„Schrot und Korn“

Nun folgt endlich das Rezept, das mir so viel Kopfzerbrechen bereitet hat. 100 % Bio-Roggen aus der Bruckmayer-Mühle in Altötting, selbstgemahlen und -geschrotet mit hohem Wasseranteil, zusätzlich noch ein Saaten-Brühstück, angelehnt an manche Pumpernickel-Rezepte, die so durch die Foren geistern. Hier im südlichen Münsterland sagt man „Was hab ich mir einen abgequält“ :-), doch auch diejenigen, die all die Fehlversuche aufessen mussten, hatten langsam die Nase voll.
Problem: was ich auch machte, immer wieder kam es zu einem Krumenriß oben und einem Wasserstreifen unten. Also: Teig zu ezymaktiv, zu viel freies Wasser im Teig, womöglich zu heiß angebacken… Als alles nichts half wandte ich mich mit dem Rezept an Günther Weber vom Lorettohof Zwiefalten.

Schrot1

Problem: Wasserstreifen und Krumenloch (s. rechts Versuch Nr. 3)

Günther antwortete unter anderem mit folgenden Worten: „Da sind zu viele Passagiere an Bord und zu wenige Matrosen, die was schaffen wollen …“ – und holte mich auf diese Weise wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Dafür auch hier noch mal meinen Dank, Günther!
Ist ja eigentlich auch meine eigene Devise: Vorteige ja!, aber nicht übertreiben, denn es kann auch zuviel des Guten sein. Beim Rezept waren einfach zu viele Vorstufen drin, die womöglich zu warm und zu lange gingen. Ich hatte es zu gut gemeint. Nach Entfernung eines Quellstücks aus dem Rezept und kühlerer Sauerteigführung, sowie weniger Hefe passte es schließlich.
Dieses Brot ist sicherlich eines der aromatischsten und kernigsten, die ich je gebacken habe. Auch in der zweiten Woche nach dem Backen läßt die Saftigkeit nicht nach.

VK2

Menge für 1 Kastenbrot in der 1,5 kg Kastenform, Teigeinlage 2000 g
(in Klammern für 1,0 kg Kastenform, Teigeinlage 1320)

Sauerteig
366 (242) g Roggenschrot grob
366 (242) g Wasser (45°C)
36 (24) g Roggenanstellgut
4 (2,5) g Salz
Die Zutaten im Kneter für 15 Minuten auf langsamer Stufe vermischen und dann bei Raumtemperatur 12 Stunden reifen lassen. Das lange Mischen im Kneter, am besten mit dem Rührhaken, ist wichtig, damit die Stärke etwas aus dem Grobschrot gelöst wird und für die Sauerteig-Mikroorganismen zur Verfügung steht. Der Teig bekommt auch mehr Bindung.

Saaten-Brühstück
35 (23) g Sonnenblumenkerne
30 (20) g Leinsaat
30 (20) g Gold-Leinsaat
30 (20) g Sesam
In einem Topf langsam rösten bis sie leicht gebräunt sind und aromatisch duften. Dann mit 125 (83) g Wasser übergießen und 12 Stunden quellen lassen.

Kochstück
92 (61) g Roggenkörner
650 (430) g Wasser
Die Roggenkörner für 60-90 Minuten im Topf mit geschlossenem Deckel kochen, bis sie komplett weich sind. Gut auskühlen lassen und gut abtropfen.

Hauptteig
Sauerteig, Saaten-Brühstück, Kochstück
458 (302) g Roggenschrot fein oder selbst gemahlenes Roggen-Vollkornmehl
285 (188) g Wasser (45°C)
70 (46) g Zuckerrübensirup
4,5 (3) g Frischhefe
14 (9,5) g Salz

Bei diesem Brot sind die Vorbereitungen aufwendig – ab dem Mischen des Hauptteiges wird es einfach.
Hier werden nämlich lediglich alle Zutaten in den Kneter gegeben und 20 Minuten bei langsamer Knetgeschwindigkeit verknetet, dabei immer mal wieder am Rand anhaftende Teigreste lösen, damit sie weiter verknetet werden. Die lange Knetzeit dient der Herstellung von mehr „Bindigkeit“ im Teig. Optimalerweise hat der Teig nach dem Kneten etwa 28-30°C.
Teig1
Nach Ende des Knetens mit einem großen Löffel der Teig aus der Knetschüssel in die Form einfüllen, ein Wirken ist bei dieser Teigkonsistenz nur schwer möglich. Sobald alles in der Form ist, mit einem nassen Teigschaber die Oberfläche komplett glatt streichen.

