Vollwert-Kanten

Ich bin ja bekanntermaßen nicht schlecht mit Küchenmaschinen ausgestattet: Neben dem Arbeitstier, der Häussler Alpha 2G, stand bis vor kurzem auch noch eine Kenwood Chef in meinem Küchenschrank. Mit letzterer habe ich die ersten Jahre meiner Brotbäckerei bestritten und alles von der Pike auf gelernt. 2014 hat sie die Reise ins Erzgebirge in Lutz‘ Backstube mitgemacht und sicher gut die Hälte der Teige für das Brotbackbuch 2 geknetet.

Doch das Bessere ist der Feind des Guten. Eigentlich beruhte der Kauf der Chef auf einem Fehler: hätte ich mich damals mehr belesen und von der größeren Major und des Vorteils mit dem Profiknethaken erfahren, dann wäre es ganz sicher diese Maschine geworden.

Aus diesem Grund liebäugle ich schon lange mit der inzwischen verfügbaren Major Cooking Chef, die die Luxus-Version der Major darstellt.

Cooking

Die neue Cooking Chef – toller Helfer!

Sie hat nämlich eine integrierte Induktionskochfunktion, mit der neben der Zubereitung von Eintöpfen, Suppen usw. auch das Rühren von Mehlkochstücken und – noch wichtiger – von Aroma-Malzstücken ermöglicht wird. Das Prinzip letzterer habe ich schon 2013 nach Backversuchen mit einem Bäcker-Süpke-Rezept hier vorgestellt. Das entstehende gemälzte Kochstück bringt geniales Aroma an das Brot, eine enorme Saftigkeit und dadurch eine lange Frischhaltung. Bäcker können sich zur Herstellung extra eine Maschine anschaffen, die nichts anderes tut als die Cooking Chef: sie erhitzt die Masse auf ihre korrekte Temperatur und rührt dann immer wieder um.

Eine häufigere Anwendung scheiterte alleine immer daran, daß ich für die 2-3 Stunden Herstellungszeit bei ca. 60-65°C unter beständigem Rühren zu faul war 🙂 . Luxus-Probleme also 😀 .

Nun haben wir die Kenwood Chef in den wohlverdienten Ruhestand geschickt; meinen Geburtstag zum Anlaß genommen, als gemeinschaftliches Geschenk die Major Cooking Chef anzuschaffen. Gemeinschaftlich, weil die Maschine nun mit entsprechendem Zubehör zum Reiben, Schnitzeln, Würfeln und Passieren auch unsere tägliche Küche bereichert.

Nun zum Rezept: Dieses Vollkornbrot ist ganz sicher eines der Besten, die ich jemals gebacken habe. 100 % selbstgemahlenes Vollkornmehl aus Bio-Getreiden der Drax-Mühle, die Bekömmlichkeit erhöht durch Beigabe eines milden Roggensauerteigs und mit mildsüßem Aroma durch ein Aromamalzstück.

Bei selbstgemahlenem Mehl ist die allgemeine Meinung oft, daß es besonders schwer zu einem glatten Teig auszukneten ist, weil die enthaltenen Kleie dem entgegenwirken. Nicht so bei diesem Brot: bei ausreichend langem geduldigen Kneten ist hier sogar ein Fenstertest möglich. Grundstock eines lockeren und saftigen Vollkornbrotes. Nebenbei zeigt das Rezept auch, daß die Vorteigmengen für ein wirklich saftiges und bekömmliches Brot nicht immer an die Grenze dessen gebracht werden müssen, was möglich ist.

VK1

Menge für 4 Brote aus dem Holzbackrahmen (in Klammern für 1 Brot aus der 1,5 kg Kastenform)

Sauerteig:
300 (75) g Roggenvollkornmehl
300 (75) g Wasser (50°C)
20 (7) g Roggenanstellgut
Die Zutaten gut verrühren und 12 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen.

Aroma-Malzstück:
300 (75) g Roggenvollkornmehl
600 (150) g Wasser
11 (3) g enzymaktives Backmalz
Die Zutaten gut verrühren und unter regelmäßigem Umrühren auf eine Temperatur von 60-65°C bringen. Nun (optimalerweise) für 2-3 Stunden auf dieser Temperatur halten und regelmäßig umrühren. So wird das beste Ergebnis erzielt. Alternativ den Behälter gegen zu schnelles Auskühlen schützen und 2-3 Stunden an einen warmen Ort stellen. Die Masse muß deutlich dunkler geworden sein und einen süßlich malzigen Geschmack haben. Kurz auf 90-100°C erhitzen, dann das Aromastück gut abkühlen lassen. Weitere Infos zum Aromastück gibt es hier und hier.

Hauptteig:
Sauerteig, Aromamalzstück
1425 (356) g Wasser (kalt)
2100 (525) g Weizenvollkornmehl
60 (15) g Salz
26 (6,5) g Frischhefe

Alle Zutaten in den Kneter geben und für 3 Minuten bei langsamer Stufe verrühren, so daß keine Mehlnester mehr vorhanden sind. Diesen Teig zunächst 20 Minuten ruhen lassen. In dieser Zeit quellen die Kleie und die Stärke bereits auf und machen den Teig knetfähiger.

