Vinschgauer Paarl

Fast ein Jahr ist vergangen, seit ich mein Rezept für Vinschgauer Fladenbrote entwickelt habe. Die ganze Zeit hatte ich im Hinterkopf, auch einmal die berühmten Paarl zu backen. Das Rezept war schon echt gut und brauchte kaum Veränderung, lediglich etwas weniger Wasser kam hinein sowie etwas Hartweizen-Lievito madre, der noch vom Pane Italiano übrig war. Letztere Zutat kann auch wegbleiben, denn das Rezept funktioniert auch ohne genau so gut. Der Teig ist etwas fester, geht dafür aber auch etwas stärker auf und läuft nicht so breit.

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Die Menge an Gewürzen und Salz habe ich ebenso erhöht, nachdem beim letzten Mal einigen Leserinnnen und Lesern das Brot zu wenig würzig war.

Mit diesem Rezept verabschiede ich mich auch in den Sommerurlaub, der in genau einer Woche beginnt. Verbringen werden wir ihn passenderweise wieder in Südtirol, unweit des Vinschgaus. Auf dem Rückweg werde ich dann endlich die Drax-Mühle besichtigen, darauf freue ich mich schon lange. Bericht und Bilder folgen, wenn ich wieder zuhause bin.

Einen schönen, hoffentlich warmen Sommer wünsche ich allen Leserinnen und Lesern!

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Sauerteig:
140 g Roggenmehl 1150
140 g Wasser (45°C)
14 g Roggenanstellgut
Gut miteinander verrühren und 12 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen.

(Lievito madre (optional):
70 g Hartweizenmehl
35 g Wasser (55°C)
4 g Anstellgut (alter Lievito madre oder Weizen-ASG)
Gut von Hand verkneten und eine Kugel formen, diese 12 Stunden in einer Schüssel aufgehen lassen.)

Hauptteig:
Sauerteig, Lievito madre
560 g Roggenmehl 1370 (oder RM 1150)
300 g Weizenmehl Tipo 0 (oder WM 550)
610 g Wasser (+ 120 g gegen Ende des Knetens)
22 g Salz
10 g Frischhefe
3,5 g Kümmel grob gemahlen
3,5 g Fenchel grob gemahlen
3 TL Brotklee
Alle Zutaten bis auf 120 g Wasser in den Kneter geben. Mit langsamer Knetgeschwindigkeit 12 Minuten lang mischen/kneten. Der Teig sollte Entwicklung zeigen, also am Haken hochklettern, oder sich etwas von der Schüssel lösen. Dann beginnen, unter fortgesetztem Kneten die restliche Wassermenge schluckweise einzuarbeiten. Dieses Prinzip kennen wir von sehr weichen Weizenteigen („Bassinage“), und es hilft hier in gleicher Weise, den Weizenkleber vor der Zugabe der gesamten Wassermenge schon so weit wie möglich zu entwickeln.
Sobald der Teig wieder schön glatt und leicht glänzend ist, das Kneten beenden und ihn 45 Minuten ruhen lassen.
Die Arbeitsfläche gründlich bemehlen und den Teig aus der Schüssel direkt darauf geben. Die Teigrückseite auch gut bemehlen. Nach Augenmaß 16 Teiglinge mit etwa gleicher Größe abstechen und mit gut bemehlten Händen rund formen. Mit dem Schluß nach unten jeweils zwei der Teigkugeln nebeneinander auf zwei Backbleche (mit Backpapier oder Dauerbackfolie) setzen und ggf. etwas nachbemehlen. Den Ofen aufheizen auf 250°C Heißluft oder Umluft.
Die Teiglinge nun mit einem leichten Leinentuch abdecken und insgesamt 60-70 Minuten reifen lassen. Die letzten 20 Minuten das Leinentuch wegnehmen. Die Teiglinge sind bereit zum Backen, wenn sich auf der Oberfläche Risse gebildet haben und die beiden Teiglinge etwas zusammengewachsen sind.
Gleichzeitig beide Bleche einschießen und nicht schwaden. Ziel ist ein weiteres rustikales Aufreißen der Teigoberfläche. Ggf. kann nach 2 Minuten etwas geschwadet werden, das kann die Optik noch verbessern. Die Backzeit beträgt bei auf 230° abfallender Temperatur etwa 25 Minuten.

