Archiv für den Tag: 16. August 2017

Pan de Cristal mit Weizenmehl 405

Ich habe ja versprochen, daß ich das Pan de Cristal nochmals verblogge, wenn es mir mit Weizenmehl 405 gelingt. Was soll ich sagen, es ist mehr als gelungen.

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Was mich wirklich fasziniert hat ist der robuste Stand des Teiges auch nach 5 Stunden Stockgare im Warmen. Bei Verwendung eines Poolish, der absichtlich zur Überreife gebracht wurde! Eigentlich ist es paradox. Selbst wenn man Müller fragt, was den Stand eines Teiges bei langen Gärungen verbessert bekommt man zur Antwort: ein Mehl mit hohem / hochwertigem Kleberanteil (E-Weizen), mit wenig Stärkeschädigung durch das Mahlen (also z.B. einen Anteil griffiges Mehl verwenden), und mit hoher Fallzahl (also geringer Enzymtätigkeit).

405er Mehl ist aber nun das am weitesten ausgemahlene Mehl, üblicherweise werden eben nicht E-Weizensorten dafür verwendet, meistens sogar minderwertigere Anteile des Korns hineingegeben. Zur Stärkeschädigung kann nur der Müller etwas sagen – wird z.B. der Walzstuhl sehr eng eingestellt oder gar nach dem Mahlen noch ein „Zerkleinerer“ verwendet, ist mehr Stärke geschädigt. Die Fallzahl mag beim 405er Mehl passen.

Stefanie und Michael haben beim Olivenöl-Sandwichbrot ja schon darauf hingewiesen, daß 405er Mehl nicht gleich 405er Mehl ist. Es lohnt sich z.B. ein Blick auf die Nährwertangaben. Hier gibt der Proteinanteil z.B. einen gewissen Hinweis darauf, wie viel Kleber sich im Kuchenmehl befindet. Monika Drax bestätigt das auch und gibt gleichzeitig preis, daß sie auch für das 405er Weizenmehl E-Weizensorten anteilsmäßig vermahlt. Der Proteinanteil des Mehls der Drax-Mühle liegt mit 10 % im oberen Bereich der für diese Mehle üblichen Proteingehalte.

Ich bin gespannt, ob sich jemand findet, der mir das schlüssig erklären kann.

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Das Rezept zeigt, daß sich auch 405er Mehl für Extremgebäcke eignet, ja sogar möglicherweise eine noch schönere Optik und gelingsicherere Verarbeitung ermöglicht, weil es die nötige lange Gare noch besser mitmacht. Auch finde ich, daß die Krume noch weicher und saftiger ist, als mit dem kleberreicheren Mehl.

Allerdings hat die Sache für mich einen Hasenfuß: Schon beim Anrühren des Poolish merkt man, daß nur wenig des typischen getreidigen, süßlichen Weizenaromas spürbar ist. Das setzt sich dann im Teig und im Brot fort. Der Geschmack kommt durch den Poolish und die Röstaromen der Kruste, das süßlich-weizige ist weniger vorhanden, als beim Weizenmehl Tipo 0 oder anderen Mehlen wie Typ 550 oder französischem T65 Mehl. Das ist wohl der Preis des kaum noch vorhandenen Schalenanteils.

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Irre Porung bei super-saftiger Krume und krachender Kruste – Pan de Cristal mit 405er Kuchenmehl

Menge für zwei Bleche von je 4 Broten

Poolish:
200 g Weizenmehl 405
200 g Wasser
2 g Frischhefe

Alle Zutaten gut verrühren und 12 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen. Der Poolish sollte starke Gasblasenbildung zeigen, schon eingefallen sein und fruchtig-alkoholisch riechen.

Autolyseteig:
670 g Weizenmehl 405
435 g Wasser (10°C)
35 g Lievito Madre direkt aus dem Kühlschrank

Mehl, Lievito Madre und Wasser im Kneter vermischen für 2 Minuten, dann zwei Stunden in den Kühlschrank zur Autolyse stellen.

Hauptteig:
Autolyseteig
Poolish
20 g Salz

Die Zutaten 6 Minuten bei zweitlangsamster Knetstufe verkneten, bis sich der Teig fast komplett von der Schüssel löst. Den Spiralhaken gegen den K-Haken oder Flachschlägerhaken austauschen. Knetstufe auf der Kenwood 2-3.

220 g Wasser (10°C)
21 g Olivenöl

Zunächst das Wasser schluckweise in den Hauptteig einkneten. Sobald das Wasser im Teig ist, das Olivenöl auch noch einkneten. Ziel Teigtemperatur 24°C.

Der Teig muß schön glatt sein, sich von der Schüssel lösen und einen guten Fenstertest ergeben. Diesen Teig für etwa 4 Stunden zur Stockgare in einer möglichst rechteckigen Teigwanne stellen. Währenddessen 2-3 x strecken und falten. Die 4 Stunden gelten für eine Teigtemperatur von 24-25°C, liegt diese tiefer, dauert es länger.

Wenn der Teig schön Blasen geworfen und sich vom Volumen her mindestens verdreifacht hat, auf die gut bemehlte Arbeitsfläche kippen. Vorsichtig von allen Seiten unter den Teig fahren mit der Teigkarte, damit er nirgendwo anklebt. Auch die Rückseite gut bemehlen.

Diesen rechteckigen Teigbatzen erst in der Mitte halbieren und dann jeweils vier gleich große rechteckige Teiglinge abstechen. Diese so schonend wie möglich, am besten mit zwei Teigkarten auf ein Backpapier oder eine Dauerbackfolie hieven, jeweils drei länglich und eins darunter quer.

Den Ofen gründlich auf 250°C vorheizen. Die Teiglinge reifen noch offen (sie sind feucht genug) für 45 Minuten, bevor sie rasch und mit viel Dampf eingeschossen werden. Wenn alles passt kann nun ein toller Ofentrieb beobachtet werden.

Bei konstant 250°C schön dunkelbraun ausbacken (ca. 25 Minuten).

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