Teig2

Die Teigruhezeit beträgt 90 Minuten, ggf. länger. Eingeschossen wird, wenn der Teig den Rand der Form erreicht hat.
Bei 250° mit etwas Dampf einschießen und das Brot für 70 Minuten (60 Minuten) auf 200-210° abfallend backen. Achtung: der Zuckerrübensirup könnte bei zu viel Oberhitze dazu führen, daß die Oberfläche zu stark bräunt. Sollte dies der Fall sein, das Brot nach der Hälfte der Backzeit mit Alufolie abdecken.
Nach dem Backen das Brot etwa 30 Minuten in der Form auskühlen lassen, dann stürzen und erst frühestens nach einem Tag Ruhezeit anschneiden.

VK4

43 Gedanken zu „„Schrot und Korn“

  1. Andrea

    Hallo Björn,
    sehr schönes Ergebnis.
    Ich mache mir das einfacher und ich backe dieses Roggenschrotbrot jede Woche, seitdem ich einen 25 Jahre alten Sauerteig von alten Leuten bekommen habe, die dieses Brot nun halt schon seit 25 Jahren backen.
    Einfach den Roggenschrot abends mit gleicher Menge Wasser mischen. Die gleiche Menge nochmals in einer anderen Schüssel mit Wasser und dem Sauerteig ansetzen.
    Nach 12 Stunden beides per Hand vermischen (neuen Sauerteig abnehmen)…ist eine ziemliche Pampe…und dann mit Salz, Brotgewürz und Saaten mischen.
    So einfach kann Brotbacken sein und dieses Rezept gelingt immer, schmeckt hervorragend und hält sehr lange frisch.
    Manchmal ist weniger mehr….

    LG Andrea

    Antworten
    1. brotdoc

      Hallo Andrea,
      mir wäre dabei der Sauerteiganteil zu hoch, aber das ist bloß eine Frage des Prozentsatzes. Man könnte ja auch 60/40 machen, um nicht ganz so viel Säure drin zu haben. Röstest Du die Saaten vorher an und läßt sie auch quellen oder kommen sie frisch in den Teig? Wird der Sauerteig auch mit TA 200 angesetzt?
      Interessanter Kommentar! – ich werde das sicher mal ausprobieren.

      Antworten
      1. Ährenwort

        Ich messe sonst alles sehr genau ab, aber bei diesem Brot bin ich ganz gelassen, weil ich weiß es gelingt immer. Ich wiege nur Mehl und Wasser zu gleichen Teilen ab.Beim Sauerteig und den Saaten verlasse ich mich auf mein Gefühl.Mit dem Grundteig kann man wunderbar experimentieren, mal die Saaten rösten, mal etwas zerkleinern oder auch als Früchtebrot mit Zusatz von diversen Trockenfrüchten.

      2. Andrea

        Ich röste die Saaten vorher an, manchmal gebe ich sie auch etwas zerkleinert dazu.Man kann hier sehr schön variieren z.B. auch mal als Früchtebrot mit vorher eingeweichten Trockenfrüchten. TA ist 200, auch beim Sauerteig.

    2. jensb76

      Hallo Andrea,

      wo bekomme ich den ersten Ansatz her um den Teig so wie von Dir beschrieben für 12 stunden ansetzen zu können? Kann man das ganze auch länger als 12 stunden stehen lassen? Weil nach 12 std. geht man gewöhnlich auf arbeit und hat keine zeit zum brotbacken. es sei denn man setzt das ganze bereits morgens um 5 an und bäckt dann am abend nach dem dienst…. und immer alles mit vollkorn? oder kann man mit dem mehltyp auch varieren? Danke vorab für deine rückmeldung

      Antworten
      1. brotdoc

        Hallo Jens,
        der Einbau in den Alltag ist oft gar nicht so schwer: ich setze, wenn ich unbedingt in der Woche backen muß, meine Sauerteige tatsächlich morgens um 6 Uhr an. Während ich arbeite, gehen sie und bei meiner Heimkehr (meist zwischen 6 und 7 Uhr abends) lege ich mit der Teigbereitung los. Daher oft bei mir die Empfehlung von 12-Stunden-Reifezeiten. Wenn Du unabhängig von diesen zeitlichen Gegebenheiten backen willst, dann verlege das Backen auf das Wochenende und backe jeweils genug für die nächste Woche.