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23 Gedanken zu „Vinschgauer Paarl

  1. Karin Hoffmann

    Ich habe von einer Freundin den Tipp brotdoc Blog bekommen. Dort fand ich auch das Rezept Linnert Brot. Erst beim 3 mal Anschauen las ich , was Linnért Brot ist. Ich bin von einem Hausnamen ausgegangen, war jedoch hoch erfreut, dass es sich um ein Rezept aus meiner Heimat handelt. Ich habe nämlich mit meinem verstorbenen Mann 1 Jahr bei Fam. Scheda im Linnert gewohnt… was jetzt abgebrannt ist. Ich habe das Brot jetzt schon zum zweiten mal gebacken, was jetzt noch besser gelungen ist. Ist ganz nach meinem Geschmacl. Erwähnen möchte ich, dass ich je z t schon 23 Jahre in Bayern wohne. Danke für die tollen Rezepte. GLG Karin Hoffmann verw. Klaas

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  2. Karin

    Hallo Björn, dir und deiner Familie einen wunderschönen Urlaub! Das bedeutet für uns Leser ja ein bisschen Luft, um die Nachbacklisten etwas abzuarbeiten ;-). Und bestimmt bringst du uns auch das eine oder andere Rezept mit…
    Grüßle, Karin

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  3. Axel

    Hallo Björn,
    wünsche Dir einen schönen Urlaub.
    Ich muss mit dem nachbacken noch warten, bis ich meine Südtiroler Brotgewürze mitgebracht bekomme. Falls ihr in der Nähe seit, dann kann ich den Pflegerhof empfehlen (www.pflegerhof.com).
    Gruß
    Axel

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    1. brotdoc

      Hmmm… 🙂
      Trier ist sehr schön – aber zeitlich ist für mich die Organisation von Backkursen durch meine Selbstständigkeit echt eine Herausforderung. Laß mich mal sehen, wie der Kurs im September so läuft.

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  4. schlom1

    Traumhaft, einfach nur traumhaft! Gestern abends um zehn aus dem Backofen gezogen und noch vor dem Zubettgehen noch nicht ganz abgekühlt eins vertilgt! 😀
    Vielen Dank für das Rezept. Außerdem hoffe und wünsche ich, Ihr habt/hattet einen wunderbaren Urlaub und habt auch mal „gar nichts“ gemacht.

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  5. Claudia Brehm

    Guten Morgen Björn, ich möchte gerne die Paarl am Wochenende ausprobieren, nachdem ich seither immer nur die Vinschgauer Fladen gemacht habe. Die übrigens super lecker sind. Danke schon mal dafür. Eine Frage, wenn ich auch hier das Alpenroggenmehl verwende, muss ich bei der Wasserzugabe etwas berücksichtigen? Würde mich über eine Antwort sehr freuen.

    Liebe Grüße aus Rosenheim
    Claudia

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  6. Käthe

    Hallo Björn,

    ich würde gern dieses Rezept als reine Sauerteig-Version nachbacken (ohne Frischhefe oder LM). Verlängern sich einfach nur die Reifezeiten (Richtwert?) oder sind noch Änderungen am Rezept nötig?
    Hab vielen Dank für Deine alltagstauglichen Rezepte und Deine kurze Antwort.
    Herzliche Grüße
    Käthe

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    1. brotdoc Beitragsautor

      In diesem Rezept wäre die Sauerteigmenge sehr niedrig, wenn eine reine Sauerteigreifung erfolgen soll. Ich würde empfehlen, das Rezept so umzustellen, daß 35-40 Prozent der gesamten Mehlmenge im Sauerteig stecken. Dadurch ergeben sich dann nicht so lange Reifezeiten und das Brot bleibt schön mild.

