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Brotreise: Paris (2025)

Erstes Ziel: der Eiffelturm

Nach einer dringend notwendigen Auszeit vom Bloggen (nicht vom Backen 🙂 ) melde ich mich mit einem kleinen Bericht zurück. Vor zwei Wochen habe ich mir eine Brotreise nach Paris gegönnt. Paris ist für mich persönlich einer der größten Sehnsuchtsorte was die Kulinarik angeht. Das bezieht sich sowohl auf Brot und Kleingebäck, als auch auf die Patisserie, Chocolaterie und die Restaurantkultur.

Selbst wenn man sich nicht auskennt, wo die Qualität stimmt, ist es unvergleichlich wahrscheinlicher als in Berlin, Hamburg, Köln usw., in dieser Stadt gute Lebensmittelqualität zu finden. Lebensmittel, die handwerklich hergestellt sind von Menschen, die Geschmack, Optik, Haptik und Textur noch über alles stellen. Und wo diese Qualität auch ihren Preis haben darf und von den Menschen dennoch geschätzt und genossen wird.

Ich will hier nicht allzusehr verallgemeinern. Auch in Paris gibt es viel Convenience-Food und ex-und-hopp Nahrung. Aber es macht einfach Spaß, in so vielen verschiedenen Bäckereien ein optisches und geschmackliches Highlight nach dem anderen zu entdecken. So ging es mir auch vor 11 Jahren, als ich schon einmal die Gelegenheit zu einer Brotreise nach Paris hatte.

Mein Freund Oliver Distelkamp hatte mich schon mehrfach zu einer erneuten Brotreise nach Paris eingeladen, was nun schon dreimal aus familiären oder beruflichen Gründen nicht geklappt hat. In Zusammenarbeit mit der „Ecole de Boulangerie et Patisserie“ im Pariser Stadteil Bercy bietet er nämlich einmal jährlich ein solches Brot-Highlight an. Ein zweitägiger Backkurs unter Leitung einer französischen Backlehrerin, garniert mit einem ausführlichen Gang durch die Stadt zu einigen der besten Bäckereien und Patisserien von Paris.

Ich bin schon am Vortag mit dem Zug angereist und habe zu Fuß die Stadt etwas erkundet. Leider war es im wärmsten Mai aller Zeiten zufällig recht kühl, windig und vor allem regnerisch, so dass ich ordentlich nass wurde. Es war aber trotzdem wieder mal eindrücklich, durch diese wundervolle Stadt zu schreiten und die vielen Eindrücke aufzunehmen.

Abends haben wir uns dann zum ersten mal mit den Kursteilnehmern getroffen und authentische französische Küche im Restaurant „Auberge Aveyronnaise“ genossen. Dieses Restaurant bekommt eine echte Empfehlung von mir und ist einen Besuch mehr als wert. Reservierung ist unbedingt zu empfehlen! Das Restaurant war bis auf den letzten Platz an diesem Mittwoch Abend voll.

Am nächsten Morgen trafen wir uns dann zunächst zum Rundgang durch die besten Pariser Bäckereien und Konditoreien. Insgesamt 8 km haben wir zu Fuß zurückgelegt, die sich aber mehr als gelohnt haben. Die Adressen habe ich mir natürlich gespeichert – hier könnt ihr sie ansehen. Ich kann jede einzelne dieser Bäckereien und Restaurants empfehlen.

Nachmittags ging es dann in die Bäckerei. Unter der fachkundigen Anleitung von Bäckerin Aurelia und Brotsommelier Yanick Behrendt, der für uns übersetzt hat, wurden mehrere typische Brote und Kleingebäcke vorbereitet und am nächsten Tag hergestellt und gebacken. Wenn mir auch schon vieles bekannt war, war es wieder einmal toll, einer französischen Bäckerin über die Schultern zu blicken und zu sehen, mit welchem Geschick die wunderbaren Backwaren hergestellt wurden. Dabei durften wir auch bei fast jedem Gebäck selbst Hand anlegen. Wir hatten auch Gelegenheit, den französischen Patisserie-Schülern bei der Arbeit zuzusehen.

Diese Reise hat mir sehr gefallen und mir auch im Hinblick auf meine Backmotivation richtig gut getan. Ein einmaliges Erlebnis, das ich nur jedem mit Interesse an der französischem Backkunst empfehlen kann.

