Archiv für den Monat: September 2018

Urstoff-Baguette

Der Name dieses Rezeptes ist eigentlich nicht ganz korrekt. Denn es enthält nur einen 20-prozentigen Anteil Bordeauxweizen-Vollkornmehl und ist ansonsten mit französischem Weizenmehl T65 hergestellt. Doch in meine Urstoffbrot-Reihe passt es dennoch, und daher erlaube ich mir diese kleine „Unschärfe“.

Ich habe schon Baguette mit dunklem Mehl gebacken, aber so weit ich weiß noch nie mit selbst gemahlenem Vollkornanteil. Da die Kombination aus Vollkorn und kleberkräftigem Mehl jedoch bei Brot hervorragend funktioniert, lag ein Versuch nahe. Das Rezept ist an mein 24-Stunden-Baguette angelehnt und funktioniert in gleicher Weise gut. Wobei ich hier festgestellt habe, daß sich die Hefe im Hauptteig deutlich reduzieren lässt.

Das Bordeauxweizen-Vollkornmehl gibt einen kernigen Geschmack und eine tolle Farbe an die Krume, eine echte Aufwertung des klassischen Baguettegeschmacks. Da Bordeauxweizen im 19. Jahrhundert die beliebteste Weizensorte in Frankreich war, ist ihre Verwendung zumindest in der Anfangszeit französischer Baguettes möglich. Ob es so war, lässt sich mit meinen Mitteln nicht recherchieren. Doch wenn ich Bäcker wäre und auf der Suche nach einem Marketingargument für ein dunkles Baguette…

Spaß beiseite. Die Kombi schmeckt einfach gut und der Teig war nur unwesentlich klebriger, als bei reinen Weißmehlteigen. Er ließ sich gut bearbeiten.
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Verständlicherweise werden nur wenige an Bordeauxweizen einfach herankommen. Obwohl ich wirklich empfehlen kann, ihn sich vom Hof Schulze Westerhoff mal schicken zu lassen, funktioniert das Rezept natürlich auch mit normalem Vollkornweizenmehl oder mit Kamut. Möglicherweise sogar mit Emmer.

Wer kein französisches Weizenmehl T65 hat oder kaufen will, kann stattdessen Weizenmehl 550 oder 812 nehmen. In dem Fall sollte dann etwas weniger Wasser zum Hauptteig gegeben werden.

Mengen für 8 Baguettes

Vorteig:
200 g Weizenmehl T65
200 g Wasser
0,3 g Frischhefe (erbsgroßes Stück)

Gut verrühren und 12 Stunden abgedeckt bei Raumtemperatur reifen lassen.

Hauptteig:

400 g Vorteig
450 g Wasser (+ 60 g Wasser später einkneten)
200 g Bordeauxweizen-Vollkornmehl oder Weizenvollkornmehl
600 g Weizenmehl T65 oder Type 550
22 g Salz
3 g Frischhefe

Alle Zutaten außer Salz und Frischhefe 2 Minuten bei langsamer Knetgeschwindigkeit homogen verkneten. 30 Minuten Autolyse. Dann Salz und Hefe zufügen und 5 bis 6 Minuten kneten. Zum Schluß die 60 ml Wasser schluckweise in den Teig einkneten. Wer 550er Mehl nimmt, sollte hier maximal 20 ml zugeben.

In eine eingeölte Teigwanne legen und 2-3 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen. Während dieser Zeit 1 x dehnen und falten. Dann für 24 Stunden in den Kühlschrank stellen. Der Teig sollte sehr gut aufgehen im Kühlschrank und auf der Oberfläche Blasen zeigen.

Vorsichtig auf die bemehlte Arbeitsfläche kippen und in 8 gleich große rechteckige Teiglinge aufteilen.

Die Teiglinge vorsichtig zu einem Zylinder aufrollen und 20-30 Minuten entspannen lassen. In dieser Zeit akklimatisiert der Teig.

Dann straff zu Baguettes von ca. 35-40 cm Länge formen und diese mit Schluß oben für 40 Minuten im Bäckerleinen reifen lassen. Mit der Kippdiele auf den Einschießer befördern, einschneiden und sofort in den gründlich auf 250°C vorgeheizten Ofen einschießen. Gut schwaden.

Temperatur auf 235-240°C reduzieren und ca. 20 Minuten schön vollbraun ausbacken.

Urstoff-Brot II

Seit drei Wochen tüftle ich nun an diesem Rezept.

Es sollte eigentlich ein schönes voluminöses Weizenvollkornbrot werden. Allerdings hatte ich mir in den Kopf gesetzt, es mit dem Bordeaux-Weizen zu backen, den ich im Juli in Havixbeck auf dem Hof Schulze Westerhoff mitgenommen habe. Frau Schulze Westerhoff warnte mich noch: das wird nicht leicht, ausschließlich mit den Urgetreiden zu backen.

