Tiger-Stangen

Nochmal „Stangen“. Aber ehrlich – habe gerade etwa 10 Minuten darüber nachgedacht, wie ich die Dinger anders nennen könnte. Irgendwie fällt mir kein anderer passender deutscher Begriff für so ein längliches Brötchen ein.

Diesmal sind es aber Stangen mit Tigerfell. Warum – dazu kann ich wieder eine Geschichte erzählen. Die Brötchen mit Tigerfell kenne ich schon seit Jahren, angefangen sicherlich mit Lutz‘ Atacama Brötchen, die mich damals optisch sehr beeindruckt haben. Die guten alten Zeiten: 2012 wurde im Plötzblog noch freudig experimentiert, gewerkelt und dokumentiert, gab es die echte Bloggeratmosphäre, die mich am Hobby-Brotbacken fasziniert hat. Es war nämlich die Zeit, in der ich das Brotbacken erst gerade wirklich lernte. Einmal habe ich die Brötchen glaube ich nachgebacken.

Vor vier Wochen hatten Heidi Schlautmann und ich in unserem Backkurs meinen Freund Ralph Nieboer aus den Niederlanden zu Gast. Er buk mit uns und den Teilnehmern vorwiegend Croissants und Co., doch Heidi hatte sich auch Tigerbrötchen gewünscht. Der Legende nach ist die Tigerstreiche wohl von einem niederländischen Bäcker „erfunden“ worden. Da waren sie also wieder – aber nicht nur hier. Es trifft sich, dass hier in Haltern, aber offenbar auch woanders in den letzten Monaten immer häufiger solche Brötchen auch in Bäckereien auftauchen. So z.B. bei Geiping die „Tiger-Krusti“, die lecker sind, aber leider nicht backmittelfrei.

Als ich dann vor 2 Wochen am frühen Sonntagmorgen auf der Rückfahrt aus Nürnberg in Neustadt an der Aisch gar „Tiger-Brezel“ in einer Bäckerei fand, war klar, dass ich mal ein Rezept machen musste. Besonderheit der Geiping-Kruste wie auch der Kruste der Brezel war nicht nur die Tiger-Streiche, sondern auch grob gemahlener Pfeffer. Hierdurch verströmen die Brötchen einen unwiderstehlichen Duft.

Das Datenblatt der Tigerstreiche von „Backaldrin“….

Geschmacklich waren die Krusten übrigens identisch. Inzwischen habe ich im Internet eine mögliche „Ursache“ gefunden. So bietet z.B. die Backmittelfirma „Backaldrin“ eine fertige Tiger-Streiche an, die dann z.B. mit Gewürzen verfeinert werden kann. Wenn ihr wollt, könnt ihr diese Mischung sogar inzwischen z.B. bei Ketex in Kleinmengen käuflich erwerben.

Ich mache sowas aber lieber selbst. Wichtig bei der Herstellung der Tiger-Streiche: bitte bitte guten aromatischen Reis (z.B. Basmati) nehmen und selbst zu Reismehl mahlen. Die im Supermarkt käuflichen Reismehle zeichnen sich vor allem durch ihren neutralen, will sagen nicht vorhandenen Geschmack aus. Beim gemahlenen Altbrot lieber hellere Brotsorten nehmen, sonst wird die Paste sehr dunkel. Die Wassermenge muss auch ggf. angepasst werden. Die Masse sollte streichbar aber nicht zu weich sein, sonst läuft sie am Teigling herunter. Ggf. könnt ihr noch 5 g Pflanzenöl zugeben, dann wird die Masse noch streichbarer.

Locker luftige Brötchen mit krachend knuspriger und feuriger Kruste – lecker!

Wer den Pfeffer nicht möchte, lässt ihn einfach weg. Alternativ können auch andere Gewürze wie Chili (vorsicht!) und Paprika verwendet werden. Gut vorstellen könnte ich mir auch die neue „BBQ Cracked Pepper“ Gewürzmischung von Deligio, die ich beim nächsten Mal verwenden werde.

Euch erwartet ein knusprig-feuriges Geschmackserlebnis, das besonders zu deftigen Speisen oder Belägen passt. Wir haben sie heute zu selbstgemachtem Iskender Kebab genossen und sie passten toll.