In Kürze gibt es von mir auch wieder neue Rezepte. Ich habe mit einem Vollkornmehl aus weißem Weichweizen Backtests machen dürfen und ein Brotrezept damit entwickelt.

Disclaimer: Der Beitrag enthält einen Link zur kommerziellen Seite Deligio.de. Hierfür habe ich keine Zuwendungen erhalten. Die Brotreise und den Kurs habe ich vollständig selbst finanziert.

Dans d’excellentes boulangeries parisiennes

Highlight unseres dritten Besuchs-Tages in Frankreich war eine Führung durch einige der hervorragendsten Bäckereien von Paris. Hierfür nahm sich David Bourgeois, Mühlenchef der Moulins Bourgeois, dessen Aufgabe unter anderem die persönliche Betreuung der von der Mühle versorgten Pariser Bäckereien ist, mehr als einen halben Tag Zeit.
Die Bourgeois-Mühle versorgt knapp 150 der 1000 in der Innenstadt von Paris befindlichen Boulangerien mit ihren Mehlspezialitäten. Dank David konnten wir in fast allen Bäckereien einen Blick hinter die Kulissen werfen, sprich in die Backstube hinein. Eine große Besonderheit in Frankreich und insbesondere in Paris ist, daß die meisten Boulangerien nur einmal existieren. Ein Inhaber, eine Backstube, ein Verkaufsraum. Filialen sind mehr als unüblich und – wenn ich es richtig verstanden habe – ist es auch nicht gestattet, Brot mit dem Zusatz „traditionelle Art“ zentral zu produzieren und in Filialen zu verkaufen.
Davon können wir in Deutschland nur träumen! Die beengten Verhältnisse in der Innenstadt von Paris spürt man natürlich auch in den Bäckereien. Die Produktion spielt sich zumeist im Untergeschoß ab, manchmal in hutzeligen Gewölbekellern, in die Bäcker und Maschinen so gerade hineinpassen. Kommen noch Besucher wie wir hinzu, dann geht fast nichts mehr in der Backstube. Und doch enstehen hier die tollen Brote, für die die französische Backkunst berühmt ist.

Verabredet waren wir um 7 Uhr morgens am Place de la Nation im Nordosten der Innenstadt. Wir waren wegen des Berufsverkehrs schon um 5 Uhr in unserer Unterkunft aufgebrochen und hatten unsere Wagen um 6.30 Uhr sicher und vor allem wieder auffindbar geparkt. So sah es an unserem Treffpunkt aus:

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Dann traf David mit seinem Wagen ein und es ging los zur ersten Station, direkt ins absolute Zentrum der Stadt zum Centre Pompidou.

1.
„Huré – Createur de Plaisirs“
18, Rue Rambuteau, 3e Arr., am Centre Pompidou, Nebengasse

Auch wenn der Name der Bäckerei im Deutschen etwas anrüchig klingt (was für einiges Gelächter unter uns vier Herren sorgte), habe ich hier die mit Abstand schönsten Patisserie-Waren des Tages gesehen. Was dort in der Auslage lag, hat die Grenze zur Kunst längst überschritten. Fast zu schade, so etwas Schönes zu verspeisen. Die Backstube ist direkt hinter dem Verkaufstresen und so beengt, daß nur zwei von uns überhaupt hineinkamen. Während David und Michael sich dort unterhielten, konnte ich nicht widerstehen, meine ersten Einkäufe (Eclairs) zu tätigen, für die meine Frau noch heute schwärmt.

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So etwas kann man ohne Zweifel als Kunst bezeichnen
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Auch die Brote konnten sich sehen lassen.
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2.
Boulangerie Du Pain et Des Idées
34, Rue Yves Toudic, 10ème Arr., Nebengasse am Canal St. Martin

Hier war es so voll von Kundschaft, daß wir keine Chance hatten, in die Backstube vorzudringen. Das Personal war vollends damit beschäftigt, des Andrangs Herr zu werden. Ist ja ein gutes Zeichen bekanntlich, und die verschiedensten Auszeichnungen sprechen auch ihre eigene Sprache. Wie David zu berichten wußte, ist diese Bäckerei eine der wenigen, die ihren Hauptumsatz mit Brotlaiben macht und weniger mit Baguettes. Viele der Käufer verließen den Laden gut „bepackt“.

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3.
„Liberté Patisserie Boulangerie“
a) 39, Rue des Vinaigriers, 10ème Arr.

