Une visite à Verdelot …

Seit einem knappen Jahr backe ich regelmäßig mit den französischen Mehlen der Moulins Bourgeois aus Verdelot / Frankreich. Hier, etwa 70 km östlich der Hauptstadt Paris, entstehen aus den im Umkreis angebauten Weizen- und Roggengetreiden die hochwertigen Mehle, mit denen ein französisches Brot meiner Meinung nach erst so richtig gut und autentisch gelingt.
Ich hatte die einmalige Gelegenheit, dort an einem Backkurs teilzunehmen. Zusammen mit den beiden Bäckermeistern Wolfgang aus Stade und Michael aus Freiburg sowie Schelli wurde uns an zwei gut ausgefüllten Backtagen die traditionelle französische Backkunst näher gebracht. Traditionell heißt hier: Anwendung von selbst geführten Weizensauerteigen, lange (kalte) Teigführungen, Verwendung von nur geringen Mengen Hefe und Verzicht auf Backmittel.
In meinem Fall hieß das zum ersten Mal, in einer „echten“ Bäckerei mitzuarbeiten. Die Spannung war daher groß.
Los ging es am Dienstag um 9 Uhr mit einem kleinen Begrüßungsimbiß mit unserem Lehrer Benoit, danach wurden wir „eingekleidet“ und sofort ging es los.

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Unsere Backstube, Arbeitsplatz für zwei Tage

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Benoit zeigt verschiedene Mehle, links ein carotinreicheres und gelberes Weizenmehl, rechts ein weißeres Standardmehl

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Abwiegen der Zutaten, die Mehlmengen bewegten sich zwischen 10-12 kg, somit ergab sich eine richtig große Menge Teig zum Üben.


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Der frische flüssige Weizensauerteig wird abgemessen…

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Wolfgang mißt derweil die Eier für den Croissant-Teig ab..

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Nun war der Spiralkneter an der Reihe, Benoit ist in seinem Element…

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Michael beim Abmessen und Einfüllen des fertig gekneteten Teiges in die Teigruhewannen

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Nach den Teigruhezeiten und ein- bis zweimaligem Strecken und Falten wurden die Teiglinge abgewogen und vorgeformt, danach zeigte uns Benoit, wie Baguette- und Brotteiglinge schonend aufgemacht werden, damit genug Gärblasen erhalten bleiben.

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Danach ging es „hoch“ in die Patisserie, der zwischenzeitlich geknetete Croissant-Teig – ebenfalls unter Zusatz flüssigen Weizensauerteigs – war reif und musste touriert werden. Das geschah – für mich faszinierend – in einer Touriermaschine, die ein gleichmäßiges Tourieren sehr einfach macht. Spannend auch: in der Patisserie lief eine Klimaanlage, die die Lufttemperatur auf unter 17 Grad herunterkühlte. Teigkühlschränke sorgten für eine Kühlung des Teiges und der Butter auf 4-5°C. Ich habe hier bestätigt bekommen, wie wichtig die kalte Verarbeitung der Zutaten beim Tourieren ist in kühler Umgebung. Das Ergebnis spricht für sich.

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Der zur doppelten Tour zusammengelegte Teig

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Das Ausschneiden und die Formung von Croissants und Schoko-Croissants…

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Und nun die Ergebnisse, für mich Perfektion in absoluter Vollendung.

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Am zweiten Morgen: die über Nacht gereiften Teiglinge

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„La Tourte de Meule“ vor dem Backen

Zuguterletzt: alle Ergebnisse, wir waren stolz und zufrieden. Geschmacklich war alles sehr sehr gut, wenn auch ein wenig Kritik an den teilweise recht säurebetonten dunkleren Broten geäußert wurde, was aber auf die hohen Zugabemengen an Weizensauer und den langen kalten Reifezeiten zurückzuführen war und schlicht und ergreifend Geschmackssache ist. Die Croissants und die Baguettes waren alle Weltklasse!

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In den nächsten Tagen folgen noch Berichte über einen Besuch in einer funktionsfähigen über 100 Jahre alten Wassermühle und über das Highlight des dritten Besuchstages: eine Führung mit Mühlenchef David Bourgeois durch das Zentrum von Paris mit Besuch von 5 Bäckereien und Blick hinter die Kulissen.
An dieser Stelle geht mein herzlicher Dank an David und Julien Bourgeois sowie an Benoit, die den Kurs ermöglicht haben, sowie an Schelli für die Organisation. Es war ein einmaliges Erlebnis!