  2. Stöger Petra

    Hallo !

    Bin über das Brotbackbuch zu deinem Blog gekommen und er ist wirklich super !!
    Bin seitdem eine leidenschaftliche Brotbäckerin und bei mir zu Hause gibt es nur mehr selbstgemachtes Brot ! Der Virus hat mich voll erwischt.

    Eine Frage hab ich warum kann ich im Archive die Rezepte nicht ausdrucken ??

    LG Petra

    Antworten
    1. brotdoc

      Hallo Sperling,
      Honig funktioniert sicher genau so gut. Roggenschrot fein ist ein Schrot, das ich an meiner Mühle mit der zweitfeinsten Einstellung mahle (eine über „Mikro“). Es ist nicht ganz so fein wie Vollkornmehl. Du kannst stattdessen aber auch Vollkornmehl nehmen.

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  3. Jens

    Hallo Björn,
    welche Maße hat Deine 1,5 kg-Form denn? Von welchen Maßen gehst Du bei einer 1 kg-Form aus?
    Danke und lG
    Jens

    PS: Brotbackbuch No. 2 ist klasse!

    Antworten
      1. Jens

        Hallo Björn,
        vielen Dank für die links. Das hilft beim Vergleich der verschiedenen Formen, die ich habe!
        Viele Grüße
        Jens

      2. Clarissa

        Beide Links zu den Backformen sind leider kaputt. Wie lange sind denn die Formen? Icj habe dieses Brot heute das erste mal probiert, allerdings habe ich den Teig in eine 40 cm vom gegeben. Jetzt bin ich ja morgen auf den Anschnitt gespannt.

        Für die beiden Fübfpfünder, die ich heute morgen gebacken habe, waren die 40 cm okay, aber für dieses Boot wäre eine Nummer kleiner vermutlich sinnvoll gewesen.

        Gruß

        Clarissa

  4. Ina

    Hallo Björn,
    was ist grober Roggenschrot? Kann ich das mit meiner Mühle einfach selber machen? Das mit dem feinen Roggen Schrot hast du ja schon erklärt.
    Ich wollte euch auch noch ein Kompliment zu eurem tollen Brotbackbuch machen. Es ist wirklich toll, dass Brotbacken gar nicht so schwer ist.
    Gruß Ina

    Antworten
    1. brotdoc

      Hallo Ina,

      grober Schrot ist so grob gemahlen, daß die Roggenkörner nur zerbrochen oder zerschnitten oder etwas zerrieben sind. In der Haushaltsmühle entspricht das meist der Einstellung 4-5.

      Antworten
    1. brotdoc

      Hallo Jens,
      zwei Möglichkeiten: entweder selbst herstellen, oder mit Hilfe eines im Internet bestellten „Reinzuchtsauerteig“ ansetzen und von da an immer weiter pflegen. Die urtümlichere Art ist das Selbstansetzen, dann ist es eine wirklich individuelle Kultur.

      Antworten
      1. Jensb

        Ok, klingt spannend! Und hiervon kann ich immer nehmen wenn von Anstellgut im Rezept die Rede ist? Also sozuagen der Starter für alle Rezepte!

  5. Soennie

    Hallo Björn,
    ein tolles Rezept für ein sehr leckeres Brot, das bei uns rasenden Absatz findet und sich wirklich lange hält 🙂
    Bisher habe ich es dreimal gebacken, habe allerdings bislang auch jedesmal das Problem gehabt, dass das Brot meiner Meinung nach ein wenig zu feucht schien und beim Schneiden am Messer klebt. Hast du eine Idee, was ich dagegen unternehmen könnte? Hilft hier eine längere Backzeit oder höhere Backtemperatur? Ich habe zum Backen fertig gemahlenes Roggenschrot und Roggenvollkornmehl verwendet.