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Tiger-Stangen

Saftig-pfeffrige Brötchen mit Tigerfell
Zubereitung Vorteig30 Minuten
Hauptteig + Formen30 Minuten
Lange kalte Stückgare14 Stunden
Produkt: Brötchen
Triebmittel: Hefeteig, Weizensauerteig
Keyword: Pfeffer, Sauerteigreste, Tigerstreiche
Portionen: 16 Brötchen

Zutaten

Hauptteig

  • 660 g Wasser
  • 80 g Sauerteigreste
  • 500 g Weizenmehl 550
  • 500 g Weizenmehl 1050
  • 10 g Gerstenmalzmehl dunkel inaktiv (optional)
  • 10 g Frischhefe
  • 22 g Salz

Tiger-Streiche

  • 50 g Reismehl
  • 30 g Altbrot
  • 350 g Wasser kochend
  • 5 g Salz
  • 5 g Zucker
  • 3 g Pfeffer schwarz frisch gemahlen
  • 3 g Frischhefe

Anleitungen

  • Die Hauptteigzutaten in den Kneter geben und bei langsamer Knetgeschwindigkeit ca. 10 Minuten zu einem glatten Teig verkneten (Kenwood Stufe 1, Häussler Stufe 1). Je nach Mehlqualität kann der Teig relativ weich sein und längeres Kneten benötigen.
  • Den Teig 60 Minuten bei Raumtemperatur reifen lassen.
  • Auf die bemehlte Arbeitsfläche geben. Teiglinge von etwa 110 g abstechen und straff zu einem länglichen Teigling von mindestens 10 cm Länge formen.
  • Die Teiglinge auf ein vorbereitetes Blech mit Leinentuch legen, immer 3 pro Reihe. Das Tuch zwischen den Teiglingen immer etwas hochziehen. Der Schluss zeigt nach oben. Das Leinen an den Enden über die Teiglinge klappen.
  • Eine Kunststofftüte über das Blech ziehen und dieses in den 4 – 5 °C kalten Kühlschrank stellen für 12 bis 16 Stunden. Ziel ist eine schon fortgeschrittenere Gare, damit die Teiglinge beim Backen nicht mehr unkontrolliert einreißen.
  • Am Backtag 1 1/2 bis 2 Stunden vor dem Backen die Tigerstreiche herstellen. Hierzu Reismehl und Altbrot mit dem kochenden Wasser übergießen, gut durchrühren und die Massen 30 Minuten abkühlen lassen. Restliche Zutaten zugeben, gut einrühren und 1 Stunde reifen lassen.
  • Den Ofen mindestens 30 Minuten auf 240 °C vorheizen. Die Teiglinge aus dem Kühlschrank holen und auf Einschießer oder Lochblech wenden. Satt mit der Tigerstreiche die Oberfläche bestreichen (s. Bilder).
  • In den Ofen einschießen und gut schwaden. Die Backtemperatur auf 220 bis 230 °C reduzieren und die Brötchen ca. 20 Minuten abbacken. Darauf achten, dass sie nicht zu dunkel werden.

25 Gedanken zu „Tiger-Stangen

  1. Martina Wershofen

    wunderbar, gerade am Wochenende beim Bäcker meines Vertrauens als Brötchen und Baguette entdeckt und verkostet, stehen sofort auf meine Nachbackliste
    vielen Dank

    Antworten
  2. Isa

    Lieber Björn,
    ich habe mich auch schon an den Atacama-Brötchen versucht und war nicht zufrieden. Dann habe ich auf meiner weiteren Rezeptsuche genau das ‚Datenblatt‘ im Netz gefunden und versucht, die Mischung nachzubasteln – und war wieder nicht besonders angetan. Jetzt bin ich seeehr gespannt auf dein Rezept 🙂 Was mir bei den gekauften Tigerbrötchen auffällt, ist eine ganz leichte Säure, mal sehen, wie ich die noch reinbringe.
    Auf jeden Fall schonmal danke für das Rezept, ich werde berichten!