26 Gedanken zu „Une visite à Verdelot …

  1. Karin Anderson

    Ein interessanter Bericht und schönes Fotos – ich beneide dich!
    Schade, dass es keine Touriermaschinen für den Hausgebrauch gibt!
    Ich schwöre ja schon seit langem auf die langen, kalten Führung, und freue mich, dass immer mehr Hobbybäcker sie anwenden. Gerade reines Weizengebäck profitiert im Geschmack enorm, bei gekauftem Weissbrot kann man oft sofort schmecken, dass es im Schnellverfahren fabriziert wurde (von den gefrorenen, lediglich aufgebackenen Teiglingen ganz zu schweigen).

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    1. Gerhard

      Hallo Karin,
      ich hab im Internet eine Touriermaschine entdeckt
      Die ist mir jedoch auch recht teuer.
      Einen Händler in Europa hab ich noch nicht gefunden.
      Gruß Gerhard
      Insta: gbauer1503

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  2. Ulrike

    An den Fotos kann ich mich gar nicht satt sehen, was für perfekte Gebäcke! Da kommt Sehnsucht auf nach einem Bäcker wie diesem direkt um die Ecke.
    Du hast sicher eine Menge Inspirationen und Know how mit nach Hause genommen- wie ich dich beneide! Und als Höhepunkt auch noch Paris! Verrätst du uns die Adressen der besuchten Bäcker?
    An so eine kleine Touriermaschine für den Hausgebrauch musste ich auch sofort denken 😉
    Danke für den schönen Bericht!

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    1. brotdoc

      Hallo Ulrike,
      ja, die Touriermaschine ist ein weiterer Traum… dann würde es bei uns regelmäßig Plundergebäck geben. Die Pariser Bäckereien weiß ich bis auf eine noch alle, die Adressen suche ich raus. Aus meiner Sicht waren die besten die Boulangerie „Liberté“ (3 Geschäfte) sowie Dominique Saibron. Aber alles weitere dazu kommt im Artikel.

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  3. moni-ffm

    Hallo Björn, wunderbarer Bericht, schöne Fotos, tolle Backergebnisse – sowohl Brot als auch Croissants – leider hat man zu Hause selten oder nie die Bedingungen wie in einer professionellen Backstube! Gibt es demnächst auch Rezepte?!?
    Du erwähnst einen Mitbäcker namens Michael aus Freiburg – verrätst Du uns auch, um welche Bäckerei es sich handelt? Dann könnte ich da mal vorbeigehen und gucken und vielleicht auch mal testen?
    LG
    Monika – seit einem knappen Jahr auch Freiburgerin

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    1. brotdoc

      Hallo Monika,
      ja klar, Michael ist Produktionsleiter bei der Bäckerei Pfeifle in Freiburg. Dort gibt es eine Menge guter Brote, Michael sprach z.B. viel über sein Oberlinden-Brot. Er ist ein Levain-Fan und experimentiert enorm viel damit herum.
      Die Rezepte habe ich größtenteils hier und werde in den nächsten Wochen das eine oder andere nachbacken.

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      1. moni-ffm

        Pfeifle – war eigentlich klar… Da ich in meiner jetzigen Wohnung schlechte Brotbackbedingungen habe, kaufe ich häufiger als ich gerne möchte Brot statt es selbst zu backen. Und ich kaufe… in einer der Pfeifle-Filialen. Das Oberlinden-Brot kenne ich und kaufe es auch des Öfteren! Ob er mich mal in seinen Betrieb reinschauen lässt – wenn ich erwähne, dass ich zu Deinen treuen Fans und Nachbäckern gehöre?
        LG und schönen Rest-Sonntag
        Monika

  4. Britta

    Hallo Björn,
    Das klingt ja großartig.
    Ich hätte mal eine Frage zu den Mehlen in der Mühle. Weißt du ob die alle frei von Zusätzen sind? Bis jetzt habe ich nur gefunden, das das T65 ohne Ascorbinsäure ist.
    Viele Grüße
    Britta

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    1. brotdoc

      Hallo Britta,
      das kommt darauf an, welche Zusätze Du meinst. Sowohl das Bio-Mehl T80 als auch das Reine des Bles-Mehl T65 enthalten als Zusatz Weizengluten, um es kleberstärker zu machen. Meines Wissens sind keine Enzyme oder ähnliches zugesetzt.
      Persönlich finde ich Zusätze, die selbst aus Getreide hergestellt werden (Malz, Gluten) völlig in Ordnung.
      Es gibt allerdings auch in dieser Mühle Mehle, die mit Enzymen versetzt sind, die hat bongu aber nicht im Programm.