Doch die oben verlinkten Bordeaux Brötchen haben mich zuversichtlich gestimmt, auch einen Brotlaib damit planmäßig hinzubekommen. Der erste Versuch ging prompt „in die Hose“, oder besser „in die Kastenform“, denn ich habe es geschafft, den Teig zu überkneten. Beim zweiten Versuch klappte es besser, nachdem ich dem Vollkornmehl eine vierstündige Autolysephase gegönnt habe, was die Knetzeit auf ein Minimum reduzierte. Allerdings war der Teig dann trotz nur 0,4 % Hefezugabe etwas überreif, was sich in einem kleinen Krumenriß oben zeigte.

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Versuch Nummer 4

Versuch Nummer drei hat dann schon besser geklappt. Aquaposa (ein Quellmittel) und etwas weniger Sauerteig verliehen dem Teig mehr Stabilität und Elastizität, so daß die Krume besser gehalten hat. Versuch Nummer vier war schließlich bis auf den flachen Brot-Querschnitt geglückt. Hier kam etwas Vitamin C zum Teig, was offenbar die Kleberstruktur noch etwas gestärkt hat. Die Bilder hier stammen von den Versuchen Nr. 3 und 4.

Hier ist wohl das Schwarmwissen gefragt: was kann ich außer einer nicht gewollten Reduktion der Teigausbeute noch tun, um hier nicht einen so flachen Querschnitt zu erhalten? Ist vielleicht der Kleber des Bordeaux-Weizens so wenig stabil, daß kein anderes Ergebnis möglich ist? Ich würde mich sehr über versierte Antworten freuen!

Eines ist gewiss: geschmacklich ist diese Getreidesorte eine Wucht. Wer schon normalen Vollkornweizen mag, wird sich an Bordeauxweizen nicht sattessen können. Sofort wurden diese Vollkornbrote von meiner Liebsten ins Herz geschlossen.

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Nr 4: Schön dunkle Krume durch den hohen Schalenanteil, die locker saftig ist. Nur der Brotquerschnitt könnte noch besser sein.

Wer an Bordeaux-Weizen nicht herankommt, der kann das Rezept 1:1 mit normalem Weizenvollkornmehl backen.

Mengen für 1 Brot von ca. 1 kg Teiglingsgewicht

Autolyseteig:
650 g Weizenvollkornmehl (ich: Bordeaux-Weizen selbst gemahlen)
488 g Wasser (handwarm)
(1 MSP Vitamin C)
14 g Aquaposa oder 10 g Flohsamenschalenpulver

Zutaten verkneten für 1-2 Minuten und abgedeckt 4-6 Stunden bei Raumtemperatur quellen lassen.

Hauptteig:
Autolyseteig
90 g festen Weizensauer / Lievito Madre direkt aus dem Kühlschrank (ich: LM aus Vollkornmehl)
2 g Frischhefe
13 g Salz
Alles gut verkneten für ca. 2 Minuten bei Stufe 1 der Knetmaschine. Dann

40 ml Wasser
schluckweise in den Teig einkneten. Der Teig muß sich danach vollständig von der Schüssel lösen.

3 Stunden Stockgare abgedeckt. 1 x dehnen und falten während der Stockgare.

Vorsichtig zu einem runden Laib aufarbeiten. Mit dem Schluß oben in ein gut bemehltes Gärkörbchen legen und dieses gut abdecken. Für 8-12 Stunden bei 5°C im Kühlschrank reifen lassen.

Den Ofen gut auf 250°C vorheizen. Das Brot direkt aus dem Kühlschrank auf den Einschießer kippen, einschneiden und direkt in den Ofen befördern. Schwaden und die Ofentemperatur auf 215°C reduzieren. Für 55-60 Minuten dunkelbraun ausbacken. Vollständig auskühlen lassen vor dem Anschnitt.

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Neuer Klingenhalter…

Jochen Hauer, den ich aus verschiedenen Facebook-Gruppen kenne, hat viele Talente. Neben dem Backen gehört auch die Holzbearbeitung dazu. Vor kurzem hat er eine eigene Webseite erstellt, auf der er in Zukunft Klingenhalter (Lame de Boulanger) zum Einschneiden von Brotteigen anbietet. In einen weiteren Schritt werden auch Schneidebretter und Holzschalen dazukommen.

Als die ersten handgefertigten und individuell verzierten Klingenhalter in den Gruppen präsentiert wurden beschloss ich, mir auch einen zu bestellen. Ich wählte aus verschiedenen Holzarten Eiche, wegen der schönen Maserung und der Härte des Holz. Das Ergebnis seht ihr oben. Phantastisch gelungen. Sollte eine /-r wagen, das Bild mit Colonel Sanders (KFC) zu vergleichen, dann wird mein Zorn über sie/ihn kommen 😉 .

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Nein, das ist nicht Col. Sanders 😉

Der Griff liegt klasse in der Hand, ja auch in meinen Pranken, und das Einschneiden ist sehr einfach. Geeignet ist es vor allem für das gerade Einschneiden.

Für den klassischen Baguette-Schnitt fehlt die Biegung der Rasierklinge. Ich werde in Kürze aber mal Versuche anstellen, ob es mit diesem Klingenhalter auch geht, wenn er schräg gehalten wird.

Die Preise sind für ein handgefertigtes Stück mit Individualisierung äußerst fair. Um nicht zu sagen: Jochen verkauft sich da noch unter Wert.

Danke Jochen! Und viel Erfolg mit Deinem Shop.