Mehl-Vergleich: Ciabatta

Nahezu zeitgleich sind in diesem Frühjahr zwei neue Mehle verfügbar geworden. Und zwar sogenannte Ruchmehle, das sind dunkle Weizenmehle die – wenn sie dem Schweizer Vorbild nahekommen – auch recht kleberstark sind. Jedenfalls kleberstärker als übliche 1050er oder 1600er Mehle, mit denen sie am ehesten zu vergleichen wären. Wie das genau erreicht wird, darüber hüllen sich Müllerin wie Versandhändler wohl aus Gründen des Schutzes vor Nachahmern in Schweigen.

Die beiden hier im Haus vorhandenen Mehle stammen aus Südost-Bayern von der Drax Mühle sowie von Schelli / bongu.de, der es seinerseits von der Meraner Mühle bezieht. Das „Bayerische Ruchmehl aus Weizen“ trägt das Bio-Siegel, während das italienische „Premium Ruchmehl“ offenbar aus konventionellem Anbau stammt. Das letztere Mehl ist deutlich kostspieliger (7.90 Euro/2500 g) als das bayerische Mehl (5,90 Euro/2500g).

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Da ich weiß daß Monika Drax und Schelli lange gemeinsam an einem Ruchmehl gearbeitet haben und ich sogar zwischendurch eine Charge testen durfte (die mich und meine Test-Esser begeisterte) interessierte mich brennend ein direkter Vergleich der schlußendlich auf den Markt gekommenen Mehle.

Wie gesagt, Ruchmehle versprechen, viel Wasser zu binden. Daher gibt es diese Woche noch mal ein schön einfaches Ciabatta-Rezept, diesmal mit einer noch höheren Teigausbeute als vergangene Woche.

REZEPT

300 g Lievito Madre aus dem Kühlschrank (TA 150)
800 g Wasser (kühl)
800 g Ruchmehl
20 g Olivenöl
22 g Salz
8 g Frischhefe

Alle Zutaten in den Kneter geben und mit dem Flachschlägerhaken zunächst langsam verrühren, nach 2 Minuten auf Stufe 2-3 stellen und so lange rühren lassen, bis sich der Teig vollständig (!) von der Schüssel löst. Wenn möglich noch 30-40 ml Wasser gegen Ende schluckweise zugeben.

Diesen Teig in eine Teigwanne geben. 3-4 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen, nach 1 1/2 Stunden einmal dehnen und falten. Er sollte sich gut verdreifacht haben im Volumen.

Auf die gut bemehlte Arbeitsfläche geben und rechteckige Teigstücke vom großen Ballen abstechen. Diese auf ein Backpapier oder ein Blech legen und nochmals 45 Minuten gehen lassen.

Derweil den Ofen gut auf 250°C vorheizen. Die Teiglinge einschießen und gut schwaden. Bei konstant 250°C für 25-30 Minuten kräftig braun abbacken.

MEINE ERFAHRUNGEN

„Premium Ruchmehl“

Wow. Dieses Mehl dürstet es nach Wasser. Nach nur 14 Minuten löst sich der Teig schon vom Rand, nach 18 Minuten sogar vollständig von der Schüssel, so daß ich noch insgesamt 40 ml Wasser mehr zugebe. Bei 19.36 kann ich das Kneten beenden. TA 196. Ich fürchte, es geht noch mehr.

Der Teig ist glatt, glänzend und läßt sich wunderbar umfüllen. Hält sehr gut die Form beim dehnen und falten, auch beim Abstechen zeigt sich ein guter Stand.

Die Krume ist saftig-weich, die Kruste knackig-knusprig und der Geschmack leicht süßlich, untermalt vom Joghurtaroma des Lievito Madre und den Röstaromen der Kruste. Phantastisch!

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Ciabatta aus italienischem Premium Ruchmehl

„Bayerisches Ruchmehl aus Weizen“

Au weia, als die Uhr am Kneter sich der 30 (Minuten) nähert kommen mir Zweifel auf, ob ich nicht zu mutig mit der Start-TA (192) war. Aus dem Brei will einfach kein Teig werden. Doch bei 34 Minuten geht es langsam los und nach 39.23 Minuten löst sich auch dieser Teig vollständig von der Schüssel. Die 40 ml Wasser habe ich hier nicht mehr zugegeben, um nicht noch länger kneten zu müssen.

Der Teig ist ebenfalls glatt, glänzend und hält gut seine Form. Er ist etwas heller als der italienische Teig, was aber auch am doppelt so langen Kneten liegen kann (Oxidation).

Die Krume ist ebenfalls saftig weich, knusprige Kruste und leicht süßlicher Geschmack, die Porung etwas weniger wild. Geschmacklich kaum vom italienischen Mehl zu unterscheiden.

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Ciabatta aus bayerischem Ruchmehl aus Weizen

FAZIT

Beide Mehle bringen sehr gute Ergebnisse hervor – die Ciabatta sind außerordentlich köstlich und werden mir hier aus den Händen gerissen. Diesmal habe ich es wenigstens geschafft, noch Bilder mit der großen Kamera zu machen, bevor sie darüber hergefallen sind.

