtige Teigbearbeitung. Björns Entscheidung für den Bräter ist deswegen die effektivste Variante.
Danke, Peter 😊
Hallo ,
ein schönes Rezept…
Aber könnte ich auch meine LM (frisch) 170g, verwenden? Vielleicht noch ein Poolish dazu ?
Danke
Du kannst auch den LM verwenden. Wenn der schön triebstark ist, müsste er das auch schaffen. Wenn Du Dir nicht sicher bist, gib noch etwas Hefe zu.
Hallo Björn, das Brot ist super! Ich habe es mit Übernachtgare im Topf gebacken. Locker und offenporig und eine wunderschöne Krumenfarbe! Ich möchte nun gern das volle Rezept mit vier Broten backen. Dazu eine Frage: kann ich das Brot in den Kastenformen auch über Nacht im Kühlschrank gehen lassen oder würdest du für die Kastenform eher empfehlen, die Stockgare in den Kühlschrank zu verlagern und dann am nächsten Morgen zu formen?
Viele Grüße und einen schönen Sonntag
Evi
Kastenformen eignen sich genau wie Bannetons für kalte Stückgaren. Ich ziehe immer eine Kunststoff-Badehaube drüber, damit der Teig nicht austrocknet.
Ich habe das Brot heute mit Übernachtgare gebacken und habe das Dinkelmehl nicht vollständig ausgesiebt. Es ist wunderbar geworden. Ein tolles Rezept!!
Hallo, ist es möglich den Weizen durch Dinkel Typ 630 zu ersetzen und müsste ich dann noch was ändern?
Wenn Du das machst, fehlt in Deinem Teig der straffe Weizenkleber, der ein voluminöses Aufgehen und einen guten Stand erst richtig möglich macht. Um mit Dinkel 630 zu arbeiten, muss im Rezept viel geändert werden. Ich würde z.B. weniger Wasser zufügen oder mit einem Pflanzenfaser-Quellstück (z.B. Aquaposa) arbeiten.