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      1. Britta

        Hallo Björn,
        Danke für die schnelle Antwort.
        Weizengluten finde ich o.k., was mich stört sind zugesetzte Enzyme, aber wenn die nicht in dem Mehl bei Bongu nicht enthalten sind, werde ich demnächst auch mal dort bestellen, die haben ja auch noch andere interessante Sachen.
        Viele Grüße
        Britta

  5. Mark Schroeder

    Hallo Björn,

    danke für die interessanten Einblicke in eine französischen Bäckerei. Bin schon auf deine weiteren Berichte gespannt!
    Immer wieder faszinierend die französischen Baguettes mit der großporigen Krume…Waren diese mit Weizensauerteig gemacht? Kann man auch in normalen Haushaltsbacköfen ein solches Ergebnis erzielen? Ich arbeite bereits mit französischen Mehlen, hoher TA, ordentlich Dampfstoß etc. aber ein solches Ergebnis hatte ich noch nie! Was machen die anders?

    Viele herzliche Grüße aus MS!

    Mark

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  6. ireneke156

    Ganz herzlichen Dank, Björn, für diesen interessanten und ausführlichen Bericht.
    Man darf ja nicht neidisch sein, aber da bin ich es schon ein wenig.

    Frage an Moni in Freiburg: Wie sehen schlechte Brotbackbedingungen. Ich hatte/habe ja einen Umbau in meiner Küche und habe trotzdem auf einem kleinen Fleckchen Tisch Brot gebacken. Das Wichtigste ist m.E., dass man einen Ofen hat – vieles andere kann man improvisieren.
    Ich habe in Freiburg eine Freundin. Wenn ich mal wieder hinkomme, könnten wir uns ja treffen 🙂

    Grüße
    Irene

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  7. reiki-hanne

    Hallo Björn,
    diese Croissants sind die absolute Wucht! Wenn ich da so an meine Versuche denke…. Der Waschbär war mit der Qualität allerdings zufrieden.

    Ich freue mich für Dich, dass Du die Gelegenheit zu diesem Kurs hattest, bin trotzdem bissi neidisch – aber 10 Jahre Rheinland haben Spuren hinterlassen: Man muss auch jönne könne!
    In diesem Sinne liebe Grüße
    Hanne

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  8. Pingback: Le Moulin de Couargis | der brotdoc

  9. Inke

    Hallo Björn,
    danke für Deinen interessanten Bericht!
    Das Brot auf dem 4. Bild von unten interessiert mich – hast Du dafür ein Rezept?
    Viele Grüße
    Inke

    Antworten
  10. martinreichart

    Wahnsinn, die Fotos sehen alle beeindruckend aus und machen sofort Lust aufs Backen! Könntest du eventuell verraten, was in den etwas dünkleren Baguettes gegen Ende mit Saaten enthalten ist? Mohn und Leinsaat bilde ich mir ein zu erkennen, aber das Mehl ist da auch definitiv anders, oder? Ist das mit T80 oder mit Roggen beigemischt?
    Und danke für deine tollen Fotos und Rezepte – bin bis jetzt eigentlich bereits durch die Rezepte von Lutz eingedeckt und komme fast gar nicht nach, alles auszuprobieren, aber heute sind auch ganz schnell von dir einige Rezepte auf die Liste zum demnächst ausprobieren, gewandert 🙂

    Antworten
    1. brotdoc

      Hallo Martin,
      soweit ich mich erinnere ist in den Baguettes eine Mischung aus Sesam und Mohn enthalten, die wir vorher im Ofen etwas geröstet hatten. Das Mehl ist das gleiche, nämlich das Reine des Bles Mehl T65.

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