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Facebook / Soziale Medien

Im Moment gibt es viel Kritik an den sozialen Medien, insbesondere an Facebook. Nach diversen Datenskandalen wird den Menschen plötzlich klar, dass es auch bei sozialen Medien nichts umsonst gibt. Beklagt wird auch eine zunehmende „Verrohung“ der Sitten und des Umgangs miteinander.

Deutsche Prominente der ersten Reihe haben zum Teil sehr plakativ ihre bestehenden Facebookseiten gelöscht (bzw. unsichtbar gemacht), unter anderem die Bundeskanzlerin Angela Merkel und Robert Habeck, einer der Grünen-Bosse. Auch bekannte Brot-Agonisten wie Lutz Geißler zogen sich aus Facebook zurück, weil sie sich dort zu sehr angegriffen fühlten. Andere wie z.B. Micha fühlten sich bemüßigt mitzuteilen, warum sie noch nie in sozialen Medien mitgespielt haben. Alle ernteten bislang großes Verständnis für ihre jeweiligen Entscheidungen.

Ich bin ein bisschen hin und hergerissen. Mein Facebook-Account besteht seit 2010. Später ist noch eine Blog-Seite und eine Praxis-Seite hinzugekommen. Noch ein paar Jahre später habe ich mit Lutz Geißler die sehr erfolgreiche Brotbackgruppe „Angebacken“ gegründet, die nach drei Jahren nun bald 12.000 Mitglieder haben wird. Viele Aktivitäten, die früher in Internetforen abliefen, sind inzwischen nach Facebook verlagert. Dort findet ein Gros des Austausches zwischen Profis und Amateuren statt. Dort finden Interessierte und ambitionierte Menschen zusammen und lernen voneinander. Dort werden Erfahrungen ausgetauscht und Neuerungen diskutiert.

Wenn so viele Menschen mitmachen, kommen natürlich automatisch auch viele unterschiedliche Persönlichkeitsstrukturen in verschiedenen Ausprägungen auf einem Fleck zusammen. Wir finden Narzissten wie Histrioniker, Borderliner wie emotional instabile / ängstlich-vermeidende bis zwanghafte Menschen und manchmal auch Dissoziale unter den Teilnehmern der Gruppen. Verschärft wird das Ganze durch die Tatsache, dass wir uns nicht in die Augen blicken, während wir uns mal eben über das Smartphone eins ans Zeug flicken.

Klar, daß je nach eigener Persönlichkeitsstruktur manches oder gar vieles als verstörend empfunden wird, was in den Gruppen abläuft. Wie so oft im Leben überstrahlt ein negatives Erlebnis rasch mindestens 20 positive Gegenerlebnisse spielend. Zugleich spielt uns der Facebook-Algorithmus, so wie er im Moment konstruiert ist, vor allem das zu, was wir gerne sehen möchten aber das, mit dem wir uns aktiver auseinandergesetzt haben. Wir bewegen uns also in einer Blase und merken es nicht.

Also raus da aus Facebook, Nägel mit Köppen, Säbel raus und ein sauberer scharfer Schnitt? Nein. Für mich ist das nicht die Lösung eines Problems, das die Kommunikation der Menschen in den kommenden Zwanzigerjahren bestimmen wird. So wie ich kein Fan des Brexit bin (der auf einer sehr ähnlichen Einstellung beruht), möchte ich lieber ein Teil der Lösung in den modernen Kommunikationsstrukturen sein.

Ich habe mich zwar in den letzten Tagen aus vielen Facebook-Gruppen zurückgezogen, in die ich in all den Jahren eingetreten bin oder zu denen ich zugefügt wurde. Das aber vor allem, um mich mehr auf jene Gruppen konzentrieren zu können, in denen die Kommunikation auf ein Miteinander der Enthusiasten ausgerichtet ist. Nicht auf Konkurrenz, auf gegenseitige Übertrump(f)ung, auf Exklusivität oder gar Bevormundung. Letzteres ist aus meiner Sicht der Hauptgrund für manche Hobbyisten gewesen, sich in den Gruppen nicht mehr wohl zu fühlen.

Für mich ist das ein gangbarer und sinnvoller Weg, die vielen positiven Aspekte der sozialen Medien weiter nutzen zu können, ohne mich in verschiedenen Blasen zu verlieren oder doch irgendwann zum Selbstschutz den Säbel ziehen zu müssen. Meine Facebook-Seiten bleiben vorerst bestehen und dann und wann werde ich auch  Insta-grammen. Twitter ist nicht mein Ding – ich kommuniziere lieber ausführlicher.

Vielleicht gelingt es ja so, das Konstruktive wieder in den Vordergrund zu stellen und die „Verrohung“ nicht zum Hauptthema werden zu lassen.

 

 

 

 

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