Archiv für den Monat: Oktober 2015

Brötchen-Seelen

Die Geschichte mit dem Paddle-Rührhaken und den weichen Teigen hat mich nicht mehr losgelassen. Wenn es möglich ist, mit dem Paddle weiche Teige einfacher auszukneten, dann spricht eigentlich nichts mehr dagegen, schrittweise die Wassermenge in Bereiche hochzuschrauben, vor denen ich bislang respektvoll Abstand genommen hatte. Je mehr Wasser, desto saftiger das Brot, desto besser die Frischhaltung, desto lockerer die Krume. Und so weiter.

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In diesem Fall bin ich erstmals über eine Teigausbeute von 190 hinausgegangen, auf 194, um genau zu sein. Dieser Teig wurde in einem Zug ohne Autolyse mit dem K-Haken der Kenwood ausgeknetet, bis er sich von der Schüssel gelöst hat. Dabei hat sich der Teig zum einen nur moderat erwärmt (anders als im Spiralkneter), zum anderen gab es eine ganz elastische Teigstruktur. Einziger Haken bei dem Haken: er hat keinen vernüftigen Abstreifer, so daß der Teig klettern kann. Sobald sich der Teig gut entwickelt, sollte mit einem Silikonschaber verhindert werden, daß der Teig nach oben die Maschine hochwandert, sonst ist eine ausgiebigere Reinigung des Gerätes erforderlich.
Der Teig ist natürlich sehr weich, deshalb habe ich daraus kleine Brötchen-Seelen gemacht, die an Günther Webers Loretto-Seelen erinnern. Mit Weizenmehl 1050 habe ich das Rezept noch nicht ausprobiert. Wer es versucht, sollte dann vielleicht beim ersten Mal 50 g Wasser weniger zum Hauptteig geben, da es weniger Wasser binden kann, als das T80er Mehl.

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Menge für ca. 18 Brötchen-Seelen

Vorteig:
290 g Weizenmehl T80 (alternativ: 1050)
290 g Wasser
0,3 g Hefe (etwa erbsgroßes Stück)
Alle Zutaten gut verrrühren und 12 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen.

Hauptteig:
Vorteig
650 g Wasser (600 g bei Weizenmehl 1050)
610 g Weizenmehl T80 (alternativ: 1050)
100 g Roggenvollkornmehl
22 g Salz
9 g Frischhefe
20 g Malz (inaktiv)
20 g Roggen-Anstellgut (aus dem Kühlschrank, kann auch wegbleiben)
1 g Kümmel gemahlen

Alle Zutaten in die Knetschüssel geben und den Rührhaken (Paddle oder K-Haken) einsetzen. Mit langsamer Geschwindigkeit für 3 Minuten verrühren. Der Teig hat eine Konsistenz wie ein Pfannkuchenteig.
Nun langsam die Rührgeschwindigkeit auf zweite Stufe erhöhen und so lange rühren, bis der Teig am Haken hochklettert und sich von der Schüsselwand löst. Falls nötig mit einem Silikonschaber verhindern, daß der Teig zu sehr hochklettert.
Den Teig in eine Teigwanne geben. 2 – 2,5 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen. Zwischendurch zwei mal strecken und falten. Der Teig ist reif, wenn er sein Volumen mindestens verdoppelt, besser verdreifacht hat. Den Ofen mit Backstein rechtzeitig auf die höchstmögliche Temperatur vorheizen (280°).
Die Arbeitsfläche mit der Sprühflasche gut befeuchten und den Teig darauf auskippen. Beide Hände befeuchten und dann kleine längliche Seelen mit den beiden Handkanten abstechen („ausbrechen“), diese auf ein vorbereitetes Backpapier legen. Bei guter Aufteilung passen immer 6-8 Stück auf ein Papier. Je nach Wunsch mit Saaten oder Kümmel und Salz bestreuen.
Direkt die erste Ladung mit viel Dampf einschießen und bei konstant 280°C für knapp 15 Minuten abbacken. Es soll heiß und kurz gebacken werden, um möglichst viel Saftigkeit in der Krume zu lassen und eine dünne knusprige Kruste zu erreichen. Wie im Holzbackofen üblich.
Der Restteig kann auf der Arbeitsfläche liegen bleiben, falls er beginnt zu trocknen, einfach zwischendurch etwas besprühen. Nach und nach die Seelen abbacken und möglichst bald genießen, frisch sind sie am Besten.

