Urstoff-Brot II

Seit drei Wochen tüftle ich nun an diesem Rezept.

Es sollte eigentlich ein schönes voluminöses Weizenvollkornbrot werden. Allerdings hatte ich mir in den Kopf gesetzt, es mit dem Bordeaux-Weizen zu backen, den ich im Juli in Havixbeck auf dem Hof Schulze Westerhoff mitgenommen habe. Frau Schulze Westerhoff warnte mich noch: das wird nicht leicht, ausschließlich mit den Urgetreiden zu backen.

Doch die oben verlinkten Bordeaux Brötchen haben mich zuversichtlich gestimmt, auch einen Brotlaib damit planmäßig hinzubekommen. Der erste Versuch ging prompt „in die Hose“, oder besser „in die Kastenform“, denn ich habe es geschafft, den Teig zu überkneten. Beim zweiten Versuch klappte es besser, nachdem ich dem Vollkornmehl eine vierstündige Autolysephase gegönnt habe, was die Knetzeit auf ein Minimum reduzierte. Allerdings war der Teig dann trotz nur 0,4 % Hefezugabe etwas überreif, was sich in einem kleinen Krumenriß oben zeigte.

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Versuch Nummer 4

Versuch Nummer drei hat dann schon besser geklappt. Aquaposa (ein Quellmittel) und etwas weniger Sauerteig verliehen dem Teig mehr Stabilität und Elastizität, so daß die Krume besser gehalten hat. Versuch Nummer vier war schließlich bis auf den flachen Brot-Querschnitt geglückt. Hier kam etwas Vitamin C zum Teig, was offenbar die Kleberstruktur noch etwas gestärkt hat. Die Bilder hier stammen von den Versuchen Nr. 3 und 4.

Hier ist wohl das Schwarmwissen gefragt: was kann ich außer einer nicht gewollten Reduktion der Teigausbeute noch tun, um hier nicht einen so flachen Querschnitt zu erhalten? Ist vielleicht der Kleber des Bordeaux-Weizens so wenig stabil, daß kein anderes Ergebnis möglich ist? Ich würde mich sehr über versierte Antworten freuen!

Eines ist gewiss: geschmacklich ist diese Getreidesorte eine Wucht. Wer schon normalen Vollkornweizen mag, wird sich an Bordeauxweizen nicht sattessen können. Sofort wurden diese Vollkornbrote von meiner Liebsten ins Herz geschlossen.

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Nr 4: Schön dunkle Krume durch den hohen Schalenanteil, die locker saftig ist. Nur der Brotquerschnitt könnte noch besser sein.

Wer an Bordeaux-Weizen nicht herankommt, der kann das Rezept 1:1 mit normalem Weizenvollkornmehl backen.

Mengen für 1 Brot von ca. 1 kg Teiglingsgewicht

Autolyseteig:
650 g Weizenvollkornmehl (ich: Bordeaux-Weizen selbst gemahlen)
488 g Wasser (handwarm)
(1 MSP Vitamin C)
14 g Aquaposa oder 10 g Flohsamenschalenpulver

Zutaten verkneten für 1-2 Minuten und abgedeckt 4-6 Stunden bei Raumtemperatur quellen lassen.

Hauptteig:
Autolyseteig
90 g festen Weizensauer / Lievito Madre direkt aus dem Kühlschrank (ich: LM aus Vollkornmehl)
2 g Frischhefe
13 g Salz
Alles gut verkneten für ca. 2 Minuten bei Stufe 1 der Knetmaschine. Dann

40 ml Wasser
schluckweise in den Teig einkneten. Der Teig muß sich danach vollständig von der Schüssel lösen.

3 Stunden Stockgare abgedeckt. 1 x dehnen und falten während der Stockgare.

Vorsichtig zu einem runden Laib aufarbeiten. Mit dem Schluß oben in ein gut bemehltes Gärkörbchen legen und dieses gut abdecken. Für 8-12 Stunden bei 5°C im Kühlschrank reifen lassen.

Den Ofen gut auf 250°C vorheizen. Das Brot direkt aus dem Kühlschrank auf den Einschießer kippen, einschneiden und direkt in den Ofen befördern. Schwaden und die Ofentemperatur auf 215°C reduzieren. Für 55-60 Minuten dunkelbraun ausbacken. Vollständig auskühlen lassen vor dem Anschnitt.