Wieder etwas weiter außerhalb, nicht unweit der vorherigen Bäckerei liegt die Bäckerei „Liberté“, also „Freiheit“. Hier herrscht ein ganz anderer Dekorationsstil, sehr schlicht gehalten mit an Rohbau erinnernden Wänden und einfacher Ausstattung, dazu moderne House-Musik in Endlosschleife. Die Backwerke sahen wunderbar aus. Unter Begleitung von Benoît Castel, einem der wenigen Inhaber mehrerer Bäckereien der Stadt, tauchten wir in die wirklich winzige Backsstube im Untergeschoß ab. Ein L-förmiger Gewölbekeller, in den so gerade die Maschinen und Bäcker passten. Unfasslich, was trotzdem hier geschaffen wird.

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Im Gewölbekeller, in der einen Nische der obligatorische Gabelkneter, voll mit Baguetteteig…
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Gleich nebenan der brüllendheiße Backofen…
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b) 150, Rue de Ménilmontant – 20ème Arr.
Benoît Castel bat uns nach der Besichtigung der ersten Backstube, doch noch zu seiner zweiten Bäckerei zu fahren. Ganz in der Nähe des berühmten „Père Lachaise“-Friedhofs in einer ruhigeren Gegend liegt eine der wenigen Holzofenbäckereien von Paris. Dort gibt es zwar die gleichen Brote wie in den anderen Bäckereien des Inhabers auch, aber größtenteils aus dem Holzbackofen.
Benoît nahm sich hier viel Zeit, uns alles zu zeigen und leitete auch eine Verkostung der Brote und Patisserie-Artikel. Konditormeister Wolfgang war – wie wir anderen auch – hingerissen von den kleinen süßen Leckereien. Wir hielten uns mehr als eine Stunde in dieser tollen Bäckerei auf. Mein zweiter Einkauf wurde fällig: Croissants und Croissants au chocolat mußten mit. Diese leckeren Dinger wurden am nächsten Tag von meinen Praxismitarbeiterinnen mit großem Genuß verspeist.

Der in Barcelona gefertigte riesige Holzbackofen
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Schlicht – aber schön und vor allem appetitanregend: der Verkaufsraum
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Benoît Castel und David Bourgeois in Diskussion vertieft, ob Michael alles versteht?
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Wiederum im Keller: die Produktion
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Die Verkostung der Brote und Süßwaren…
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Danach ging es zum Abschluß in die südliche Innenstadt.

4.
Dominique Saibron
77 Avenue du Général Leclerc, 14. Arr.

Das absolute Highlight, was die Qualität der Baguettes und des Brotes anging: Dominique Saibron. Diese Bäckerei war die größte unseres Besuchs und ist eine der berühmtesten der Stadt. Der Inhaber hat inzwischen eine Filiale in Tokio eröffnet und ein Buch darüber geschrieben, wie ihm das gelungen ist. Hier wird trotz voller Verkaufsräume und viel Laufkundschaft kein Kompromiss bei der Qualität gemacht. Wie wir uns überzeugen konnten, wird der meiste Platz in den Backstuben auf die kühle Lagerung der Teige und Teigwaren verwendet, damit diese ein Maximum an Geschmack erlangen.
Das macht sich geschmacklich bemerkbar: Hier habe ich die besten Baguettes und Croissants der ganzen Reise probiert. Für mich ein absolutes Muß-Reiseziel für den brotinteressierten Paris-Besucher.
Aber auch die Patisserie-Waren waren zum Schwärmen.

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In der Backstube lief die Baguette-Produktion ohne Unterlaß, „kalte“ Baguettes kann man hier nicht bekommen.

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Meisterhaft wurde eingeschnitten, so schnell, daß die Hand kaum zu sehen war.

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Und zuguterletzt die Brotverkostung mit dem Chef, Dominique Saibron persönlich.

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Danach endete unser Ausflug. Voll von Eindrücken machte ich mich auf die Heimfahrt, die ich glücklicherweise nicht allein antreten mußte. Um seine Heimfahrt zu verkürzen, habe ich Meister Wolfgang Heyderich bis zum Münsteraner Hauptbahnhof mitgenommen. So verging die Fahrt wie im Fluge.
Das war ein tolles Erlebnis, für das ich Schelli nochmals in aller Form danken möchte.