Offensichtlich ist das „Bayerische Ruchmehl“ weniger kleberstark als das italienische Ruchmehl – fast 40 Minuten Knetzeit sind mir etwas lang. Dem Ergebnis tut das aber erstaunlicherweise weder optisch noch geschmacklich einen Abbruch. Selbst die Krumenfarbe zeigt keine nenneswerten Unterschiede.

Meine Empfehlung wäre, dem Bayerischen Ruchmehl weniger Wasser zuzumuten (z.B. TA 175 zu Beginn), dann den Kleber zu entwickeln im Kneter um schlußendlich die Teigausbeute schluckweise zu erhöhen gegen Ende.

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Unten italienisches Ruchmehl, oben bayerisches Ruchmehl – beides wunderbare Ciabatta

22 Gedanken zu „Mehl-Vergleich: Ciabatta

  1. reiki-hanne

    Hallo Björn,
    sehr interessanter Bericht. Ich fühle mich herausgefordert, mich mit dieser TA auseinanderzusetzen. Bei der Bäckerdynastie steht am nächsten Wochenende wieder ein Geburtstag an, wäre jedoch vielleicht besser, es erst einmal im stillen Kämmerlein zu versuchen, bevor ich damit auf die Menschheit losgehe.
    Ich meld mich dann – eventuell leicht verzweifelt.
    Liebe Grüße und ein schönes Pfingstwochenende.
    Hanne

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  2. Jesse Gabriel

    Toller Bericht!
    Vom Bild her gefällt mir das Ciabatter mit Bayerisches Ruchmehl besser, weiß gar nicht oder kann kann gar nicht verstehen wie das mit den Fotos machen klappen konnte, um so besser für uns, lächel.
    Viele Grüße
    Jesse Gabriel

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  3. The Apricot Lady

    Die Cibatta sehen großartig aus.
    Ich experimentiere auch gerne mit verschiedenen Mehl-Sorten. Es ist immer total spannend wie sich Teige entwickeln.

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  4. Reiner

    Hallo Björn
    Solche Vergleiche liebe ich, vielen Dank für diesen interessanten Bericht. Das Drax-Ruchmehl habe ich zur Zeit auch am Start, ich habe sowohl Brot als auch Brötchen damit gebacken, beides mit TA ca. 180. Ich bin begeistert davon und kann nur die Müllerin zu diesem hervorragenden Mehl beglückwünschen.
    Gruß Reiner

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  5. katzenfan

    Hallo Björn,
    was ist ein Flachschlägerhaken???
    Meinst du damit den Flexirührer oder den neuen Knethaken??
    Ich tippe zwar auf den Flexirührer/ Paddle, bin mir aber nicht sicher.

    Gruß Barbara

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  6. katzenfan

    Danke, für die schnelle Antwort.
    Ich werde morgen das Rezept mit dem Mehl der Drax-Mühle backen. Nach deinem Bericht über die „Schwierigkeiten“ mit dem Mehl, werde ich eine etwa 1/2 stündige Autolyse einhalten und dazu den Teig mit dem Paddle „kneten“. Mal sehn wie der bei mir wird. Vom Ergebnis berichte ich dann im BBF (mit Bildern).

    Gruß Barbara

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  7. reiki-hanne

    So, ich habs getestet – es ist noch Luft nach oben. Der Knethaken der Ankarsrum schafft es nicht wirklich, den Teig zu stabilisieren. Nach 35 Minuten habe ich deshalb doch die Walze eingesetzt und noch 12 Minuten weitergeknetet. Dabei hab ich wohl überknetet. Teiglinge sind während der Stückgare breit gelaufen.
    Ich werde beim nächsten Versuch von Anfang an die Walze nehmen.
    Porung und Geschmack sind im Übrigen richtig gut.
    Liebe Grüße
    Hanne

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    1. Ulla

      Hanne, ich habe bei der hohen TA ausschließlich die Walze im Einsatz .
      Autolyse und eine langsame und lange Knetzeit ergeben so auch mit der Ankarsrum ein sehr gutes Knetergebnis.