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  7. Heide

    Hallo brotdoc ich habe keinen Lievito Madre kann ich auch einen Weizenvorteig machen.Und welche TA 160 oder 150.Dankeschön schon mal im voraus.LG Heide

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  8. Uwe

    Im Sommer 1980, ich war gerade mal 17 Jahre alt, trampte ich in den Urlaub und kam auf meiner Rückreise in Tirol, unweit von Kufstein, hungrig in einem kleinen Ort an. Im Dorfladen fragte ich nach etwas Essbaren zum Sofortverzehr, da ich hungrig sei. „Wollns a Vinschgerl?“ o.s.ä. fragte die ältere Dame hinter dem Verkaufstresen und bereitete mir ein Vinschgerl mit Butter und einem gigantischen Schinkenbelag zu, der in seiner Menge an amerikanische Roastbeefsandwichbeläge erinnerte. Ich aß das Schinken-Vinschgerl zur hälfte und war satt. Den Rest hob ich mir fürs Nachtmahl auf. Niemals habe ich diesen einzigartigen Geschmack vergessen können.
    Jahrzehnte später erzählte ich einem guten, aus Vorarlberg stammenden, Freund von meiner Erinnerung. Nur konnte ich mich nicht mehr an den genauen Namen des Brotes erinnern.
    „Das war mit Sicherheit ein Vinschgerl mit Tiroler Speck“, sagte mein Freund, der übrigens Rohmilchkäsehändler ist und einen sehr hohen Anspruch an Brot hat, was ihn in Berlin fast verzweifeln liess.
    Vor 13 Monaten hatte ich mit dem Brotbacken angefangen und letzten Herbst das erste Mal dieses Rezept nachgebacken. Ich hatte mit dem Backen so lange gewartet, bis mein Vorarlberger Freund mir echten Tiroler Speck besorgt hatte.
    Da war er, der Geschmack, der mich quasi 41 Jahre zurück katapultierte. Fantastisch!
    Gestern buk ich zum zweiten Mal die Vinschgerl und konnte meinem Freund und seiner Frau endlich welche zukommen lassen. Ich hatte statt 16 Stück 12 etwas größere Vinschgerl gebacken.
    Wie es der Zufall wollte, kam heute zum Frühstück noch Besuch aus St. Johann in Tirol vorbei
    Sein Urteil: „1A, a Wahnsinn“.
    Dieses Lob gilt allerdings dir, Björn. Schliesslich bin ich streng nach Rezept vorgegangen.
    Übrigens habe ich meinem Freund auch noch dein Kommissbrot und das Französische Landbrot nach Art „Pain Campalliou“ von Lutz Geißler gebacken. Das Urteil seiner Frau (Vorarlbergerin, die auch seit 15 Jahren in Berlin lebt): „Das beste Brot, das ich bislang in Berlin gegessen habe“.

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  9. Harald Becker

    Hallo Brotdoc,

    welche Gesamtwassermenge ist im Origialrezept?

    Die 610 plus die 120 = gesamt 730 Gramm im Hauptteig oder sind die 120 g in der Erstangabe von 610 g schon enthalten?
    Bei der 730g Gesamtmenge plus dem Wasseranteil aus den beiden Vorteigen käme ich auf eine TA von 185, erscheint mir sehr hoch oder rechne ich falsch? (Die ersten Paarl sind mir beim Backen auch sehr flach ausgelaufen…..)

    Viel Grüße und schöne Ostern !
    Harald

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    1. brotdoc Beitragsautor

      Insgesamt 730 g, plus das, was im Sauerteig steckt. Für diese Menge brauchst Du Mehle, die gut Wasser binden. Wenn Dir der Teig zu breit läuft, reduziere die Wassermenge bitte.

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