    Antworten
  3. Lutz

    Lieber Björn, schön, dass du mein altes Rezept aufgreifst. Ich verstehe nur deine Kritik am Wesen des Plötzblogs nicht. Dort wird immer noch freudig experimentiert, gewerkelt und dokumentiert, nur dass sich diese Tätigkeiten von meiner Küche auf die Alm verlegt haben. Richtig ist, dass ich mich größtenteils aus der heutigen „Szene“ zurückgezogen habe, weil sich vieles in die sozialen Medien verlagert hat, mit deren enthemmend-verletzender Wirkung ich nicht klargekommen bin. Deshalb mein Rückzug auf meine eigenen Tätigkeiten. Ich folge dennoch sehr aufmerksam den „alten Hasen“ wie dir und Stefanie.

    Liebe Grüße

    Lutz

    Antworten
    1. brotdoc Beitragsautor

      Bitte verstehe mich nicht falsch – es geht mir nicht um Kritik an Dir oder Deinem Blog. Ich wollte meine Melancholie zum Ausdruck bringen über die Interaktivität, die es damals in den Brotblogs noch gab. Wir Blogger lasen einander, buken nach und entwickelten Rezepte der anderen weiter. Wir erwähnten einander und freuten uns, wenn dadurch Menschen zwischen den Blogs hin und herwechselten. Dazu brauchte es keine sozialen Medien. Heute findet das kaum noch statt. Ich versuche es seit Jahren hier bei mir noch etwas am Leben zu erhalten, doch das Feedback ist gering bis kaum vorhanden. Du hast sicher gute Gründe, den Blog inzwischen „von der Alm aus“ mit Rezepten zu versorgen.

      Antworten
  4. Backfreund

    Ja, leider ist die Atmosphäre wirklich nicht mehr so wie früher…
    Vieles hat sich sehr kommerzialisiert, allen voran Lutz – leider teilweise auch mit
    einer Arroganz, die es früher nicht gab.

    Dein Blog ist und bleibt die erfreuliche Ausnahme…und das von Dietmar, der es als Profi eben nie
    nötig hatte…

    Antworten
    1. Isa

      Hi Björn,
      kannst du diesen Kommentar wohl löschen? Ich finde ihn völlig unangemessen,genau so etwas möchten wir doch alle nicht. Aber es ist natürlich dein Blog, du entscheidest.
      Liebe Grüße!

      Antworten
      1. brotdoc Beitragsautor

        Sei mir nicht böse, aber ich möchte nur Kommentare löschen, in denen jemand in irgendeiner Weise beleidigend wird. In dieser Antwort sehe ich zwar eine kontroverse Meinungsäußerung, aber keine Beleidigung. Sie regt zum Widerspruch an und zur Diskussion, also genau dazu, wofür die Antwortfunktion eines Blogs da ist. So schön es ist, wenn immer alles ultra-harmonisch ist, ich dulde auch Widersprüchliches und Kontroverses in meinem Blog, so lange die Regeln einer gesitteten Konversation eingehalten werden. Mich würde es nicht stören, wenn es dazu kommt. Ich denke übrigens nicht, dass Lutz alles überkommerzialisiert. Er versucht zumindest, einen gesunden Mix zu finden.

  5. Backfreund

    Danke, Björn.
    Vielleicht war es etwas sehr spitz formuliert. Ich kaufe z.B. seine Backbücher, also die, die nach Zahlen sortiert sind (1-4), lese sie aber nicht mehr wirklich, da ich mich im letzten über viele Lektoratsfehler geärgert habe – das sieht für mich einfach schnell gestrickt und nach Kommerz aus.
    Warum ich sie kaufe ? Ich bin dankbar für das, was Lutz für die Heimbäcker-Community getan hat, auch ich habe von ihm/durch ihn gelernt.
    Ich finde jedoch seine Entwicklung nicht mehr ok, ich habe mehrere Backkurse mittlerweile gemacht und finde einfach einen deutlichen Unterschied…
    Mir ist klar, dass er davon leben muß und die Entscheidung zur Selbstständigkeit verdient Anerkennung für den Mut. Aber…
    …ich höre auf, es geht hier nicht um Lutz. Sorry!
    Wenn Du diesen Kommentar löschen möchtest, verstehe ich es 100%.

    Antworten
  6. Nelly

    Hallo Björn,

    jetzt hab ich mich grad entschlossen, die Tigerstangen zu backen und festgestellt, daß ich kein Weizen 1050 mehr habe 🙁
    Denkst du, ich kann das einfach durch Roggen 1150 austauschen?