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  8. MarcN

    Hallo Björn,
    als Backkommentar-Neuling zuallererst ein Dank für diese Seite – sie hat mich zum begeisterten Bäcker gemacht. Auch das neue Layout ist sehr ansprechend.
    Habe jetzt schon einige Backerfahrung und auch mit weichen Teigen stehe ich nicht total aufs Kriegsfuß, wobei sie jedes Mal eine Herausforderung sind. Hier habe ich mich am bayrischen Ruchmehl versucht und Deinen Tip mit dem TA 175 befolgt. Ich habe die halbe Menge angesetzt und 20 min Autolyse (ohne Öl, Hefe und Salz) eingefügt. Der Weizensauer war ein normaler auf 1050er-Basis und vorher gerade aufgefrischt. Nach knapp 3 (drei) Minuten hatte sich der Teig komplett (Bodenbereich sauber) von der Schüssel gelöst, habe dann nochmal 20 ml Wasser eingearbeitet. Nach weiteren 1,5 min war wieder alles gelöst und nach insgesamt 5 min Stufe 3 (Kenwood Cooking Chef, K-Haken) habe ich das Kneten beendet. Nach drei Stunden Gare mit einmal Falten und Dehnen hatte sich das Volumen eher knapp als gut verdreifacht. Die drei Ciabatta (mehr gehen nebeneinander ja nicht in einen normalen Haushaltsofen) sind gut geworden, vor allem geschmacklich.
    Zwei Sachen würde ich gerne verbessern: Vielleicht hast Du einen Tip.
    Meine Brote sind nicht so grobporig. Es gibt zwar einige große Blasen, doch der Rest ist zwar locker aber deutlich dichter. Obwohl die Aufarbeitung gut geklappt hat, abstechen, in Form schieben und nebeneinander auf den Einschießer platzieren, habe ich doch nur 20 min Stückgare hingekriegt, da die Ciabatta da schon begannen deutlich ineinander zu laufen. Wie könnte ich die Porigkeit der Krume erhöhen und wie dem Teig mehr Stand für die Stückgare verleihen, wobei mehr Stand und dann längere Stückgare das Porenproblem schon verkleinern könnte. Und vielleicht hast Du noch einen Tip, wie man die volle Menge aus Deinem Rezept mit einem normalen Haushaltsbackofen bewältigt.
    Beste Dank & viele Grüße
    Marc

    Antworten
    1. brotdoc

      Versuche mal, nicht zu oft zu Dehnen und zu Falten. Maximal 1-2 mal, sonst geht dabei auch zu viel Gärgas flöten. Der Teig muß sich mindestens verdreifacht haben. Er darf nur ganz wenig Gas verlieren, wenn Du auskippst. Und dann sollten die Teiglinge noch mindestens 50-60 Minuten Stückgare haben, damit sie noch einmal aufgehen. Die Mengen, ja die Mengen… ich backe inzwischen mit den Stahlplatten zweigeschossig. Doch eigentlich macht es nichts, erst die eine Rutsche zu backen und die andere Rutsche halt noch 20 Minuten länger gehen zu lassen. Doch einen größeren Ofen braucht man immer 😉

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      1. MarcN

        Besten Dank für die schnelle Antwort und deine Tipps. Längere Stückgare würd ich ja machen, aber schon nach 20 min laufen mir die Brote ineinander und ich muss einschießen. Halten Deine Ciabatta 60 min die Form? Oder gibt’s da noch einen Trick? Noch weniger Wasser, längere Knetzeit oder was ganz anderes.
        Gruß Marc

      2. brotdoc

        Ja, sie sollten schon weitgehend die Form halten. Natürlich gehen sie noch auf und gehen etwas in die Breite. Doch ineinander laufen sie nicht. Das bedeutet, daß Dein Teig zu wenig Stand hatte. Also entweder länger kneten oder häufiger dehnen und falten.

      3. Ingeborg Thon

        Hallo Björn,
        bin gerade dabei, nach einer günstigen Stahlplatte zu suchen.
        Du backst zweigeschossig. Wie genau gehst Du da vor?

        Bin durch eine Nachbarin auf Deinen Blog gestoßen und bin total begeistert
        und hab schon einige Deiner Brote nachgebacken.
        Vielem Dank für die tolle Seite
        liebe Grüße Ingeborg

      4. brotdoc Beitragsautor

        Bei zweietagigem Backen nehme ich die Stahlplatte unten und ein Lochblech in der Mitte. Zwei Stahlplatte funktionieren deshalb nicht so gut, weil sie die Umluft zu stark abschirmen. Das obere Backgut bräunt dann wesentlich schlechter.

  9. Robert Schiefbahn

    Hallo Björn,
    bin hier durch einen Tip aus einer Sendung „Alles in Butter“ mit Helmut Gote gelandet, habe schon ein paar Brote ausprobiert (als Topfbrot im Gasbackofen), mir Bon’gu Ruchmehl geleistet, mit Erfolg das Bierbrot gebacken, und 2x versucht, Ruchmehl-Ciabatta zu backen. Ohne Küchenmaschine… Gestern 1 Stunde mit der Teigkarte gerührt/gewasauchimmer. Muskelkater. Teig löst sich nicht, ziemlich labbrig geblieben, also in die Gußeisenformen gekippt, 2 Brote gemacht. Freundin begeistert. („Das schmeckt so gut, ich brauch kein Ciabatta“). Jetzt überlegen wir trotzdem, eine Küchenmaschine zu kaufen.
    Danke für die vielen schönen Rezepte mit sehr guten Erklärungen und für die vielen Tips!!!!!
    Grosser Respekt, daß Du Dich noch zusätzlich, wie so viele, in der Covid-Bekämpfung engagierst.
    Gruß Robert

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