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8 Gedanken zu „Urstoff-Brot II

  1. Robert

    Hallo Brotdoc, danke für das interessante Rezept. Sehr tröstlich – ich backe auch gerne mit hohem Vollkorn-Anteil und bekomme meistens eher Fladen, als Brote. Die oben genannten Punkte werde ich versuchen:
    – weniger lange kneten (wie lange hast Du beim ersten Versuch geknetet?)
    – Reduktion Sauerteig
    – Zugabe Vit. C.
    Mal sehen, ob ich damit mehr Erfolg haben werde. Geschmacklich sind die Brote immer top, aber leider eher kompakt.
    Bin aber gespannt, ob es noch mehr Tipps gibt zur Vollkornbäckerei 🙂

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  2. Irmgard

    Hallo Björn,
    nachdem mir mein absolut improvisiertes Urlaubsbrot aus 100% Bordeauxweizen für die Umstände, unter denen es entstanden ist, recht gut gelungen war, versuche ich ein reproduzierbares Rezept zu kreieren und tüftele genau wie Du…
    Was mir an Unterschieden auffällt, ausser, dass ich industriehefefrei arbeite und deshalb einen höheren Vorteiganteil (Hefewasserbiga) nutze, ist die Autolysedauer, da hatte ich nur 45 Minuten, vielleicht sind 4-6 Stunden zu lang und das Gluten wird bereits wieder abgebaut? Und ich hatte kaltes Wasser. Aber der Geschmack ist wirklich einzigartig und ich hoffe, dass ich, wenn ich im Oktober nochmal in Münster bin, noch Bordeauxweizen bekommen kann.

    Grüße
    Irmgard
    http://www.wildes-brot.de

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  3. Stefanie

    Backen mit alten Getreidesorten ist nochmal eine Steigerung, nicht wahr? Was habe ich mich am Anfang damit herum geärgert…
    Was sich bei meinen Backversuchen mit den alten Getreidearten als sinnvoll erweisen hat, ist der Einsatz von enzymaktiven Bohnen- oder Erbsenmehl. Die darin enthaltenen Oxidasen sorgen (über mehere Schritte) dafür, dass das Glutennetzwerk spürbar gestärkt wird. Wenn man eine Getreidemühle hat, die das erlaubt, kann man Saubohnen oder Schälerbsen ganz einfach selber mahlen 🙂
    Dazu noch ein bisschen Vitamin C und du solltest alles, was das Verknüpfen der Gluten-Proteine behindert, ausgeschaltet haben.
    Gut auskneten ist – auch wenn man den Teig schnell überkneten kann – ebenfalls ein wichtiger Punkt. Da hilft es – gerade am Anfang – neben der Rührschüssel zu stehen und den Teig mit Argusausgen zu beobachten. Wenige Sekunden können da aber schon zuviel sein… da hilft nur die Erfahrung.
    Flohsamenschale hilft in jedem Fall auch, da die Schleimstoffe der Flohsamenschale ein Netzwerk zusätzlich zum Klebernetzwerk bilden. Ist Aquaposa eigentlich 1:1 austauschbar zur Flohsamenschale? Wenn ich mich recht entsinne, ist das doch eine Mischung aus verschiedenen Pflanzenfasern…
    Evtl. würde es auch helfen, die Autolyse kürzer und dafür mit wärmeren Wasser zu machen, dann quellen die Schalenstoffe besser (Teigtemperatur auf 28-30°C, 60 min Standzeit). Und ich würde die Flohsamenschale erst in den Hauptteig geben, dann kann das Mehl erst einmal ohne Konkurrenz quellen. Die Flohsamenschale bindet dann später nur das freie Wasser, das noch übrig bleibt. Wenn man sie fein über die Oberfläche streut, lässt sie sich dabei auch klumpenfrei einkneten. Das ist übrigens auch ein probates Mittel, um zu weiche Teige in einen händelbaren Zustand zu bekommen. Ich liebe das Zeug 🙂

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    1. brotdoc Beitragsautor

      Hallo Stefanie, danke für die wirklich tollen Ratschläge. Ich werde sie sobald möglich umsetzen. Verfälscht Bohnen – oder Erbsenmehl nicht etwas den Geschmack? Ich habe früher ja oft Bohnenmehl für Baguettes genommen, das hat man schon deutlich herausgeschmeckt.
      Meines Wissens sind beide Pulver in vergleichbarer Weise einzusetzen, wobei Aquaposa neben gemahlenen Flohsamenschalen noch Hanffasern und Vitamin C enthält. Es mag sein, daß reines Flohsamenschalenpulver noch etwas mehr Wasser bindet. Die Rede ist ja meist von 1:5 (Pulver:Wasser). Wenn ungemahlene Flohsamenschalen verwendet werden, wird sogar ein Vorquellen empfohlen.

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  4. Christian

    Lieber Björn,

    jetzt habe ich zum ersten Mal Bordeaux-Weizen bekommen und wollte mich an Deinem Rezept orientieren. Gibt es noch Ergänzungen zu den Versuchen von damals aus den Erfahrungen der letzten Jahre?

    Ich habe in letzter Zeit bei Rotkornweizen (von der Farbe sehr vergleichbar) sehr gute Erfahrung mit einem Kochstück gemacht, ohne war es sehr trocken. Das wird einen ähnlichen Effekt haben wie die Flohsamenschale. Mit Vitamin C und mit LM als Sauerteig war das Klebergerüst sehr stabil.
    Bei Gelbmehlweizen war ich nicht erfolgreich mit dem Ansatz, das war eher so wie auf Deinen Bildern…

    Viele Grüße
    Christian

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    1. brotdoc Beitragsautor

      Nein, keine Ergänzungen. Schulze-Westerhoff hat den Bordeaux-Weizen auch nicht mehr im Anbau. Danke für den Rat mit dem Kochstück.

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