    Viele Grüße
    Nelly

    PS: ich finde deinen Blog super 🙂

    Antworten
    1. brotdoc Beitragsautor

      Das wird schiefgehen, denn Du hast ja dann ein 50/50 Mischbrötchen Roggen/Weizen. Die Teigstruktur erlaubt es dann nicht mehr die Brötchen so zu formen wie hier gezeigt. Sie dürften ziemlich breitlaufen.

      Antworten
  7. Vera

    Hallo zusammen,
    Ich bin eine von denjenigen, die den klassischen Brotblog sehr schätzen, weil ich in den anderen Foren nicht unterwegs bin. Sozusagen still vor mich hin und für meine Familie backe, Kommentare hinterlasse, wenn es sich ergibt und sich sehr freut, dass es neue Rezepte welcher Art auch immer gibt und diese geteilt werden. Daher hoffe ich, ihr macht das trotz beruflicher Belastung so weiter, mir würde viel fehlen, auch das Lesen von Kommentaren unter den Rezepten. Aber ich blogge nicht und teile meine Ergebnisse vor allem mit meiner Familie und den Freunden, die ich inzwischen erfolgreich mit dem Backvirus infiziert habe. Vielleicht hat sich da einiges verschoben aber weg ist es glaube ich nicht. Wir Leser backen weiterhin was das Zeug hält…und euch Bloggern gebührt für alle eure Rezepte, egal von zuhause oder auf der Alm gebacken, selbst erfunden oder nachgebacken ein großes Dankeschön und meine vollste Anerkennung und Hochachtung! Daher habe ich auch großes Verständnis dafür, dass es manchmal mehr und mal weniger Beiträge gibt, einer davon lebt, der andere nicht – es ist alles ja alles eine große freiwillige Gabe, den Eindruck von Kommerz habe ich bei all der Leidenschaft, die zwischen den Zeilen bei allen zu lesen ist eigentlich nicht. Und das finde ich mit am Wichtigsten (neben den tollen Backwerken und -Ideen die entstehen natürlich). Und es auf den Blogs etwas ruhiger ist: mich stört es gar nicht soooo sehr, dass ich nicht immer 140 Kommentare gibt…😉.
    So, ich gehe mal nach einem Rezept für die Samstagsbrötchen stöbern ☺️

    Antworten
  8. Andy

    Hallo Björn, ich bin durch Zufall auf deinen Blog gestoßen und habe dann gleich das gefunden, was ich seit dem letzten Aufenthalt in Ungarn gesucht habe! Danke für das Rezept! Sie schmecken sogar besser als das, was ich im Sommer gesehen habe!

    Antworten
  9. Ina Bispinghoff

    Hallo Björn!
    Endlich möchte ich die Tigerstangen backen. Meinst du, ich kann die Tigerstreiche am Abend vorbereiten. Ich möchte morgens backen. Aber wenn ich die Streiche 1 bis 1,5 Stunden vorher zubereiten muss, muss ich 6:30 Uhr aufstehen… Hast du einen Tipp für mich?

    Antworten
  10. Simone

    Hallo Björn,

    vielen Dank für das Rezept. Muss es unbedingt Maismehl in der Paste sein? Könnte es nicht auch einfach ein Weizmehl sein?

    lg Simone

    Antworten
  11. Sternchen

    1 Stern
    Ich habe verschiedene Pasten für die Tiger-Brezel, oder Tiger Rolls ausprobiert, aber dieses Rezept war mit Abstand das am übelst schmeckende. Durch das alte Brot und das Reismehl war das eine feste Pampe, die auch nicht ins Brötchen eingezogen ist, sondern es komplett aufgematscht hatte. Schade um die Zutaten. Da bleibe ich bei dem Rezept, das aus Butterschmalz, Öl, Maisstärke, Pfeffer und Salz besteht, das schmeckt wenigstens nach Tiger-Brötchen

    Antworten
    1. brotdoc Beitragsautor

      Schade, tut mir leid, dass es bei Dir nicht geklappt hat. Ja, Tigerpasten gibt es verschiedene. Meine Version kommt von einem holländischen Bäcker und sie funktioniert eigentlich gut.

      Antworten

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