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Hamburger-Brötchen („Buns“)

Hamburger-Brötchen aus dem Supermarkt sind üblicherweise wirklich üble Fabrikware, hergestellt mit allerlei potenziell unguten Zutaten, die vor allem eine lange Haltbarkeit garantieren sollen. Schmecken tun sie in Folge dessen oft mehr nach süßlicher Pappe, sind „furztrocken“, wie man hier in Westfalen sagt, und beginnen schon beim Anschnitt zu zerbröseln. Dieses Probem hat uns schon mal bei einem Kindergeburtstag vor drei Jahren richtig geärgert, weil den Kindern die Burger in den Händen zerfielen, und es eine Riesensauerei gab.
Das muß nicht sein – solche Brötchen können wir besser selbst machen. Bei diesem Rezept habe ich kräfig bei Freund Dietmar geräubert. Es ist ein feines und oft mit Erfolg nachgebackenes Rezept für Hamburger-Brötchen, wobei mir dabei der Sauerteiganteil persönlich geschmacklich zu dominant war. Inzwischen habe ich es ein wenig abgewandelt und bin mit dem Ergebnis noch zufriedener.
Die Buns können auch 30 Minuten nach dem Backen eingefroren werden und sind dann immer frisch verfügbar.

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Vorteig:
100 g Weizenmehl 550
100 g Wasser
0,2 g Frischhefe
Gut verrühren und 12 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen.

Sauerteig:

40 g Weizenmehl 550
40 g Wasser (45°C)
5 g Anstellgut
Alle Zutaten miteinander verrühren und 12 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen.

Hauptteig:
Vorteig, Sauerteig
140 g Wasser
130 g Milch
540 g Weizenmehl 550
20 g Honig
15 g Salz
8 g Hefe
20 g Pflanzenöl (erst später zugeben)

Alle Zutaten in den Kneter geben und zu einem glatten Teig auskneten (etwa 4 Minuten langsam, dann das Öl zugeben, dann 5-6 Minuten schnell). Den Teig 30 Minuten ruhen lassen.
Dann etwa 80 g schwere Teigstücke abstechen und rund schleifen. Auf der bemehlten Arbeitsfläche 30 Minuten abgedeckt mit Schluß unten reifen lassen. Dann die Teiglinge etwas flach drücken, befeuchten, mit der Oberseite in Sesam wälzen und mit dem Schluß oben im Leinentuch für weitere 30-40 Minuten garen lassen.
Währenddessen den Ofen auf 250°C vorheizen. Die Teiglinge, die möglichst volle Gare haben sollten damit sie nicht einreißen, in den Ofen einschießen (Schluß unten) und gut schwaden. Für maximal 13-15 Minuten bei 250°C abbacken, damit sie nur eine sehr dünne Kruste bekommen und innen schön saftig bleiben.

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Malzbierbrot III

Ihr habt doch hoffenlich nicht inzwischen alles Malzbier ausgetrunken? Ich habe noch ein Rezept, um genau zu sein sogar zwei, denn Brötchen habe ich auch damit gebacken. Die kommen noch. Nachdem die Wetterlage ja nun wirklich herbstlich zu nennen ist, kommen Roggenbrote wieder in Konjunktur.
Dieses hier besteht aus dem besonders dunkel ausgemahlenen Roggenmehl 1150 von der Bruckmayer-Mühle und zu einem guten Teil aus einem Haferflocken-Quellstück mit Malzbier. Im Ergebnis entsteht ein würziges Roggenbrot mit leichter Malzsüße und zusätzlichem Haferaroma. Sehr saftig durch die hohe Teigausbeute von 188. Und sehr einfach in der Herstellung.

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Sauerteig:
260 g Roggenmehl 1150
260 g Wasser (50°C)
26 g Roggenanstellgut
Das recht warme Wasser mit dem Mehl etwas verrühren. Das Anstellgut zugeben und kräftig unterrühren. 12 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen.

Haferflocken-Quellstück:
250 g Haferflocken grob (Vollkorn)
300 g Malzbier
Das Malzbier über die Flocken gießen und einmal durchrühren. 12 Stunden quellen lassen.

Hauptteig:

Sauerteig, Quellstück
232 g Wasser (45-50°C)
390 g Roggenmehl 1150
18 g Salz
9 g Frischhefe

Alle Zutaten in den Kneter geben und insgesamt 8-10 Minuten langsam verkneten. Der Teig ist recht weich, wird aber bindig.
Eine 1,5 kg Backform mit Butter oder Öl einfetten. Den Boden und wenn möglich die Ränder mit Haferflocken bestreuen. Dann die Teigmasse gleichmäßig einfüllen. Der Teig ist zu weich, um ihn auf der Arbeitsfläche wirken zu können.
Die Oberfläche mit etwas Wasser besprühen und mit dem Silikonschaber glatt ziehen. Ebenfalls mit Haferflocken bestreuen.
Die Stückgare beträgt etwa 70 Minuten bei Raumtemperatur. Dann sollte der Teig den Rand der Form erreicht haben. Währenddessen den Ofen auf 250°C (Ober-/Unterhitze) vorheizen.
Das Brot einschießen und ein wenig schwaden. Sofort auf 210°C reduzieren und das Brot für 55-60 Minuten abbacken. Falls die Oberfläche zu dunkel wird, die letzten 20 Minuten mit einer Alufolie abdecken.