Sodann auf zweiter Knetstufe für sicher 9-12 Minuten den Teig zu einem glatten, sich von der Schüssel ablösenden Teig verkneten. Es schließt sich eine Teigruhe von 60 Minuten an.

Den Teig auf die mit Vollkornmehl bemehlte Arbeitsfläche kippen und entgasen. In 4 gleiche Teile von ca. 1280 g teilen und diese möglichst straff rund wirken. Dabei immer wieder mit Vollkornmehl bestäuben, der Teig ist etwas klebriger als Teig aus Auszugsmehlen.

Schön gleichmäßig in den vorbereiteten Backrahmen (siehe hier) legen, die Seiten der Teiglinge gut mit Öl bestreichen, damit sie sich später voneinander lösen.

Die anschließende Reifezeit beträgt 80-90 Minuten, der Teig sollte den oberen Rand des Rahmes fast erreichen. Gut abdecken.

Nach Belieben stipfeln oder einschneiden und in den auf 250°C vorgeheizten Ofen geben. Schwaden und die Ofentemperatur auf 200°C abfallen lassen. Die Backzeit sollte bei vier Broten etwa 85-90 Minuten betragen, bei einem Brot 60 Minuten.

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16 Gedanken zu „Vollwert-Kanten

  1. Micha

    Ein Brot, das ich wohl Zeit meines Lebens anschmachten muß, weil… du ahnst es 😉 Aber ich merke es mir mal vor: sollten wir es schaffen, uns zu begegnen (schön wärs), dann wüßte ich ein Wunsch-Mitbringsel 🙂

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    1. brotdoc

      Ich war nicht nur einmal auf Deiner Seite und habe mir die Ferienwohnungen angesehen. Wir wollen schon eine ganze Weile in Südfrankreich Urlaub machen. Die Kinder müssen aber noch etwas größer werden… sonst ist zu viel Unruhe bei Euch.

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    1. brotdoc

      So ist es, der gesamte Teig für den Backrahmen macht eine größere Knetmaschine erforderlich. Die zusätzlich angegebene Menge für ein Brot läßt sich aber hervorragend in der Kenwood kneten.

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  2. Sylvia Müller

    Nachdem ich nun auch die Kenwood angeschafft habe, entnahm ich den umfäng-lichen Broschüren zum Profi-Knethaken den Kommentar: „nur für Hefeteige“.
    Jetzt bin ich schon etwas irritiert. Kann man damit nicht auch Sauerteige kneten?
    Das geht doch, oder?

    Für die Rückkehr Deiner tadellos funktionierenden Maschine drück ich alle Daumen …

    Antworten
      1. Sylvia Müller

        Sorry – habe mich schon gewundert, warum meine Frage hier nicht erschienen ist! Danke für die Antwort! Toll finde ich auch, dass man jetzt den Teig mit entsprechend notwendiger Temperatur gehen lassen kann …

  3. Jule

    Hallo Björn,

    danke für das tolle Rezept, habe es gleich ausprobiert und dabei festgestellt, dass ich jetzt dringend ein Lochblech brauche, weil das Bugsieren in den heißen Ofen auf den Stein sonst eine echte Herausforderung ist…Verrätst Du mir, von welchem Hersteller Dein Lochblech ist? Habe schon gelesen, dass es silikonbeschichtet ist, da gibt es aber auch etliche….Ich habe übrigens auch die Cooking Chef Major und habe den ganzen Teig damit geknetet, war zwar am Anfang wirklich voll bis oben und kam mir zu viel vor, aber wurde alles super verknetet.

    Liebe Grüße, Jule

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  4. NIna

    Wir haben im Nachbarort eine kleine Brauerei, könnte man sich evtl. auch dort Malz besorgen? Was müsste ich dort genau erfragen und in welchen Mengen??? ( evtl.zum Einfrieren).
    Würde mich über eine Antwort freuen.
    Danke Nina

    Antworten
  5. Carola Kloke

    Hallo Björn, ich kann eine kaum benutzte Kenwood Cookin Chef km070 für 400 € erwerben, die Zubehörteile sind sogar noch gar nicht benutzt. Bist du heute auch noch von der Maschine angetan? Wie ist deine heutige Einschätzung? Danke für Antwort
    Grüße
    Carola

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    1. brotdoc Beitragsautor

      Ich bin weiter davon überzeugt, daß die Kenwood Cooking Chef eine gute Allround-Maschine ist. Du kannst damit nichts falsch machen, es sei denn, Du willst ständig sehr feste Teige oder sehr große Teigmengen kneten. Dann wäre die Anschaffung einer reinen Knetmaschine vielleicht schlauer. In den Gruppen wird im Moment sehr positiv über die Famag Grilletta – Kneter berichtet.

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  6. Julia

    War gar nicht so schlecht. Hatte die Holzform das erste Mal genutzt und war ein wenig enttäuscht weil das Brot oben so schön knusprig war und an den Seiten ganz weich. Das Brot war insgesamt so weich,daß man es am selben Abend kaum schneiden konnte. Am nächsten Tag war es dann besser. Schönes einfaches Brot.

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