    Vielen Dank im Voraus und Gruß,
    Soennie

    Antworten
      1. Soennie

        Ich danke dir vielmals, das werde ich gleich beim nächsten Schrot und Korn Brot testen 🙂
        Gruß,
        Soennie

  6. Rolf

    Hallo Björn
    Habe dieses fantastische Brot heute zum ersten mal gebacken.Habe statt Zuckerrübensirup Birnenhonig
    genommen,schmeckt einfach herrlich!! Danke für die
    tollen Brotrezepte ,die du uns immer wieder zur Verfügung stellst.
    Grüsse Rolf

    Antworten
  7. Tanja

    Hallo Björn,
    dieses ist eines meiner Lieblingsbrote und mich interessiert nun, ob es möglich wäre, das Rezept mit Dinkel zu machen? Ich lese immer wieder, dass Dinkel hier und da empfindlich ist und anders geknetet werden sollte. Was sagst du dazu?
    Liebe Grüße von Tanja.

    Antworten
    1. brotdoc

      Dinkel ist in der Tat anders zu handhaben: Du solltest z.B. keinesfalls so lange kneten wie beim Roggen. Bei Dinkel ist die Devise, eher kurz zu kneten, auch bei Schrotbroten. Der Dinkelkleber ist sehr dehnbar und elastisch, reißt schneller, so daß diese Teige schonender behandelt werden sollten. Ich würde auch die Teigausbeute um 5-8 reduzieren.

      Antworten
  8. Steffen

    Andrea: Wärst Du bitte so nett und schreibst das Rezept wie Du es einfacher machst komplett auf und postest es hier? Ich beabsichtige dieses Brot ebenfalls zu backen, die Zutaten habe ich schon. Danke 🙂

    Antworten
  9. Georg

    Einen schönen guten Tag Doc,

    ich habe eine Frage zum Kochstück. Was geschieht mit dem abgegossenen sowie abgetropften Kochwasser?

    Vielen Dank vom Georg

    Antworten
  10. Steffen

    Das Kochwasser enthät Bindestoffe von den aufgeplatzten Körnern.
    Wäre es sinnvoll dieses Wasser anstatt reines Wasser zum Teig bereiten zu verwenden?

    Antworten
    1. brotdoc Beitragsautor

      Das Kochwasser entsteht ja beim Kochen. Dadurch degradiert die Mehlstärke und nutzt Dir nichts mehr für eine Teigstruktur / sie ist nicht mehr quellfähig. Daher verbessert sie meiner Ansicht nach auch nicht die Bindigkeit des Teigs. Ich glaube eher daran, dass es helfen würde, weniger heiß vorgequollene Stärke ins Rezept zu packen. Z.B. durch die von Dir schon vorgeschlagene Reduktion der gekochten Körner.

      Antworten
  11. Pingback: Ur-Brot | der brotdoc

  12. Pingback: Schwarzbrot (Grundrezept) | der brotdoc

  13. Clarissa

    Nachdem ich mich die letzten sechs Wochen erfolgreich an dem Fünfpfünderbrot ausprobiert habe, backe ich heute zum zweiten Mal das Schrot und Korn beim ersten Mal war es zu wenig Teig für meine 40 cm Kastenformen. Und da die Familie mittlerweile auch restlos begeistert von den selbstgebackenen Broten ist, habe ich diesmal die vierfache Menge verwendet, um zwei meiner Kastenformen zu füllen.

    Das bisher Schlimmste am Selberbacken von Brot ist allerdings das Warten darauf, dass man es anschneiden kann. Aber das Warten lohnt sich auf alle Fälle.

    Ich muss dann noch mal stöbern gehen, denn mein 91-jähriger Vater hat sich jetzt mal ein helleres Brot gewünscht, so dass ich mal schauen muss welche Rezepte es gibt mit einer Mischung aus Roggen und Dinkel.

    In diesem Sinne ein schönes Wochenende

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