Baguettes.. immer wieder komme ich zu den Broten zurück, wegen denen ich vor nunmehr 7 Jahren angefangen habe, Brot selbst zu backen. Dieser köstlichen Weißbrotstangen würde ich selbst dann nicht überdrüssig, sollte es mal nichts anderes mehr zu essen geben.
Das neue Rezept ist eines, bei dem der Fokus darauf liegt, ein Maximum an Brotaroma zu erreichen und gleichzeitig den Aufwand klein zu halten. In Frankreich kommt es in traditionellen Bäckereien vor, daß Baguetteteige 24-26 Stunden reifen, bevor sie geformt und gebacken werden. An Wochenenden steht der Teig sogar bis zu 48 Stunden und entwickelt dabei eine Tiefe an Aromen, die unvergleichlich ist.
Natürlich muß dabei die Hefe drastisch reduziert werden, damit es nicht zu einem zu starken Teigabbau kommt. Schon öfter habe ich probiert, Baguetteteige 48 Stunden reifen zu lassen doch immer wieder ärgerte ich mich darüber, daß all die tollen Gärblasen, die sich in der Zeit gebildet hatten, beim Auskippen mit einem leisen Seufzer aus dem Teig fuhren, weil dieser nicht mehr genügend Struktur hatte. Die resultierenden Baguettes wurden jedenfalls nicht so, wie erhofft, wenn sie auch gut schmeckten. Irgendwann habe ich es erst mal sein gelassen, weitere Versuche anzustellen.
Trotzdem gab es in all den Jahren immer wieder ermutigende Präsentationen von Blogger-Kollegen wie Lutz, der 2013 die sogenannten „Präsidentenbaguettes“ nach Angaben eines Blog-Postings von Marie-Claude (MC Farine) als No-knead-Rezept nachgebacken hatte. MC begeistert mich übrigens immer wieder mit ihren Reiseberichten durch die Bäckereien dieser Welt, vor allem Frankreichs, wo sie geboren wurde.
Vergangenen Sonntag habe ich es dann noch mal „gewagt“. Die Idee war, es mit noch weniger Hefe zu versuchen, um den Teigabbau zu verlangsamen. Da ich von einem anderen Rezept (dem Saaten-T65er) noch eine Menge reifen Poolish übrig hatte, habe ich diesen eingebaut und dann nur noch 0,2 % Hefe zum Hauptteig gegeben. Dieser reifte dann 2 Stunden bei Raumtemperatur und nachfolgend 44 Stunden bei 5°C im Kühlschrank.
Danach sah der Teig spektakulär aus. Ich muß zugeben, daß auch diesmal wieder Volumen beim Auskippen verloren ging doch der Teig zeigte eine gute Struktur und war deutlich weniger klebrig, als in meinen früheren Versuchen. Er ließ sich gut bearbeiten. Das Ergebnis ist sowohl köstlich als auch von toller Krumenstruktur. Somit gehört dieses Rezept ab sofort zu meinen Favoriten. Die Krume hat eine besondere fruchtig-süßliche Geschmacksnote, die in dieser Intensität bisher bei meinen Rezepten nur anklang.
Der zeitliche Aufwand hält sich trotz allem in Grenzen, es werden am Vorbereitungstag lediglich ca. 20 Minuten für die Teigbereitung und 2 Stunden für die warme Gare benötigt. Am Backtag braucht ihr ca. 1 1/2 Stunden für das Formen, Reifen und Backen.
Zum Schluß noch ein Wort zu dem verwendeten Mehl. Ich stehe bei Baguettes auf original französisches Mehl T65. Wer das nicht hat oder nicht kaufen möchte, kann dieses Rezept gut nachbacken entweder mit 550er Mehl, mit 812er Mehl oder mit einer Mischung aus 550er und 1050er Mehl, etwa im Verhältnis 5:1.
Menge für 6 dickere oder 8 dünnere Baguettes
Poolish:
130 g Weizenmehl T65
130 g Wasser (handwarm)
0,5 g Frischhefe
Hefe im Wasser auflösen, das Mehl einrühren und abgedeckt 12 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen.
Hauptteig:
Poolish
550 g Wasser (handwarm)
880 g Weizenmehl T65
22 g Salz
2 g Frischhefe
Alle Zutaten 3 Minuten bei langsamer Knetgeschwindigkeit homogen verkneten. In eine eingeölte Teigwanne legen und 2 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen. Während dieser Zeit 3 x dehnen und falten.
Dann für 44-48 Stunden in den Kühlschrank stellen, der Teig dürfte auch sicher noch etwas länger durchhalten, so daß ihr flexibel backen könnt.
Vorsichtig auf die bemehlte Arbeitsfläche kippen und in 6-8 gleich große rechteckige Teiglinge aufteilen.
Die Teiglinge vorsichtig zu einem Zylinder aufrollen und 20-30 Minuten entspannen lassen. In dieser Zeit akklimatisiert der Teig.
Dann straff zu Baguettes formen und diese mit Schluß oben für 35 Minuten im Bäckerleinen reifen lassen. Mit der Kippdiele auf den Einschießer befördern, einschneiden und sofort in den gründlich auf 250°C vorgeheizten Ofen einschießen. Gut schwaden.
Temperatur auf 235-240°C reduzieren und schön vollbraun ausbacken.