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Laugen-Flesserln

Ich wohne ja recht ländlich hier im Münsterland. Was zur Folge hat, daß es in den Nächten relativ still ist, vom normalen zivilisatorischen Hintergrundrauschen durch Autobahn und Zugstrecke einmal abgesehen. Und ich fast immer super schlafen kann.
Vorgestern nacht leider nicht: Es ist Oktoberfest in München und in den letzten Jahren hat sich dieser Brauch bundesweit ausgebreitet. So weit ich weiß, gibt es in diesem Jahr in Haltern nicht weniger als drei Oktoberfeste, obwohl das hier tiefstes Westfalo-Preußen ist. 🙂
Unter anderem auf dem nahe gelegenen Prickings-Hof, der weithin dafür bekannt ist, daß dort mehr als 1000 Personen gleichzeitig bewirtet werden können und die servierten Portionen so groß sind, daß eigentlich davon zwei oder drei Menschen satt werden können.

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Während also in der Freitagnacht vom Bauer Ewald, wie der Hof unter den Poalbürgern noch immer genannt wird, die Bässe zu unserem Dorf herüberdröhnten, lag ich schlaflos im Bett. Da kam mir die Idee, mal wieder Laugengebäck zu machen. Es ist ja schließlich Oktoberfestzeit. 😉
Als besondere Zutat habe ich wie bei den Ciabatta der letzten Woche Sauerrahm verwendet. So können zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Einerseits bringt der Sauerrahm nötiges Fett in den Teig, zum anderen verleiht er ihm einen feinsäuerlichen Geschmack, der einem sehr milden Weizensauerteig oder Lievito Madre nahe kommt. Köstlich!

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Menge für 18-19 Flesserln (in Klammern für 9 Flesserln)

Vorteig:
300 (150) g Weizenmehl 550
300 (150) g Wasser
0,3 (0,2) g Frischhefe (erbsgroßes Stück)
Alles gut verrühren und 12 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen.

Lauge:
750 g Wasser 30°C
30 g Laugenperlen
Die Laugenperlen in das Wasser streuen und vorsichtig umrühren, bis sie ganz aufgelöst sind. VORSICHT: Die entstandene 4-prozentige Lauge ist gefährlich! Bitte immer Schutzhandschuhe, eine Schutzbrille und eine Schürze tragen! Sie kann ungeeignete Materialien angreifen und wirkt auf der Haut koagulierend, was Verletzungen nach sich ziehen kann.

Hauptteig:
Vorteig
180 (90) g Frischmilch kalt
150 (75) g Sauerrahm kalt
700 (350) g Weizenmehl 550
15 (7,5) g Frischhefe
10 (5) g Honig
20 (10) g Salz

Alle Zutaten in den Kneter geben und 4 Minuten langsam kneten. Sollte der Teig zu fest sein, können noch 20 (10) g Milch zusätzlich hinzu. Weitere 6-7 Minuten schnell kneten, bis ein glatter elastischer Teig entstanden ist.
Diesen Teig abgedeckt 45 Minuten ruhen lassen.
Teiglinge von etwa 100 g abstechen und zu länglichen Zylindern vorformen. Diese etwa 15 Minuten entspannen lassen. Währenddessen den Ofen einschalten und auf 250°C vorheizen.
Aus den einzelnen Zylindern nun sehr dünne und lange Stränge (mindestens 50 cm) rollen. Diese zu Einstrang-Zöpfchen knoten. Die Methode habe ich hier sowohl in Bild als auch als Video dargestellt.
Die Zöpfchen mit der schönen Seite oben in einem Leinentuch zur Gare stellen für etwa 50 bis 60 Minuten. Nicht zu dicht abdecken, sie dürfen ruhig ein wenig verhauten.
Handschuhe und Schürze anlegen. Die fertig gegarten Flesserln nehmen und in die Lauge tauchen, dabei darauf achten, daß alles gleich gut benetzt ist. Die Eintauchzeit ist etwa 10 Sekunden. Die Teiglinge am besten mit einem Schaumlöffel herausheben und mit einem Aufstreu nach Wunsch bestreuen, z.B. Hagelsalz oder Mohn/Sesam, und auf ein Lochblech setzen. Den Schaumlöffel immer wieder abspülen. Nach und nach alle Teiglinge belaugen und bestreuen.
Die Bleche ohne Schwaden in den vorgeheizten Ofen einschießen und die Backtemperatur auf 220°C reduzieren. Insgesamt 18-20 Minuten abbacken, darauf achten, daß die Teiglinge nicht zu stark dunkeln.

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